Leitsatz (amtlich)

§ 7 Abs. 1 Satz 3 HeizkostenV ist auch im Wohnungseigentumsrecht auf überwiegend ungedämmte, aber nicht freiliegende Leitungen der Wärmeverteilung nicht analog anwendbar (Anschluss an BGH, Urt. v. 15.3.2017 - VIII ZR 5/16 ZMR 2017, 462).

In den Fällen der sog. Rohrwärmeabgabe kann eine Verteilung der Kosten des Wärmeverbrauchs auch dann nicht nach § 9a Abs. 1 und 2 HeizkostenV erfolgen, wenn von den elektronischen Heizkostenverteilern infolge der Rohrwärmeverluste weniger als 20 % der abgegebenen Wärmemengen erfasst wird.

 

Normenkette

WEG § 16 Abs. 3; HeizkostenV § 7 Abs. 1 S. 3, § 9a

 

Verfahrensgang

LG Dortmund (Urteil vom 07.12.2018; Aktenzeichen 17 S 107/18)

AG Herford (Urteil vom 03.05.2018; Aktenzeichen 16 C 29/15)

 

Tenor

Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil der 17. Zivilkammer des LG Dortmund vom 7.12.2018 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist, und das Urteil des AG Herford vom 3.5.2018 im Umfang der Aufhebung geändert.

Die Klage wird auch insoweit abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin 72 %, die Beklagten 28 %. Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt die Klägerin.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Rz. 1

Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Wohnungseigentumsanlage besteht aus 154 Wohnungen in Mehrfamiliendoppelhäusern. Die Klägerin ist Eigentümerin von 20 Dachgeschosswohnungen. Nach § 11 Abs. 2b) der Teilungserklärung werden die Heizkosten nach Verbrauch abgerechnet, was durch Beschluss der Wohnungseigentümer dahingehend konkretisiert worden ist, die Heizkosten im Verhältnis von 30 % Grundkosten und 70 % Verbrauchskosten aufzuteilen. Die Heizkörper in den Wohnungen sind mit elektronisch messenden Heizkostenverteilern ausgestattet. Die im Keller der Häuser verlaufenden Leitungen sind freiliegend und überwiegend gedämmt. Die Verteilleitungen innerhalb der Wohnungen liegen unter Putz. Sie sind schlecht oder gar nicht gedämmt.

Rz. 2

Die Wohnungseigentümer haben, soweit von Interesse, in der Eigentümerversammlung vom 28.11.2015 die Hausgeldabrechnungen für das Jahr 2014 genehmigt. Die Aufteilung der hierin enthaltenen Heizkosten erfolgte zu 30 % als Grundkosten und zu 70 % nach Verbrauch. Die Klägerin hat beantragt, den Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung insoweit für ungültig zu erklären, als die Hausgeldabrechnungen für sie für das Jahr 2014 genehmigt worden sind. Das AG hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der übrigen Wohnungseigentümer ist erfolglos geblieben. Mit der von dem LG zugelassenen Revision wollen die Beklagten weiterhin die Abweisung der Klage erreichen. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Rz. 3

Das Berufungsgericht meint, die der Klägerin erteilten Jahreseinzelabrechnungen für 2014 entsprächen nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, weil die verbrauchsabhängige Umlage der Heizkosten zu einer Verteilung führe, die keinen nachvollziehbaren Bezug zu dem tatsächlichen Nutzerverhalten aufweise. Die Rohrleitungen in den Wohnungen gäben aufgrund der fehlenden Dämmung Wärme ab und trügen somit zur Beheizung der Räume bei. Das führe dazu, dass ein wesentlicher Anteil des Wärmeverbrauchs von den Heizkostenverteilern nicht erfasst werde. Eine Verteilungsgerechtigkeit könne nur durch eine Bestimmung des Wärmeverbrauchs gem. § 7 Abs. 1 Satz 3 HeizkostenV herbeigeführt werden. Zwar sei die Vorschrift nicht unmittelbar anwendbar, weil die Verteilleitungen innerhalb der Wohnungen nicht frei, sondern unter Putz lägen. Die Vorschrift sei aber entgegen der anderslautenden Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 15.3.2017 - VIII ZR 5/16 ZMR 2017, 462) analog anwendbar. Es sei technisch unerheblich, ob die Leitungen, die Wärme absonderten, frei lägen oder unter Putz bzw. im Estrich verliefen. In beiden Fällen komme es zu einer Verzerrung der Erfassungswerte. So sei es auch hier. Die erfassten Verbrauchswärmeanteile hätten nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens in den Jahren 2010-2013 fast immer unter dem Grenzwert der Richtlinie VDI 2077 von 34 % gelegen, und zwar überwiegend im Bereich unter 20 %, teilweise auch unter 12 bis 14 %. Seither habe sich an der Situation der Beheizung nichts geändert. Das den Wohnungseigentümern eingeräumte Ermessen sei hinsichtlich der grundsätzlichen Anwendung eines Korrekturverfahrens deshalb auf Null reduziert.

