Leitsatz (amtlich)

Dem Verbraucher steht beim Abschluß eines Pay-TV-Abonnementvertrages kein Widerrufsrecht aufgrund einer entsprechenden Anwendung des § 505 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB (früher: § 2 Nr. 2 VerbrKrG) in Verbindung mit § 355 BGB zu.

 

Normenkette

BGB § 505 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 (früher: VerbrKrG § 2 Nr. 2)

 

Verfahrensgang

OLG Hamburg (Urteil vom 16.11.2000)

LG Hamburg

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 16. November 2000 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Beklagte betreibt den Pay-TV-Sender „P. „. Sie schloß mit Kunden Verträge über ein „P. „-Abonnement, ohne eine Widerrufsbelehrung zu erteilen. Abonnenten erhielten auf fernmündliche Bestellung eine schriftliche Erklärung, daß der Vertrag geschlossen worden sei, einen – im Eigentum der Beklagten verbleibenden – Decoder, der es ermöglichte, das weit überwiegend verschlüsselt ausgestrahlte Fernsehprogramm des Senders auf dem Bildschirm wahrnehmbar zu machen, sowie eine monatlich erscheinende Programmzeitschrift. Die zumindest einjährige Laufzeit des Abonnements, das zur Zahlung eines monatlichen Entgelts verpflichtete, verlängerte sich um ein weiteres Jahr, wenn der Vertrag nicht zuvor mit einer Frist von sechs Wochen gekündigt wurde.

Der klagende Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände hat die Ansicht vertreten, die Beklagte verhalte sich wettbewerbswidrig, wenn sie mit Kunden Abonnementverträge schließe, ohne sie gemäß § 7 Abs. 2 VerbrKrG über ein Widerrufsrecht zu belehren. Auf diese Verträge sei § 2 Nr. 2 VerbrKrG jedenfalls entsprechend anzuwenden. Dieser gelte nicht nur für Verträge über Sachlieferungen, sondern für alle Verträge, die dem Verbraucher über einen längeren Zeitraum verteilte Bindungen auferlegten. Die Leistungen der Beklagten seien – auch wegen der regelmäßigen Lieferung der Programmzeitschrift – mit den Leistungen bei einem Zeitschriftenabonnement vergleichbar.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs den Abschluß eines P. -Abonnements mit Analogdecoder (Laufzeit zunächst ein Jahr) und mindestens monatlicher Zusendung einer Programm-Vorschau schriftlich zu bestätigen, wenn die auf den Vertragsabschluß gerichtete Willenserklärung des Kunden ausschließlich telefonisch abgegeben wurde und in bezug auf den o.a. Vertrag keine dem Verbraucherkreditgesetz genügende Widerrufsbelehrung ausgehändigt wurde.

Die Beklagte hat dagegen vorgebracht, die Vorschrift des § 2 VerbrKrG beziehe sich nur auf die Lieferung von Sachen und sei auf Verträge über Dienstleistungen, wie sie von ihr angeboten würden, weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben (LG Hamburg WRP 2000, 650 = ZIP 2000, 974).

Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen (OLG Hamburg OLG-Rep 2001, 114).

Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt.

 

Entscheidungsgründe

A. Der Klageantrag ist hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der Kläger wendet sich mit seinem Antrag – wie aus seinem Klagevorbringen hervorgeht – nur dagegen, daß die Beklagte mit Verbrauchern Pay-TV-Abonnementverträge abschließt, ohne eine Belehrung über ein Widerrufsrecht zu erteilen. Fallgestaltungen, bei denen zwar eine Widerrufsbelehrung erteilt wird, diese aber den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht, sind nicht Gegenstand der Klage. Bei dieser Sachlage macht die Verweisung auf das Verbraucherkreditgesetz den Klageantrag nicht unbestimmt.

B. Das Berufungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil die Beklagte zur Erteilung einer Widerrufsbelehrung nicht verpflichtet war.

I. Das Berufungsgericht hat die Ansicht vertreten, die Beklagte handele nicht wettbewerbswidrig im Sinne des § 1 UWG, wenn sie Pay-TV-Abonnementverträge formlos und ohne Widerrufsbelehrung schließe, weil das Verbraucherkreditgesetz (VerbrKrG) auf solche Verträge nicht anwendbar sei. Eine unmittelbare Anwendung des § 2 Nr. 2 i.V. mit § 7 Abs. 2 VerbrKrG scheide aus, weil der Abonnementvertrag, der den Zugriff auf das Fernsehprogramm von „P.” ermögliche, nicht die Lieferung von Sachen, sondern die Erbringung von Dienstleistungen betreffe.

