Leitsatz (amtlich)

Ein Grundurteil darf, sofern ein Anspruch nach Grund und Höhe streitig ist, nur dann ergehen, wenn alle Fragen, die zum Grund des Anspruchs gehören, erledigt sind und nach dem Sach- und Streitstand zumindest wahrscheinlich ist, dass der Anspruch in irgendeiner Höhe besteht. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn der beklagten Partei bei Urteilserlass im Beschlusswege die Möglichkeit eingeräumt wird, zu bislang nicht schlüssigen Gegenforderungen ergänzend vorzutragen, die in ihrer Gesamthöhe die Klageforderung übersteigen.

 

Normenkette

ZPO § 304

 

Verfahrensgang

OLG Dresden (Urteil vom 04.04.2003; Aktenzeichen 7 U 1308/02, LG Dresden)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Grundurteil des 7. Zivilsenats des OLG Dresden v. 4.4.2003 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Auszahlung eines Gewinnanteils aus der Vermarktung eines sanierungsbedürftigen Grundstücks in D. in Anspruch.

Im November/Dezember 1998 kam es zwischen dem Kläger, dem Geschäftsführer der Beklagten W. und Herrn De. zu einer Vereinbarung betreffend das Grundstück Dr.straße 5 in D., auf dem sich ein sanierungsbedürftiges Wohnhaus mit vier Wohneinheiten befand. Gemeinsam beabsichtigte man den Verkauf des Grundstückes verbunden mit einer Verpflichtung zur Komplettsanierung. Der Kläger, dem die Projektsteuerung obliegen sollte, konnte den Ankauf des Grundstücks vermitteln, während Herrn W. ein Kaufinteressent bekannt war. Herr De. sollte die Finanzierung des Projekts sicherstellen. Als Bauträger sollte die Beklagte fungieren. Der Reingewinn aus dem Geschäft sollte zwischen dem Kläger, dem Geschäftsführer der Beklagten W. und Herrn De. gedrittelt werden.

Die Beklagte erwarb das Grundstück und verkaufte es im Dezember 1998 an die Eheleute E. zu einem Preis von 1.350.000 DM. Der Kaufvertrag enthielt eine Verpflichtung der Beklagten zur Sanierung des Objekts, wobei für Arbeiten an Bauwerken eine Gewährleistungsfrist von fünf Jahren ab Abnahme vorgesehen war. Die Sanierung des auf dem Grundstück Dr.straße 5 befindlichen Wohnhauses sowie die Übergabe des Kaufobjektes erfolgten im Jahre 1999. Die Gewährleistungsfrist ist im Jahre 2004 abgelaufen.

Infolge einer Besprechung v. 29.2.2000 zwischen dem Kläger und den Herren W. und De. zahlte die Beklagte an den Kläger 50.000 DM, davon 45.000 DM als Gewinnanteil. Gegenstand der Klage ist ein behaupteter restlicher Gewinnanteil aus dem Sanierungsgeschäft i.H.v. 36.266,33 EUR. Die Beklagte hat die Forderung mit der Begründung bestritten, mit der Zahlung i.H.v. 45.000 DM sei der Gewinnanteil des Klägers vereinbarungsgemäß endgültig abgegolten worden. Darüber hinaus hat sie unter Hinweis auf in die Gesamtabrechnung einzustellende Abzugspositionen die Forderung auch der Höhe nach bestritten und zudem mangelnde Fälligkeit eingewandt.

Das LG hat die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen, da dem Kläger mangels Beendigung der Gesellschaft kein fälliger Auseinandersetzungsanspruch zustehe. Auf die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht unter Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und mit einem am selben Tag verkündeten Beschluss der Beklagten Gelegenheit gegeben, zu den nach ihrer Behauptung in die Gesamtabrechnung des Sanierungsvorhabens einzustellenden Positionen bzw. zu der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung ergänzend Stellung zu nehmen.

Gegen das Grundurteil wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet und führt unter Aufhebung des Grundurteils zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht.

