Leitsatz (amtlich)

a) Die Pflicht, den eingetragenen Eigentümer eines restitutionsbelasteten Grundstücks nach § 31 Abs. 2 VermG über den Eingang eines Restitutionsantrags zu informieren, will auch den Restitutionsantragsteller im Blick auf das Unterlassungsgebot des § 3 Abs. 3 S. 1 VermG vor einem Erlöschen des Rückübertragungsanspruchs und einer Aushöhlung der künftigen Rechtsstellung schützen (Fortführung des BGH v. 21.10.1999 - III ZR 180/98, BGHZ 143, 18).

b) Der Verfügungsberechtigte ist nach § 3 Abs. 5 VermG verpflichtet, sich zeitnah vor einer vorgesehenen Verfügung nach dem Vorliegen einer vermögensrechtlichen Anmeldung zu erkundigen.

c) Wird ein Grundstück unter Verstoß gegen das Unterlassungsgebot mit einem Grundpfandrecht belastet und beruht dies sowohl auf einem schuldhaften Verstoß des Verfügungsberechtigten gegen seine Vergewisserungspflicht (§ 3 Abs. 5 VermG) als auch auf einer Amtspflichtverletzung der Behörde, die den Verfügungsberechtigten nicht nach § 31 Abs. 2 VermG unterrichtet hat, kann es dem Restitutionsantragsteller grundsätzlich nicht zugemutet werden, den Verfügungsberechtigten vor der Bestandskraft des Rückgabebescheids des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen auf Beseitigung der Belastung, Schadensersatz oder Sicherstellung in Anspruch zu nehmen.

 

Normenkette

VermG § 3 Abs. 3, Abs. 5, 31 Abs. 2; BGB § 839 Abs. 1 S. 2; DDR: StHG § 2

 

Verfahrensgang

Brandenburgisches OLG (Urteil vom 28.10.2003; Aktenzeichen 2 U 16/02)

LG Brandenburg a.d. Havel

 

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Brandenburgischen OLG v. 28.10.2003 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin zu 1) meldete für sich und ihre Schwester, die ihre Rechte später an den Kläger zu 2) abgetreten hat, mit Schreiben v. 16.9.1990 und 19.1.1991 bei der Beklagten vermögensrechtliche Ansprüche wegen eines Grundstücks an, das ihrem Vater im Jahre 1954 im Zusammenhang mit einer strafrechtlichen Verurteilung entzogen worden war. Auf das erste Schreiben fertigte die Beklagte am 8.11.1990 eine Eingangsbestätigung für die Anmeldung vermögensrechtlicher Ansprüche; das zweite Schreiben ging ihr am 7.3.1991 zu. Mit Schreiben v. 11.2.1991 hatte die damalige Verfügungsberechtigte, die P. C. mbH, u.a. wegen dieses Grundstücks bei der Beklagten nachgefragt, ob vermögensrechtliche Ansprüche angemeldet worden seien bzw. Rückübertragungsansprüche vorlägen, was die Beklagte mit Schreiben v. 5.3.1991 verneinte. Im Oktober 1991 und August 1992 bewilligte die Verfügungsberechtigte die Eintragung von Gesamtgrundschulden, die im Juli 1992 und Januar 1993 u.a. zu Lasten des hier in Rede stehenden Grundstücks im Grundbuch eingetragen wurden. Am 8.2.1993 hob das BezG Potsdam im Rehabilitierungsverfahren das gegen den Vater der Klägerin ergangene Urteil auf. Durch Bescheid v. 2.5.1996 wurde das Grundstück den Klägern zurückübertragen. Ein hiergegen gerichteter Widerspruch der Verfügungsberechtigten wurde durch Bescheid des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen v. 9.1.1998 zurückgewiesen. Der Restitutionsbescheid ist seit dem 23.2.1998 bestandskräftig. Bereits im Mai 1997 wurde die Liquidation der Verfügungsberechtigten beschlossen, nachfolgend das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet.