Eine entsprechende Anwendung des § 2 VerbrKrG komme nicht in Betracht, weil das Gesetz, das die erfaßten Geschäfte enumerativ aufzähle, insoweit keine planwidrige Regelungslücke enthalte. Gegen die Annahme, daß der Gesetzgeber bei der Fassung des § 2 VerbrKrG die Möglichkeit einer Einbeziehung gleichgelagerter Dienstleistungsgeschäfte nicht bedacht habe, sprächen eine Reihe von Anhaltspunkten. Nach der Ersetzung des Abzahlungsgesetzes durch das Verbraucherkreditgesetz habe § 2 VerbrKrG die Rechtsstellung des Verbrauchers nach § 1c AbzG zwar beibehalten, aber nicht verbessern sollen. Schon das Abzahlungsgesetz habe kaufvertragliche Geschäfte betreffend den Erwerb von Sachen und solche dienst- oder werkvertraglicher Art unterschiedlichen Regelungen unterworfen.

Die Richtlinie 87/102/EWG des Rates vom 22. Dezember 1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit (ABl. Nr. L 42/48 v. 12.2.1987), die durch das Verbraucherkreditgesetz umgesetzt worden sei, habe bei Dienst- oder Werkverträgen, die nicht in Zusammenhang mit den in § 2 VerbrKrG genannten Geschäften stünden, nicht ein Widerrufsrecht und eine Belehrungspflicht vorgeschrieben.

Der Gesetzgeber habe die Möglichkeit, die behauptete Regelungslücke im Rahmen der geplanten Neuregelung des Verbraucherkreditrechts zu schließen, bisher nicht wahrgenommen.

II. Diese Beurteilung wird von der Revision ohne Erfolg angegriffen.

1. Der Kläger ist gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 3 UWG (in der seit dem 1. Juli 2000 geltenden Fassung) für den geltend gemachten Anspruch aus § 1 UWG klagebefugt, da er in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen ist (vgl. auch BGH, Urt. v. 31.10.2002 – I ZR 132/00, GRUR 2003, 252, 253 = WRP 2003, 266 – Widerrufsbelehrung IV).

2. Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Unterlassungsanspruch aus § 1 UWG zu.

a) Ein Unternehmer, der einen Verbraucher als Vertragspartner nicht über ein Widerrufsrecht belehrt, das diesem nach den gesetzlichen Vorschriften zusteht, handelt grundsätzlich wettbewerbswidrig im Sinne des § 1 UWG (vgl. BGH, Urt. v. 11.4.2002 – I ZR 306/99, GRUR 2002, 720 = WRP 2002, 832 – Postfachanschrift; Urt. v. 4.7.2002 – I ZR 55/00, GRUR 2002, 1085, 1087 f. = WRP 2002, 1263 – Belehrungszusatz, jeweils m.w.N.). Ein Unterlassungsanspruch wegen der Verletzung einer Pflicht zur Belehrung über ein Widerrufsrecht setzt, wenn er – wie hier – auf Wiederholungsgefahr gestützt ist, zum einen voraus, daß ein solcher Verstoß stattgefunden hat, und zum anderen, weil der Unterlassungsanspruch in die Zukunft gerichtet ist, daß die Belehrungspflicht in entsprechenden Fällen nach der im Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Rechtslage fortbesteht. Beide Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.

b) Entgegen der Ansicht des Klägers unterlag die Beklagte zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht beim Abschluß von Pay-TV-Abonnementverträgen in Fällen, in denen nur der Kunde seine Vertragserklärung fernmündlich abgegeben hat, keiner Pflicht zur Belehrung über ein Widerrufsrecht. Das Berufungsgericht hat zu Recht entschieden, daß der damals noch geltende § 2 VerbrKrG in solchen Fällen nicht anwendbar war.

Nach dem gegenwärtigen Rechtszustand gilt nichts anderes. Die Vorschrift des § 2 VerbrKrG ist wie das Verbraucherkreditgesetz insgesamt durch Art. 6 Nr. 3 des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138, SchuldRModG) aufgehoben worden. An ihre Stelle ist ohne für den Streitfall wesentliche Änderungen § 505 BGB getreten (vgl. Palandt/Putzo, BGB, 62. Aufl., § 505 Rdn. 1), der dem Verbraucher ein Widerrufsrecht gemäß § 355 BGB einräumt.

aa) Eine unmittelbare Anwendung des § 2 Nr. 2 VerbrKrG (nunmehr § 505 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB) scheidet aus, weil sich diese Vorschrift nur auf die Lieferung von Sachen gleicher Art bezieht.