II.

Rz. 4

Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Rz. 5

1. a) Rechtsfehlerhaft ist bereits die Annahme des Berufungsgerichts, dass sich die Anfechtungsklage der Klägerin nur gegen die ihr erteilten Einzelabrechnungen richtet. Zwar ist nicht auszuschließen, dass lediglich eine Einzelabrechnung eines Wohnungseigentümers im Beschlussanfechtungsverfahren angegriffen wird, wenn etwa falsche Angaben über individuelle Hausgeldzahlungen gerade dieses Wohnungseigentümers darin enthalten sind. Regelmäßig wäre aber die Beschlussanfechtung einer bloßen Einzelabrechnung verfahrensrechtlich sinnlos, weil bei einer als unzutreffend gerügten Kostenverteilung immer auch die Einzelabrechnungen des betreffenden Wirtschaftsjahres der anderen Wohnungseigentümer mitbetroffen sind. Bei einem Erfolg der Klage wären zwangsläufig alle Einzelabrechnungen insoweit für ungültig zu erklären, weil sich ein Fehler bei einem Eigentümer auch auf die Abrechnungen der anderen auswirkte (vgl. BGH, Urt. v. 3.6.2016 - V ZR 166/15, NZM 2017, 77 Rz. 7 m.w.N.). Auf die Gesamtjahresabrechnung wirkt sich die Zugrundelegung eines fehlerhaften Verteilungsschlüssels im Grundsatz dagegen nicht aus. Sie muss zwar unterschiedlich zu verteilende Kostenpositionen zutreffend aufschlüsseln, damit sie für die Wohnungseigentümer nachvollziehbar ist. Bei den reinen Heizkosten gilt aber die Besonderheit, dass sich die Einzelabrechnungen ohnehin nicht ohne Weiteres aus der Gesamtabrechnung ableiten lassen, da diese als Einnahmen- und Ausgabenabrechnung geführt wird (vgl. dazu BGH, Urt. v. 3.6.2016 - V ZR 166/15, a.a.O., Rz. 16 m.w.N.).

Rz. 6

b) Das allein führt aber nicht zur Unbegründetheit der Anfechtungsklage. Vielmehr bedarf der Klageantrag der Auslegung. Die revisionsrechtlich in vollem Umfang nachprüfbare Auslegung des Klageantrags darf - wie allgemein im Prozessrecht - nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks haften, sondern hat den wirklichen Willen der Partei zu erforschen. Dabei ist der Grundsatz zu beachten, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht. Nur wenn sich das Rechtsschutzziel des Klägers auch durch die gebotene Auslegung nicht eindeutig ermitteln lässt, gehen die verbleibenden Unklarheiten zu seinen Lasten (näher BGH, Urt. v. 12.12.2014 - V ZR 53/14, NZM 2015, 218 Rz. 8 f. m.w.N.). Daran gemessen ergibt die Auslegung des Antrags, dass die Genehmigung der Jahresabrechnung bezogen auf die Positionen Heizkostenabrechnung in den Einzelabrechnungen angegriffen werden soll. Der Klageschrift ist zweifelsfrei zu entnehmen, dass die Klägerin sich gegen die Verteilung der Heizkosten insgesamt wendet. Notwendigerweise sind daher alle Einzelabrechnungen 2014 als Verfahrensgegenstand anzusehen.