Die Kläger machen geltend, dass es zu der dinglichen Belastung des später restituierten Grundstücks nicht gekommen wäre, wenn die Beklagte die Verfügungsberechtigte über die Anmeldung des Restitutionsanspruchs informiert hätte. Erstinstanzlich haben die Kläger beantragt, die beiden Grundschulden zur Löschung zu bringen, hilfsweise die für die grundbuchliche Löschung erforderlichen Kosten zu zahlen, die den Grundschulden zu Grunde liegende Hauptforderung der Gläubigerin abzulösen und die Kläger von jeglicher Verpflichtung aus diesen Grundschulden freizustellen sowie hilfsweise an sie zur Ablösung der Grundpfandrechte sowie der zu Grunde liegenden Hauptforderung 1.089.250 DM nebst 18 % Zinsen seit dem 27.12.1999 zu zahlen. Das LG hat dem hilfsweise gestellten Zahlungsantrag entsprochen und die weiter gehenden Klageanträge abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

1. Das Berufungsgericht ist in Übereinstimmung mit dem LG davon ausgegangen, die der Verfügungsberechtigten erteilte Auskunft v. 5.3.1991, es liege kein vermögensrechtlicher Antrag vor, sei in Bezug auf das später den Klägern zurückgegebene Grundstück fehlerhaft gewesen. Dabei haben die Vorinstanzen offen gelassen, ob der Antrag der Klägerin v. 16.9.1990 auf die Restitution des Grundstücks oder lediglich auf eine Entschädigung gerichtet gewesen sei. Nach Auffassung des Berufungsgerichts habe wegen der unklaren Anspruchsrichtung für das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen jedenfalls die Verpflichtung bestanden, das Begehren näher aufzuklären. Bis zu dieser Aufklärung habe der Verfügungsberechtigten nicht geantwortet werden dürfen, es liege kein vermögensrechtlicher Antrag vor. Darüber hinaus habe nach Eingang des Schreibens v. 19.1.1991 bei der Beklagten am 7.3.1991 die Pflicht bestanden, die unmittelbar zuvor abgegebene - im Hinblick auf das nunmehr eindeutig geäußerte Rückgabebegehren offenkundig unzureichende - Auskunft zu korrigieren. Auch unabhängig von der am 5.3.1991 erteilten Auskunft sei die Beklagte nach § 31 Abs. 2 VermG in der Fassung des Einigungsvertrages und derjenigen v. 18.4.1991 (BGBl. I, 957) verpflichtet gewesen, die Verfügungsberechtigte über das Schreiben v. 19.1.1991 zu informieren. Gegen diese Beurteilung, in der das Berufungsgericht zutreffend die Verletzung einer gegenüber den Klägern bestehenden Amtspflicht erblickt, die Schadensersatzansprüche nach § 839 BGB i.V. mit Art. 34 GG und nach § 1 des in Brandenburg fortgeltenden Staatshaftungsgesetzes der DDR begründen kann, bestehen keine Bedenken.

2. Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, der von den Klägern geltend gemachte Schaden werde auch vom Schutzzweck des § 31 Abs. 2 VermG erfasst. Das steht im Einklang mit dem Senatsurteil v. 21.10.1999 (BGH v. 21.10.1999 - III ZR 180/98, BGHZ 143, 18). In dieser Entscheidung hat der Senat darauf hingewiesen, der mit dem Unterlassungsgebot nach § 3 Abs. 3 S. 1 VermG bezweckte Schutz des Anmelders hänge im praktischen Ergebnis weitgehend davon ab, dass der Verfügungsberechtigte von der Stellung eines Rückgabeantrags Kenntnis erhalte. Unter Bezugnahme auf die Erläuterung zu den Anlagen des Einigungsvertrages hat der Senat ausgeführt, § 31 Abs. 2 VermG solle sicherstellen, dass diejenigen, die derzeit nutzungs- bzw. verfügungsberechtigt seien, schnellstmögliche Kenntnis von der Antragstellung erlangten. Für die Rechtsträger sei dies deshalb erforderlich, weil der Umfang ihrer Verfügungsbefugnis gem. § 3 Abs. 3 und 4 nach Ablauf der Anmeldefrist davon abhängig sei, ob ein Antrag gestellt worden sei oder nicht (vgl. BT-Drucks. 11/7831, 14). Die Benachrichtigung nach § 31 Abs. 2 VermG diene primär dem Anliegen, die Rechtsposition des Restitutionsberechtigten zu stärken (BGH v. 21.10.1999 - III ZR 180/98, BGHZ 143, 18 [23 f.]).