Das Programmangebot der Beklagten hat – wie bereits das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat – Dienstleistungscharakter. Die Beklagte bietet den Abonnenten die Möglichkeit, ihr Fernsehprogramm, das sie an eine breite Öffentlichkeit ausstrahlt, gegen ein nach Zeitabschnitten bemessenes Entgelt zu nutzen. Der zur Entschlüsselung der Programmsignale erforderliche Decoder wird mietweise zur Verfügung gestellt. Die regelmäßige Übersendung der Programmzeitschrift ist eine typische Nebenleistung, die an der Rechtsnatur des Abonnementvertrages insgesamt nichts ändert.

bb) Das Berufungsgericht hat weiterhin zu Recht entschieden, daß § 2 Nr. 2 VerbrKrG (§ 505 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB) auf Dienstleistungsverträge der vorliegenden Art auch nicht entsprechend anwendbar ist.

Eine Analogie ist nur zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält (vgl. dazu BGHZ 149, 165, 174; Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. 1995, S. 194 ff.; Canaris, Festschrift für Bydlinski, 2002, S. 47, 82 ff.) und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem Tatbestand vergleichbar ist, den der Gesetzgeber geregelt hat, daß angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlaß der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen (vgl. BGHZ 105, 140, 143; 110, 183, 193; 120, 239, 252). Beide Voraussetzungen sind nach § 2 VerbrKrG in Fällen der vorliegenden Art nicht gegeben (h.M.; vgl. OLG Dresden ZIP 2000, 830, 833; MünchKomm.BGB/Ulmer, 3. Aufl., § 2 VerbrKrG Rdn. 4; Bruchner/Ott/Wagner-Wieduwilt, Verbraucherkreditgesetz, 2. Aufl., § 2 Rdn. 9; Staudinger/Kessal-Wulf, BGB, Bearb. 2001, § 2 VerbrKrG Rdn. 8; Laukemann, WRP 2000, 624, 626 ff.; vgl. auch v. Westphalen/Emmerich/v. Rottenburg, Verbraucherkreditgesetz, 2. Aufl., § 2 Rdn. 4; a.A. LG Koblenz VuR 1998, 266, 267; Erman/Rebmann, BGB, 10. Aufl., § 2 VerbrKrG Rdn. 4; Soergel/Häuser, BGB, 12. Aufl., § 2 VerbrKrG Rdn. 11; Schmittmann, MMR 2000, 711; vgl. weiter – de lege ferenda – Mankowski, VuR 2001, 112, 113 f.; ders., K&R 2001, 365, 366 f.; offengelassen in BGH, Urt. v. 10.7.2002 – VIII ZR 199/01, NJW 2002, 3100, 3101).

(1) Der Ausschluß von Verträgen über Dienstleistungen aus dem Regelungsbereich des § 2 VerbrKrG (§ 505 BGB) stellt keine planwidrige Regelungslücke des Gesetzes dar.

Die Vorschrift des § 2 VerbrKrG enthält eine enumerative Aufzählung der Tatbestände, bei denen eine Widerrufsbelehrung nach § 7 VerbrKrG vorgeschrieben ist. Schon dies spricht gegen die Annahme einer Regelungslücke (vgl. Staudinger/Kessal-Wulf aaO § 2 VerbrKrG Rdn. 7). Die Vorschrift ist zudem mit der Begründung eines Widerrufsrechts nicht nur eine Ausnahme vom Grundsatz der Vertragsfreiheit, sondern auch innerhalb des Verbraucherkreditgesetzes, das Kreditverträge zum Gegenstand hat, ein Fremdkörper (vgl. dazu Soergel/Häuser aaO § 2 VerbrKrG Rdn. 1; Mankowski, K&R 2001, 365).