Rz. 7

2. Das Berufungsurteil kann deshalb keinen Bestand haben, weil die Klägerin mit der Beschlussanfechtungsklage gegen die Jahresabrechnungen 2014 nicht eine von der Teilungserklärung und der Beschlusslage der Wohnungseigentümer abweichende Verteilung der Heizkosten erreichen kann.

Rz. 8

a) Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass allein eine den Anforderungen der Heizkostenverordnung genügende Abrechnung den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht (vgl. BGH, Urt. v. 16.7.2010 - V ZR 221/09 NJW 2010, 3298 Rz. 15; Urt. v. 17.2.2012 - V ZR 251/10 NJW 2012, 1434 Rz. 8 u. 9; Urt. v. 3.6.2016 - V ZR 166/15, NZM 2017, 77 Rz. 13). Dies gilt unabhängig davon, ob die Wohnungseigentümer durch Vereinbarung oder Beschluss abweichende Bestimmungen getroffen haben, da sich die Verpflichtung, nach den Vorschriften der Heizkostenverordnung abzurechnen, unmittelbar aus § 3 Satz 1 HeizkostenV ergibt, der die Anwendung der Vorschriften der Heizkostenverordnung im Verhältnis der Wohnungseigentümer vorschreibt (vgl. BGH, Urt. v. 17.2.2012 - V ZR 251/10 NJW 2012, 1434 Rz. 9; Urt. v. 22.6.2018 - V ZR 193/17 NJW 2018, 3717 Rz. 17; vgl. für das Mietrecht BGH, Urt. v. 19.7.2006 - VIII ZR 212/05, NZM 2006, 652 Rz. 13).

Rz. 9

b) Das Berufungsgericht verkennt jedoch, dass die Heizkosten in den Jahresabrechnungen 2014 richtigerweise nach dem von den Wohnungseigentümern beschlossenen Verteilungsschlüssel umgelegt worden sind.

Rz. 10

aa) Die Heizkostenverordnung gibt kein festes Abrechnungssystem vor, sondern nur einen Rahmen (vgl. §§ 4, 5, 7, 8 HeizkostenV). Dieser Rahmen muss von den Wohnungseigentümern durch Vereinbarung oder Beschluss ausgefüllt werden, bevor eine Abrechnung nach der Heizkostenverordnung möglich ist. Die zu treffende Entscheidung über die Ausfüllung des von der Heizkostenverordnung vorgegebenen Rahmens betrifft die Frage, wie die Wohnungseigentümer die vorgeschriebene verbrauchsabhängige Abrechnung vornehmen, insb. welchen der möglichen Verteilungsmaßstäbe sie wählen. Insoweit bedarf es für eine Abrechnung auf der Grundlage der Heizkostenverordnung einer Regelung durch die Wohnungseigentümer (vgl. BGH, Urt. v. 17.2.2012 - V ZR 251/10 NJW 2012, 1434 Rz. 8 u. 9).

Rz. 11

bb) Die Wohnungseigentümer haben hier diesen Rahmen ausgefüllt und eine Verteilung der Heizkosten zu 70 % nach Verbrauch und zu 30 % nach Grundkosten beschlossen. Dieser Beschluss ist nicht nichtig, sondern entspricht § 7 Abs. 1 Satz 1 HeizkostenV, wonach von den Kosten des Betriebs der zentralen Heizungsanlage mindestens 50 vom Hundert, höchstens 70 vom Hundert, nach dem erfassten Wärmeverbrauch der Nutzer zu verteilen sind. Auf der Grundlage des Beschlusses der Wohnungseigentümer sind deshalb die Heizkosten in den Jahresabrechnungen umzulegen. Eine Änderung des von der Wohnungseigentümergemeinschaft gewählten, der Heizkostenverordnung entsprechenden Kostenverteilungsschlüssels kann nicht inzident mit dem Beschluss über die Jahresabrechnung erfolgen (vgl. BGH, Urt. v. 9.7.2010 - V ZR 202/09 NJW 2010, 2654 Rz. 16; Urt. v. 11.11.2011 - V ZR 65/11 NJW 2012, 603 Rz. 12; Urt. v. 8.6.2018 - V ZR 195/17 WuM 2018, 657 Rz. 18). Eine solche Änderung des Verteilungsschlüssels im Rahmen der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung wäre auch nicht sinnvoll, weil der Beschluss keine Rechtswirkungen für künftige Abrechnungszeiträume entfalten könnte und sich die Frage nach der Verteilung der Heizkosten immer wieder neu stellen würde. Der Sonderrechtsnachfolger wäre ebenfalls an einen solchen Beschluss nicht gebunden (§ 10 Abs. 4 WEG).