Demgegenüber ist die Revisionserwiderung der Auffassung, für den Schutz vor dinglichen Verfügungen bestehe ein spezieller Schutzmechanismus, gegen den die Beklagte nicht verstoßen habe. Für die Auflassung und die Bestellung von Erbbaurechten sowie die entsprechenden schuldrechtlichen Verträge sei bei möglicherweise restitutionsbelasteten Grundstücken eine hoheitliche Genehmigung erforderlich, so dass das Verfügungsverbot insoweit quasi dinglich gesichert sei. Für alle übrigen dinglichen Belastungen sei der Verfügungsberechtigte dagegen nur schuldrechtlich verpflichtet, sich vorher beim Amt zur Regelung offener Vermögensfragen nach dem Eingang von Restitutionsanträgen zu erkundigen. Damit sei der Restitutionsberechtigte faktisch auf die Redlichkeit des Verfügungsberechtigten angewiesen. Eine Haftung der Beklagten komme nur in Betracht, wenn sie auf eine Nachfrage des Verfügungsberechtigten, mit der dieser sich zeitnah vor einer Verfügung nach dem Vorliegen einer vermögensrechtlichen Anmeldung erkundige, eine falsche Auskunft erteile.

Diese Erwägungen vermögen an der allgemeinen Schutzrichtung der Mitteilungspflicht nach § 31 Abs. 2 VermG jedoch nichts zu ändern. Richtig ist, dass das Vermögensgesetz in unterschiedlichen Zusammenhängen Vorkehrungen vorgesehen hat, um den Anspruch des Restitutionsberechtigten zu sichern. Insoweit ist neben der Mitteilungspflicht der Behörde nach § 31 Abs. 2 VermG die Pflicht des Verfügungsberechtigten nach § 3 Abs. 5 VermG zu nennen, sich zeitnah vor einer Verfügung darüber zu vergewissern, dass keine Anmeldung i.S.d. § 3 Abs. 3 VermG vorliegt. Dem lässt sich indes entnehmen, dass es dem Gesetzgeber darauf ankam, die Position eines restitutionsberechtigten Antragstellers möglichst wirkungsvoll zu schützen. Hiermit stünde es nicht in Einklang, der Mitteilungspflicht nach § 31 Abs. 2 VermG einen geringeren Schutzumfang oder ihrer Beachtung nur deshalb geringeres Gewicht beizumessen, weil auch den Verfügungsberechtigten eine Pflicht zur Vergewisserung trifft.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Senatsurteil v. 10.4.2003 (BGH v. 10.4.2003 - III ZR 38/02, = BGHReport 2003, 798 = VIZ 2003, 353). In diesem Fall, der nicht unmittelbar die Mitteilungspflicht nach § 31 Abs. 2 VermG betraf, sondern - nach bereits vollzogener Restitution - die unrichtige Auskunft gegenüber einem Kaufanwärter, bezüglich des Kaufgrundstücks seien vermögensrechtliche Ansprüche zur Zeit nicht erkennbar, hat der Senat entschieden, dass der durch die allgemeine Amtspflicht zur Erteilung richtiger Auskünfte gewährte Schutz entsprechend eingeschränkt werde, wenn ein Gesetz ein besonderes förmliches Verfahren bereithalte, das dem Käufer eines Grundstücks in Gestalt einer Grundstücksverkehrsgenehmigung die notwendige Planungssicherheit gewähren solle (BGH v. 10.4.2003 - III ZR 38/02, = BGHReport 2003, 798 = VIZ 2003, 353 [354]). Diese Grundsätze wirken sich im vorliegenden Fall nicht aus. Denn zum einen unterliegt die bloße Belastung eines Grundstücks durch Bestellung einer Grundschuld nicht der besonderen Genehmigungspflicht nach der Grundstücksverkehrsordnung, zum anderen geht es hier auch nicht um Ansprüche des Verfügungsberechtigten als des unmittelbaren Empfängers der Auskunft, sondern um solche des Restitutionsberechtigten, der auf eine Erfüllung der Mitteilungspflicht und zutreffende Auskünfte angewiesen ist, damit einer Gefährdung seines Restitutionsanspruchs entgegengewirkt wird.

Dass das Berufungsgericht auf dieser Grundlage angenommen hat, eine Beachtung dieser Amtspflichten durch die Beklagte hätte den eingetretenen Schaden verhindert, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere wird diese Beurteilung nicht dadurch infrage gestellt, dass auch der Verfügungsberechtigten vorgeworfen werden muss, sich nicht zeitnah vor der Bestellung der Grundpfandrechte nach dem Vorliegen einer vermögensrechtlichen Anmeldung erkundigt zu haben. Da die Anmeldefristen zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen waren, durfte sie sich nämlich auf den Fortbestand der ihr am 5.3.1991 erteilten Auskunft nicht verlassen. Dieser Pflichtverstoß räumt aber nicht aus, dass auch die der Beklagten vorzuwerfende Amtspflichtverletzung den eingetretenen Schaden der Kläger verursacht hat.