Die Gesetzesgeschichte des § 2 VerbrKrG spricht ebenfalls gegen die Annahme, die Unanwendbarkeit der Vorschrift auf Dienstleistungsverträge stelle eine planwidrige Regelungslücke dar. Dazu hat das Berufungsgericht bereits zutreffend ausgeführt, daß die Einfügung dieser Vorschrift in das Verbraucherkreditgesetz lediglich dem Zweck diente, eine Verschlechterung des Verbraucherschutzes im Verhältnis zum früheren Abzahlungsgesetz zu verhindern (vgl. dazu die Stellungnahme des Bundesrates zu Art. 1 des Regierungsentwurfs eines Gesetzes über Verbraucherkredite, zur Änderung der Zivilprozeßordnung und anderer Gesetze, BT-Drucks. 11/5462 S. 35; MünchKomm.BGB/Ulmer aaO § 2 VerbrKrG Rdn. 1; Mankowski, K&R 2001, 365). Das Abzahlungsgesetz war nach der zu ihm ergangenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes grundsätzlich nur auf Kaufverträge über bewegliche Sachen anwendbar. Eine ausdehnende Anwendung dieses Sondergesetzes auf anders geartete Verträge wurde mit der Begründung abgelehnt, dem stehe der sozialpolitische Zweck des Gesetzes entgegen, den bei Ratenzahlungskäufen (bzw. bei längerfristigen Bezugsbindungen) besonders gefährdeten Käufer beweglicher Sachen zu schützen. Das Risiko, daß ein Interessent den Werbemethoden geschulter Vertriebsberater unterliege und sich zu einem übereilten, ihn längerfristig bindenden Vertragsabschluß bereitfinde, bestehe im Geschäftsleben allgemein, ohne daß daraus – falls Zahlung in Teilbeträgen vereinbart sei – stets die Anwendung abzahlungsrechtlicher Bestimmungen hergeleitet werden könnte (vgl. BGHZ 87, 112, 115 f., 120; 105, 374, 377 f. – Präsentbücher; vgl. weiter BGHZ 97, 351, 360; BGH, Urt. v. 25.5.1983 – VIII ZR 51/82, NJW 1983, 2027). Der Annahme, das Abzahlungsgesetz könne auf regelmäßig wiederkehrende oder dauernd zu erfüllende Dienstleistungsverträge entsprechend angewendet werden, stand weiter entgegen, daß dies die Vorschrift des § 1b Abs. 4 AbzG über den Widerruf bei gemischten Verträgen gegenstandslos gemacht hätte.

(2) Für eine entsprechende Anwendung des § 2 VerbrKrG (§ 505 BGB) auf Dienstleistungsverträge könnte nur der Zweck dieser Vorschrift sprechen. Sie soll wie § 1c AbzG, an dessen Stelle sie getreten ist, den Verbraucher davor schützen, sich unüberlegt und unter dem Druck der von der Gegenseite aktiv geführten Vertragsverhandlungen mit einer Verpflichtung zu belasten, die sich nach Dauer und Höhe erst in der Zukunft realisiert (vgl. BGH NJW 2002, 3100, 3101 m.w.N.). Ein solches Schutzinteresse besteht bei einer langfristigen Verpflichtung zur entgeltlichen Entgegennahme von Dienstleistungen nicht anders als beim laufenden Bezug von Sachen. Eine analoge Anwendung eines Gesetzes kann jedoch nicht schon damit begründet werden, daß bei einem nicht geregelten Tatbestand auf seiten eines Beteiligten ein Interesse vorliegt, das demjenigen vergleichbar ist, dessen Schutz der Gesetzgeber durch die Gesetzesvorschrift in deren unmittelbarem Anwendungsbereich bezweckt hat. Eine solche Betrachtungsweise würde die Interessen der anderen Beteiligten zu Unrecht vernachlässigen (vgl. BGHZ 105, 140, 143; 110, 183, 193; 120, 239, 251 f.). Der Gesetzgeber hat in § 2 VerbrKrG (§ 505 BGB) – wie in der Vorgängervorschrift des § 1c AbzG – gerade keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz aufgestellt, daß einem Verbraucher bei langfristigen Verträgen mit laufenden Zahlungsverpflichtungen ein Widerrufsrecht zusteht (vgl. MünchKomm.BGB/Ulmer aaO § 2 VerbrKrG Rdn. 4; Staudinger/Kessal-Wulf aaO § 2 VerbrKrG Rdn. 7). Die wirtschaftliche Bindung des Verbrauchers ist etwa bei langfristigen Mietverträgen meist stärker als bei längerfristigen Verträgen über die Lieferung von Sachen; ein Widerrufsrecht ist gleichwohl für Verträge dieser Art nicht vorgesehen. Diese bewußte Beschränkung des Anwendungsbereichs auf Verträge über die Lieferung oder den Bezug von Sachen spricht gegen eine analoge Anwendung im andersartigen Bereich der Dienstleistungen. Durch Analogie darf eine vom Gesetzgeber als Ausnahme gewollte Regelung nicht zum allgemeinen Prinzip erhoben werden (vgl. Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz, 2. Aufl. 1983, S. 181).

(3) Eine auf Pay-TV-Abonnementverträge beschränkte entsprechende Anwendung des § 2 Nr. 2 VerbrKrG (§ 505 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB) kommt ebensowenig in Betracht (a.A. Bülow, Verbraucherkreditrecht, 5. Aufl., § 505 BGB Rdn. 40 m.w.N.).