Rz. 12

c) Anders wäre es nur, wenn die Heizkostenverordnung zwingend eine von dem beschlossenen Verteilungsschlüssel abweichende Verteilung der Kosten vorschriebe. In diesem Fall gingen die Vorgaben der Verordnung vor (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 2 HeizkostenV) mit der Folge, dass die Jahresabrechnung zumindest anfechtbar wäre (vgl. BGH, Urt. v. 22.6.2018 - V ZR 193/17 NJW 2018, 3717 Rz. 12 ff.). So liegt es hier aber nicht.

Rz. 13

aa) Anders als das Berufungsgericht meint, musste der Wärmeverbrauch der einzelnen Wohnungen nicht in Anwendung von § 7 Abs. 1 Satz 3 HeizkostenV bestimmt werden. Die Vorschrift, nach der der erfasste Wärmeverbrauch der Nutzer in den Fällen der sog. Rohrwärmeabgabe nach den anerkannten Regeln der Technik bestimmt werden kann, wenn es sich um Gebäude handelt, in denen die freiliegenden Leitungen der Wärmeverteilung überwiegend ungedämmt sind und deswegen ein wesentlicher Anteil des Wärmeverbrauchs nicht erfasst wird, ist weder direkt noch analog anwendbar. Nach der Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats kommt eine analoge Anwendung des § 7 Abs. 1 Satz 3 HeizkostenV auf überwiegend ungedämmte, aber - wie hier - nicht freiliegende Leitungen der Wärmeverteilung nicht in Betracht, weil es an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt (Urt. v. 15.3.2017 - VIII ZR 5/16 ZMR 2017, 462 Rz. 20 ff.). Diese Rechtsprechung macht sich der Senat, ungeachtet der dagegen erhobenen Kritik (vgl. Blank/Börstinghaus, Miete, 5. Aufl., § 556a Rz. 7; MietPrax-AK, § 7 HeizKV Nr. 5; Langenberg/Zehelein, Betriebskosten- und Heizkostenrecht, 9. Aufl., Kap. K Rz. 174; Kreuzberg/Wien/Pfeifer, Handbuch der Heizkostenabrechnung, 9. Aufl., Kap. 1 S. 85; Pfeifer, Grundeigentum 2017, 704; ders. DWW 2017, 244; ders., jurisPR-MietR 12/2017 Anm. 1; Wall, WuM 2017, 322; zustimmend Jennißen in Jennißen, WEG, 6. Aufl., § 16 Rz. 109d; Spielbauer/Schneider, Mietrecht, 2. Aufl., § 556a BGB Rz. 117e; Lammel, WuM 2018, 625, 626; ders., ZMR 2017, 711, 712; Serwe, ZMR 2018, 11; Wedel, ZMR 2017, 720), zu Eigen. Sie gilt in gleicher Weise für das Wohnungseigentumsrecht. § 7 Abs. 1 Satz 3 HeizkostenV ist auch im Wohnungseigentumsrecht auf überwiegend ungedämmte, aber nicht freiliegende Leitungen der Wärmeverteilung nicht analog anwendbar.

Rz. 14

bb) Ebenso wenig mussten die Kosten in Anwendung von § 9a Abs. 1 und 2 HeizkostenV verteilt werden.