3. Das Berufungsgericht hat die Klage gleichwohl abgewiesen, weil die Kläger in der Vergangenheit versäumt hätten, eine anderweitige Ersatzmöglichkeit wahrzunehmen (§ 839 Abs. 1 S. 2 BGB, § 2 StHG). Bei Erhebung der Amtshaftungsklage habe eine anderweitige Ersatzmöglichkeit nicht bestanden, weil Ansprüche gegen die in die Gesamtvollstreckung gefallene Verfügungsberechtigte zu diesem Zeitpunkt nicht mehr hätten durchgesetzt werden können. Dies gelte auch für den Anspruch nach § 16 Abs. 10 S. 3 VermG auf Befreiung von dem Grundpfandrecht. Die Kläger hätten jedoch nicht zu widerlegen vermocht, dass sie ab Mitte 1994, als ihnen die Eintragung der Belastungen bereits bekannt gewesen sei, bis zum Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Verfügungsberechtigten Ersatzansprüche gegen diese hätten durchsetzen können. Sie hätten ihren Anspruch zunächst auf eine Beseitigung der Belastung richten und nachrangig den hierfür erforderlichen Geldbetrag verlangen können. Hilfsweise hätten sie ihren Antrag auf eine Hinterlegung des zur Ablösung der Grundschulden erforderlichen Geldbetrages bis zum erfolgreichen Abschluss des vermögensrechtlichen Verfahrens richten können.

Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht in jeder Hinsicht stand.

a) Ist innerhalb der gesetzlichen Ausschlussfristen ein Antrag nach § 30 VermG gestellt, ist der Verfügungsberechtigte nach § 3 Abs. 3 S. 1 VermG verpflichtet, den Abschluss dinglicher Rechtsgeschäfte oder die Eingehung langfristiger vertraglicher Verpflichtungen ohne Zustimmung des Berechtigten zu unterlassen. Mit diesem Unterlassungsgebot soll insbes. einem Erlöschen des Rückübertragungsanspruchs durch Verfügungen über den Vermögenswert vorgebeugt und eine Aushöhlung der künftigen Rechtsstellung verhindert werden (vgl. BGH v. 15.4.1994 - V ZR 79/93, BGHZ 126, 1 [5] = MDR 1995, 248; Urt. v. 12.6.1997 - III ZR 105/96, BGHZ 136, 57 [61]). Zwischen dem Verfügungsberechtigten und dem Berechtigten entsteht durch die Antragstellung ein gesetzliches Schuldverhältnis, das Züge einer gesetzlichen Treuhand aufweist (vgl. BGH v. 16.12.1994 - V ZR 177/93, BGHZ 128, 210 [211] = MDR 1995, 898; v. 20.11.1997 - III ZR 39/97, BGHZ 137, 183 [186]). Wenn die Verfügungssperre auch nicht die Rechtsmacht des Verfügungsberechtigten begrenzt, über den Vermögenswert wie ein Eigentümer zu verfügen, so begründet sie doch eine schuldrechtliche Pflichtenbindung gegenüber dem Restitutionsantragsteller. Da die Verfügungssperre dem Schutz des Berechtigten vor seinen Rückübertragungsanspruch gefährdenden oder erschwerenden Maßnahmen des Verfügungsberechtigten dient, hat sie sich gerade in einem Zeitraum zu bewähren, der der Rückgabeentscheidung vorausgeht. Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass eine abschließende Entscheidung über die Berechtigung des Restitutionsantragstellers noch nicht vorliegt, andererseits eine solche aber auch nicht abgewartet werden kann, soll der mögliche Restitutionsanspruch des Berechtigten nicht durch Maßnahmen des Verfügungsberechtigten vereitelt oder ausgehöhlt werden.