Eine solche auf einen einzelnen Sachverhalt bezogene Analogie wäre bereits unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit nicht unbedenklich. Gerade wenn es – wie hier – um die Wirksamkeit von Verträgen geht, sind die betroffenen Unternehmen in besonderer Weise auf feste Rahmenbedingungen angewiesen.

Entscheidend ist aber, daß der Gesetzgeber für solche Verträge trotz der Erörterung dieser Frage in Rechtsprechung und Literatur bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt kein Widerrufsrecht des Verbrauchers eingeführt hat, obwohl er die gesetzliche Regelung, um deren entsprechende Anwendung es geht, wiederholt geändert hat. Durch Art. 6 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro vom 27. Juni 2000 (BGBl. I S. 897, 905) wurde der Eingangssatz des § 2 VerbrKrG geändert. Durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts wurde das Verbraucherkreditgesetz aufgehoben und § 2 VerbrKrG ohne wesentliche Änderungen durch § 505 BGB ersetzt (vgl. oben unter B.II.2.b). Diese Gesetzesgeschichte spricht dafür, daß der Gesetzgeber die Einbeziehung von Pay-TV-Abonnementverträgen in die für Ratenlieferungsverträge geltenden Regelungen nicht als sinnvoll angesehen hat.

(4) Aus dem Vorstehenden folgt, daß einer entsprechenden Anwendung des § 2 VerbrKrG (§ 505 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB) auch der in Art. 20 Abs. 3 GG angeordnete Vorrang des Gesetzes entgegensteht, der als Element des Rechtsstaatsprinzips zugleich das Maß an Rechtssicherheit gewährleistet, das im Interesse der Freiheitsrechte unerläßlich ist (vgl. BVerfGE 82, 6, 12 = NJW 1990, 1593 m.w.N.). Eine Rechtsfortbildung im Wege der Analogie muß deshalb ausscheiden, wo den gesetzlichen Regelungen nur ein gegenteiliger Wille des Gesetzgebers entnommen werden kann und ein wesentliches Interesse daran besteht, Verträge unter sicheren gesetzlichen Rahmenbedingungen schließen zu können.

c) Der Klageantrag kann auch nicht mit einem Verstoß gegen § 3 des Fernabsatzgesetzes begründet werden. Diese Vorschrift, an deren Stelle nach der Aufhebung des Fernabsatzgesetzes (durch Art. 6 Nr. 7 SchuldRModG) § 312d BGB getreten ist, galt zur Zeit der im Verfahren beanstandeten Verletzungshandlung noch nicht; eine Erstbegehungsgefahr ist nicht festgestellt.

3. Im Hinblick darauf, daß das mit dem Klageantrag beanstandete Verhalten nicht gegen § 2 Nr. 2 VerbrKrG (§ 505 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB) verstößt, kann offenbleiben, ob der Beklagten schon deshalb kein Vorwurf unlauteren Wettbewerbshandelns gemacht werden könnte, weil diese sich für ihre Rechtsansicht auf einen eindeutigen Gesetzeswortlaut berufen konnte und entgegenstehende höchstrichterliche Rechtsprechung nicht ergangen war (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 11.10.2001 – I ZR 172/99, GRUR 2002, 269, 270 = WRP 2002, 323 – Sportwetten-Genehmigung; vgl. weiter OGH ÖBl. 2001, 261 – Hausdruckerei; Doepner, Festschrift für Helm, 2002, S. 47, 61 f.; v. Ungern-Sternberg, Festschrift für Erdmann, 2002, S. 741, 749).

III. Aus dem Vorstehenden folgt, daß der Kläger seinen Klageantrag auch nicht auf §§ 2, 3 UKlaG (früher: §§ 22, 22a AGBG) stützen kann.

C. Die Revision gegen das Berufungsurteil war danach auf Kosten des Klägers zurückzuweisen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

 

Unterschriften

Ullmann, v. Ungern-Sternberg, Bornkamm, Pokrant, Schaffert

 

Fundstellen

Haufe-Index 1115550

BB 2003, 1353

NJW 2003, 1932

NWB 2003, 988

BGHR 2003, 714

BGHR

EBE/BGH 2003, 180

CR 2003, 691

EWiR 2003, 753

GRUR 2003, 622

JR 2004, 65

JurBüro 2003, 496

Nachschlagewerk BGH

WM 2003, 2004

ZAP 2003, 845

ZIP 2003, 1204

AfP 2003, 332

MDR 2003, 923

WRP 2003, 891

ZUM 2003, 564

GuT 2003, 111

K&R 2003, 351

MMR 2003, 527

ZGS 2003, 165

ZVI 2003, 329

LL 2003, 603

LMK 2003, 137

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