Rz. 15

(1) Die Vorschrift ordnet an, wie die Heiz- und Warmwasserkosten zu verteilen sind, wenn der Verbrauch für einen Abrechnungszeitraum durch einen Geräteausfall oder aus anderen zwingenden Gründen nicht ordnungsgemäß erfasst werden kann. In diesem Fall ist der Verbrauch grundsätzlich auf der Grundlage des Verbrauchs der betroffenen Räume in vergleichbaren Zeiträumen oder des Verbrauchs vergleichbarer anderer Räume im jeweiligen Abrechnungszeitraum oder des Durchschnittsverbrauchs des Gebäudes oder der Nutzergruppe zu ermitteln (§ 9a Abs. 1 Satz 1 HeizkostenV). Überschreitet die von der Verbrauchsermittlung betroffene Wohn- oder Nutzfläche oder der umbaute Raum 25 vom Hundert der für die Kostenverteilung maßgeblichen gesamten Wohn- oder Nutzfläche oder des maßgeblichen gesamten umbauten Raumes, sind die Kosten des Wärmeverbrauchs ausschließlich nach der Wohn- und Nutzfläche oder nach dem umbauten Raum zu verteilen (§ 9a Abs. 2 i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 5 HeizkostenV).

Rz. 16

(2) Zwar wird teilweise angenommen, dass dann, wenn von den Heizkostenverteilern infolge von Rohrwärmeverlusten weniger als 20 % der abgegebenen Wärme erfasst werden, der Verbrauch gem. § 9a Abs. 1 Satz 1 HeizkostenV zu ermitteln sei (vgl. AG Neuss, ZMR 2013, 235; LG Karlsruhe WuM 2019, 149). Das trifft aber nicht zu. In den Fällen der sog. Rohrwärmeabgabe kann eine Verteilung der Kosten des Wärmeverbrauchs auch dann nicht nach § 9a Abs. 1 und 2 HeizkostenV erfolgen, wenn von den elektronischen Heizkostenverteilern infolge der Rohrwärmeverluste weniger als 20 % der abgegebenen Wärmemengen erfasst wird (so auch LG Meiningen, WuM 2003, 453; LG München I, Urt. v. 19.12.2013 - 36 S 12255/12 WEG, juris Rz. 8; MünchKomm/BGB/Schmid/Zehelein, 7. Aufl., BetrKV § 9a HeizKV Rz. 2; Serwe, ZMR 2018, 11, 13).

Rz. 17

(a) Ein Geräteausfall im Sinne dieser Vorschrift liegt nicht vor. Die elektronischen Heizkostenverteiler sind ordnungsgemäß installiert und funktionieren gemäß ihrer Bestimmung. Sie erfassen, da die Nutzer der unteren Wohnungen die Ventile ihrer Heizkörper gar nicht oder nur spärlich öffnen müssen, sondern die Wohnung durch Rohrwärmeabgabe bereits ausreichend erwärmt ist, zwar einen geringen oder gar keinen Verbrauch. Das beruht aber nicht auf einem technischen Defekt der Erfassungsgeräte für einen Abrechnungszeitraum, sondern auf dem strukturellen Problem der fehlenden Isolierung der unter Putz liegenden Rohrleitungen.

Rz. 18

(b) Die geringe Erfassungsrate der abgegebenen Wärme stellt auch keinen anderen zwingenden Grund i.S.d. § 9a Abs. 1 Satz 1 HeizkostenV dar. Ein "anderer zwingender Grund" für eine nicht ordnungsgemäße Erfassung des Verbrauchs liegt vor, wenn Umstände gegeben sind, die dem Geräteausfall gleichzusetzen sind, weil sie eine rückwirkende Korrektur der Erfassungsmängel ausschließen (vgl. BGH, Urt. v. 16.11.2005 - VIII ZR 373/04, NZM 2006, 102 Rz. 13, 15). Dies ist u.a. dann der Fall, wenn der am Heizkörper abgelesene Messwert aus zwingenden physikalischen Gründen nicht dem tatsächlichen Verbrauchswert entsprechen kann und damit fehlerhaft ist (vgl. BGH, Urt. v. 22.6.2018 - V ZR 193/17 NJW 2018, 3717 Rz. 10; BGH, Hinweisbeschluss v. 5.3.2013 - VIII ZR 310/12, NJW-RR 2013, 909 Rz. 2). So ist es im Fall der Rohrwärmeabgabe nicht. Die Messinstrumente funktionieren fehlerfrei.