Dementsprechend ist es in der Rechtsprechung anerkannt, dass der Berechtigte das Unterlassungsgebot auf dem Zivilrechtsweg gegen den Verfügungsberechtigten durchsetzen kann (vgl. BGH v. 18.11.1993 - V ZB 43/92, BGHZ 124, 147 = MDR 1994, 1242; v. 15.4.1994 - V ZR 79/93, BGHZ 126, 1 = MDR 1995, 248). Im Rahmen eines solchen Streitverfahrens - sei es im Wege einstweiliger Verfügung, sei es in der Hauptsache - hat das Zivilgericht nicht in allen Einzelheiten zu prüfen, ob der Rückgabeanspruch des Berechtigten begründet ist. Diese Frage ist nicht vorgreiflich i.S.d. § 148 ZPO; eine Aussetzung eines solchen Rechtsschutzverfahrens bis zur Entscheidung über den Rückgabeantrag vor dem Amt zur Regelung offener Vermögensfragen würde das Unterlassungsgebot geradezu unterlaufen. Nur dann, wenn ein Rückübertragungsantrag offensichtlich unbegründet ist (vgl. die aus § 1 Abs. 2 S. 2 GVO entnommene Wertung) oder wenn ein Ausschlussgrund nach den §§ 4, 5 VermG offensichtlich eingreift, gebieten es der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie eine am Eigentumsschutz orientierte Gesetzesauslegung, den Verfügungsberechtigten beim Gebrauch seines Eigentums oder seiner Verfügungsmacht von den Beschränkungen des § 3 Abs. 3 S. 1 freizuhalten (BGH v. 15.4.1994 - V ZR 79/93, BGHZ 126, 1 [9, 10 f.] = MDR 1995, 248).

b) Dass die Verfügungsberechtigte hier nach Stellung des Rückgabeantrags objektiv nicht berechtigt war, das Grundstück mit zwei Gesamtgrundschulden zu belasten, ist nicht weiter streitig. Es liegt auf der Hand, dass der Vermögenswert durch diese beiden Grundschulden, die zunächst bis zu einem Betrag von 13 Mio. DM bestellt worden waren, den Wert des hier in Rede stehenden Grundstücks aushöhlten, wenn nicht weit überschritten. Wäre den Klägern eine entsprechende Belastungsabsicht der Verfügungsberechtigten rechtzeitig bekannt geworden, hätten sie ohne weiteres Unterlassung einer solchen Maßnahme verlangen können.

c) Verletzt der Verfügungsberechtigte das ihm auferlegte Unterlassungsgebot, macht er sich, wenn ihm - wie hier - ein schuldhafter Verstoß gegen die zeitnah zur vorgesehenen Belastung des Grundstücks vorzunehmende Erkundigung über das Vorliegen einer Anmeldung vorzuwerfen ist, wegen positiver Vertragsverletzung des gesetzlichen Schuldverhältnisses oder nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 3 Abs. 3 S. 1 VermG, der zu Gunsten des Berechtigten ein Schutzgesetz darstellt, schadensersatzpflichtig (vgl. BGH v. 16.12.1994 - V ZR 177/93, BGHZ 128, 210 [215] = MDR 1995, 898; Urt. v. 4.3.1999 - III ZR 29/98, VIZ 1999, 346 [347]). Hat der Rückgabeantrag Erfolg, besteht der Schaden des Berechtigten darin, dass er den Vermögenswert nicht, wie es bei Beachtung des Unterlassungsgebots der Fall gewesen wäre, frei von Belastungen zurückerhält. Danach kann der Berechtigte nach § 249 S. 1 BGB a.F. (vgl. jetzt § 249 Abs. 1 BGB) im Wege der Naturalrestitution Befreiung von der Belastung verlangen; es kommt auch ein Anspruch auf Geldersatz nach Maßgabe des § 250 S. 2 BGB in Betracht (vgl. BGH, Urt. v. 29.4.1992 - VIII ZR 77/91, MDR 1993, 46 = NJW 1992, 2221 [2222]). Ferner steht dem Berechtigten in einem solchen Fall der besondere verschuldensunabhängige Anspruch nach § 16 Abs. 10 S. 3 VermG zur Verfügung, der den Besteller des Grundpfandrechts verpflichtet, den Berechtigten in dem Umfang von dem Grundpfandrecht zu befreien, in dem es gemäß den Absätzen 5 bis 9 nicht zu übernehmen wäre. Hier käme wohl eine vollständige Befreiung von der Belastung in Betracht, weil der durch die Grundschulden gesicherte Kredit nicht dem Grundstück der Kläger zugute gekommen ist (vgl. § 16 Abs. 5 S. 4 VermG). Darüber hinaus wird durch § 16 Abs. 10 S. 4 VermG die Mitwirkung der kreditgebenden Bank sichergestellt.

d) Dass den Klägern die vorbeschriebenen Rechte - vom Anspruch nach § 16 Abs. 10 S. 3 VermG abgesehen - bereits vor der Rückgabeentscheidung gegen den Verfügungsberechtigten mit der Aussicht auf eine erfolgreiche Durchsetzung zustanden, wird vom Berufungsgericht hingegen zu Unrecht angenommen. Jedenfalls waren die Kläger nicht gehalten, weitläufige, unsichere oder im Ergebnis zweifelhafte Wege des Vorgehens gegen die Verfügungsberechtigte einzuschlagen (vgl. BGH v. 5.11.1992 - III ZR 91/91, BGHZ 120, 124 [126] = MDR 1993, 517).

aa) Betrachtet man den für die Kläger nach der Belastung des Grundstücks eingetretenen Schaden nach dem vom Berufungsgericht offenbar ins Auge gefassten Ziel, noch vor Rückgabe des Grundstücks die Belastung wieder zu beseitigen, liegt das Verlangen nach Naturalrestitution prinzipiell nahe. Es würde auch dem Interesse des Restitutionsantragstellers entsprechen, einen solchen Anspruch alsbald durchzusetzen. Das beruht vor allem auf der Erwägung, dass die Durchsetzung eines solchen Anspruchs letztlich von der Bonität des Bestellers des Grundpfandrechts abhängt, auch soweit der Anspruch erst nach der Rückgabe des Vermögenswerts nach § 16 Abs. 10 S. 3 VermG durchgesetzt werden soll. Es kommt hier hinzu, dass aus der damaligen Sicht der Kläger, die seit Mitte 1994 über die Belastung informiert waren, Ersatz nur beim Verfügungsberechtigten gesucht werden konnte, weil ihnen die Amtspflichtverletzungen der Beklagten zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt waren.

Lässt man einmal außer Betracht, dass die Kläger vor der Restitution nur eine Aussicht darauf hatten, das Grundstück wieder zurückzuerhalten, hätte der Anspruch auf Naturalrestitution überhaupt nur Erfolg haben können, wenn die kreditgebende Bank an einer solchen Lösung mitgewirkt hätte. In diesem Zusammenhang weist die Revision zu Recht darauf hin, dass die Kreditgeberin die Grundschulden wirksam erworben hat und nicht ohne weiteres verpflichtet war, an einer Enthaftung des Grundstücks mitzuwirken. Eine entsprechende gesetzlich ausgestaltete Mitwirkungspflicht traf sie erst im Anschluss an die Restitution nach § 16 Abs. 10 S. 4 VermG. Es kommt hinzu, was das Berufungsgericht bei seiner rechtlichen Beurteilung nicht hinreichend beachtet, dass sich die Verfügungsberechtigte, wie sich aus den Gründen des Restitutions- und des Widerspruchsbescheids ergibt, gegen eine Restitution auch aus dem Gesichtspunkt gewandt hat, die Enthaftung des Grundstücks nicht bewirken zu können.