Rz. 19

3. Der Wohnungseigentümer, der durch den von den Wohnungseigentümern gewählten Kostenverteilungsschlüssel aufgrund der nicht erfassten Rohrwärme benachteiligt wird, ist nicht schutzlos gestellt. Er kann die anderen Wohnungseigentümer mit der Verteilung der Heizkosten befassen und einen Beschluss nach § 16 Abs. 3 WEG über eine andere Ausfüllung des von der Heizkostenverordnung vorgegebenen Rahmens, insb. über die Wahl eines möglichen Verteilungsmaßstabs, herbeiführen; unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG kann er darauf einen Anspruch haben. In Betracht kommt etwa die Anwendung eines Umlagemaßstabs von 50 % Verbrauchskosten zu 50 % Grundkosten (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 HeizkostenV). Der Wohnungseigentümer kann ggf. auch das Ergreifen technischer Maßnahmen verlangen, wie das Absenken der Vorlauftemperatur (vgl. Wall, WuM 2009, 221, 222; ders., WuM 2019, 109, 121) oder die Anbringung von für die Erfassung der Rohrwärme geeigneteren Messgeräten (z.B. Verdunstungsgeräte, § 5 Abs. 1 Satz 1 HeizkostenV; vgl. Schmidt in MünchKomm/BGB-Zehelein, 7. Aufl., BetrKV § 5 HeizKV Rz. 3; Lammel, NZM 2015, 325, 327; ders., WuM 2018, 625, 627; Pfeifer, DWW 2017, 244, 245; Wall, WuM 2019, 109, 120).

III.

Rz. 20

Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO).

Rz. 21

Ohne Erfolg wendet die Klägerin ein, in den Jahresabrechnungen 2014 fehlten die Angaben zum Bestand und zur Entwicklung der Bankkonten. Richtig ist, dass eine ordnungsgemäße Jahresabrechnung (§ 28 Abs. 3 WEG) auch den Stand und die Entwicklung der Gemeinschaftskonten ausweisen muss (vgl. BGH, Beschl. v. 25.9.2003 - V ZB 40/03 NJW 2003, 3554, 3555 m.w.N.). Ob das bloße Fehlen der Angabe der Kontostände am Anfang und Ende des Abrechnungszeitraums nur einen Anspruch auf Ergänzung begründet oder den Beschluss über die Jahresabrechnung anfechtbar macht (so LG München, ZWE 2012, 140; LG Frankfurt, ZWE 2016, 332; AG München, ZMR 2017, 20; Bärmann/Becker, WEG, 14. Aufl., § 28 Rz. 129; Jennißen in Jennißen, WEG, 6. Aufl., § 28 Rz. 125 m.w.N.; Niedenführ in Niedenführ/Schmidt-Räntsch/Vandenhouten, WEG, 13. Aufl., § 28 Rz. 114; a.A. BayObLG NJW-RR 1992, 1169; ZMR 2003, 692; OLG Schleswig MietRB 2008, 2), kann dahinstehen. Die Anfechtbarkeit der Jahresabrechnungen 2014 wegen des Fehlens der Darstellung der Entwicklung der Bankkonten scheidet deshalb aus, weil nach den Feststellungen des Berufungsgerichts der Verwalter noch vor der Eigentümerversammlung Rechnungsprüfungsberichte versandt hat, die die erforderlichen Kontodaten enthielten. Dadurch wurden die Wohnungseigentümer rechtzeitig in die Lage versetzt, die rechnerische Schlüssigkeit der Jahresabrechnung zu überprüfen.

IV.

Rz. 22

Die Entscheidungen der Vorinstanzen waren daher zu ändern und die Anfechtungsklage abzuweisen.

Rz. 23

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 91a, 269 Abs. 3 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 13765477

NJW 2020, 8

NJW-RR 2020, 526

NZM 2020, 469

ZMR 2020, 11

ZMR 2020, 521

ZfIR 2020, 320

JZ 2020, 250

MDR 2020, 11

MDR 2020, 554

WuM 2020, 235

WuM 2020, 330

ZWE 2020, 246

MietRB 2020, 141

NJW-Spezial 2020, 290

RdW 2020, 539

CuR 2020, 69

immobilienwirtschaft 2020, 51

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