bb) Hätten die Kläger wegen der daher anzunehmenden Weigerung der Verfügungsberechtigten, das Grundstück von der Belastung zu befreien, nach § 250 S. 2 BGB Ersatz in Geld verlangt, erscheint die rechtliche Begründetheit eines solchen Anspruchs ebenfalls nicht unzweifelhaft. Wie das Berufungsgericht nicht verkennt, war vor der Bestandskraft der Restitutionsentscheidung, soweit es um die Kläger geht, nur deren vermögensrechtlicher Anspruch, dessen Abtretbarkeit und Verpfändbarkeit (§ 3 Abs. 1 S. 2 VermG) vielfach spekulativer Charakter zukommt (vgl. BGH v. 12.4.1996 - V ZR 310/94, BGHZ 132, 306 [310] = MDR 1996, 1110), durch die Belastung in seinem Wert gemindert. Zwar traf die Belastung auch das Grundstück; dieses stand aber noch im Eigentum der Verfügungsberechtigten. Mag man auch die Belastung als solche in dem einen wie in dem anderen Fall gleich bewerten, liefe eine Geldzahlungspflicht des Verfügungsberechtigten an den Berechtigten in gewisser Weise - anders als das bloße Unterlassungsgebot des § 3 Abs. 3 S. 1 VermG in seiner sichernden Funktion - auf eine Vorwegnahme der Restitutionsentscheidung hinaus; denn würde der Rückgabeantrag abgelehnt, erwiese sich, dass den Restitutionsantragsteller ungeachtet der Belastung in Wirklichkeit kein Schaden getroffen hat. Die Grenzlinie zwischen dem nur den Restitutionsanspruch sichernden Unterlassungsgebot und der erst durch die bestandskräftige Rückgabeentscheidung bewirkten Zuweisung des Vermögenswerts (vgl. hierzu BGH v. 16.12.1994 - V ZR 177/93, BGHZ 128, 210 [215] = MDR 1995, 898; v. 20.11.1997 - III ZR 39/97, BGHZ 137, 183 [186]; v. 4.2.1999 - III ZR 268/97, BGHZ 140, 355 [359 f.]) würde bei einer solchen Beurteilung möglicherweise überschritten. Es dürfte daher nahe liegen, dass ein mit einem solchen Anspruch befasstes Zivilgericht das Verfahren nach § 148 ZPO aussetzen würde, um nicht eine weit tragende Entscheidung zu treffen, die sich im Falle eines erfolglosen Rückgabeantrags als unzutreffend erwiese. Ist zudem die Mitwirkung der kreditierenden Bank nicht gesichert, verfügte der Restitutionsberechtigte bei Annahme und Durchsetzung eines Anspruchs nach § 250 S. 2 BGB über erhebliche Geldmittel, ohne dass damit die Rückführung der Belastung sichergestellt wäre. Eine solche Lösung wäre daher auch aus der Sicht des Verfügungsberechtigten Bedenken ausgesetzt.

cc) Unter diesen Umständen würden für eine Pflicht der Verfügungsberechtigten, den Klägern durch Hinterlegung, Stellung einer Bürgschaft, wie die Revisionserwiderung meint, oder in anderer Weise Sicherheit zu leisten, um die Enthaftung des Grundstücks nach der Restitution unter Mitwirkung der kreditgebenden Bank (§ 16 Abs. 10 S. 4 VermG) vorzunehmen, sachliche Gründe sprechen. Geht man nämlich von der den Restitutionsanspruch sichernden Funktion der Verfügungssperre aus, würde eine solche Lösung den Interessen beider Seiten gerecht: Der Verfügungsberechtigte, der die Verfügungssperre nicht beachtet hat, müsste die notwendige Sicherheit durch sein freies Vermögen stellen; hätte der Restitutionsantrag keinen Erfolg, fiele die Sicherheit wieder an ihn zurück. Im anderen Fall könnte sich der Restitutionsberechtigte aus der Sicherheit befriedigen. Es fehlt indes an einer entsprechenden rechtlichen Grundlage. Wollte man entsprechende Grundsätze aus der Vorschrift des § 3 Abs. 3 S. 1 VermG für das Schuldverhältnis zwischen dem Restitutionsantragsteller und dem Verfügungsberechtigten entwickeln, handelte es sich um einen Akt richterlicher Rechtsfortbildung, von dem die Kläger bei ihrer Entscheidung, den Ausgang des vermögensrechtlichen Verfahrens abzuwarten, nicht ausgehen konnten. Auch der in der mündlichen Revisionsverhandlung erörterte Versuch, im Wege einstweiliger Verfügung eine vorläufige Sicherstellung zu erreichen, war den Klägern nicht zumutbar.

Angesichts dieser Unsicherheiten kann den Klägern nicht vorgeworfen werden, sie hätten vor der Restitutionsentscheidung eine anderweitige Ersatzmöglichkeit nicht in Anspruch genommen.

4. Nach allem kann die Abweisung der Klage nicht bestehen bleiben. Das Berufungsgericht wird im weiteren Verfahren zu prüfen haben, in welcher Höhe die nach der Neuordnung der Belastungen v. 29.3.2001 hier streitgegenständliche Grundschuld in Abt. III lfd. Nr. 1a über 1.089.250 DM valutiert. Dabei besteht Gelegenheit, sich mit dem Einwand der Revisionserwiderung auseinander zu setzen, angesichts der nur dinglichen Belastung des Eigentums könne der Schaden nicht über den Wert des Grundstücks ohne die schadensstiftende Belastung hinausgehen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1171395

BGHR 2004, 1347

VIZ 2004, 452

WM 2005, 618

ZfIR 2004, 881

NJ 2005, 31

NJ 2006, 480

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