I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Auf Grund der zwischen dem Kläger und den Herren W. und De. getroffenen Vereinbarung sei zwischen diesen eine Innengesellschaft begründet worden. Mangels Fehlens einer gesamthänderischen Bindung des Gewinnauskehrungsanspruchs habe der Kläger einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die Beklagte als der Vermögensinhaberin. Dieser sei als vorläufiger Gewinnanteilsanspruch, gemindert um Rückstellungen in Bezug auf die - im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht - noch laufende fünfjährige Gewährleistungsfrist, auch fällig, da weder bewiesen noch sonst ersichtlich sei, dass die Beteiligten jegliche Gewinnverteilung vor Ablauf der Gewährleistungsfristen ausgeschlossen hätten. Die Beklagte habe zudem nicht bewiesen, dass mit der Zahlung i.H.v. 45.000 DM auf Grund der Vereinbarung v. 29.2.2000 der Gewinnanspruch des Klägers in voller Höhe abgegolten sein sollte. Da mit hoher Wahrscheinlichkeit jedenfalls ein noch offener Betrag i.H.v. 25.103,74 EUR zu Gunsten des Klägers zu erwarten sei, weil weitere Abzugspositionen und die Aufrechnungsforderung seitens der Beklagten bislang nicht schlüssig dargelegt seien, sei die Klage dem Grunde nach gerechtfertigt.

II. Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten revisionsrechtlicher Überprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.

1. a) Ohne Erfolg wendet sich die Revision jedoch dagegen, dass das Berufungsgericht die Passivlegitimation der Beklagten bejaht hat.

Der Beklagten war von der aus dem Kläger und den Herren W. und De. bestehenden BGB-Gesellschaft der Auftrag erteilt worden, als Bauträgerin das Sanierungsvorhaben durchzuführen. Nach dessen Abschluss ist sie entsprechend der getroffenen Vereinbarungen verpflichtet, den aus dem Geschäft erwirtschafteten Gewinn in voller Höhe auszuzahlen.

b) Der Kläger ist - nunmehr - auch berechtigt, den auf ihn entfallenden Anteil an dem erwirtschafteten Gewinn gegen die Beklagte geltend zu machen. Bei der zum Zwecke der Durchführung des Sanierungsvorhabens gegründeten BGB-Gesellschaft handelt es sich um eine Gelegenheitsgesellschaft, die mit Ablauf der Gewährleistungsfristen für das Bauvorhaben im Jahr 2004 wegen Zweckerreichung gem. § 726 BGB beendet ist. Da der Gewinn in seiner Gesamthöhe, damit aber zugleich die Höhe des jedem Gesellschafter zustehenden Drittel-Gewinnanspruchs, mit Zweckerreichung der Gesellschaft und der damit verbundenen Beendigung der Gesellschaft feststeht, ist die Gewinnverteilungsabrede der Gesellschafter dahin auszulegen, dass jedem der Gesellschafter mit Beendigung der Gesellschaft gegen die zur Auskehrung des Gewinns verpflichtete Beklagte ein eigener Anspruch auf Auszahlung des auf ihn entfallenden Anteils zustehen sollte.

c) Nach den von der Revision nicht angegriffenen tatrichterlichen Feststellungen ist durch die Vereinbarung der drei Gesellschafter v. 29.2.2000 und der in Erfüllung dieser Vereinbarung von der Beklagten an den Kläger geleisteten Gewinnauszahlung i.H.v. 45.000 DM der Gewinnanspruch des Klägers nicht endgültig abgegolten worden. Die diesen Feststellungen zu Grunde liegende Beweiswürdigung des Tatrichters lässt revisionsrechtlich relevante Rechtsfehler nicht erkennen.

2. Das Berufungsurteil muss aber aufgehoben werden, weil der Erlass eines Grundurteils unzulässig war.

Ein Grundurteil darf, sofern ein Anspruch nach Grund und Höhe streitig ist, nur dann ergehen, wenn alle Fragen, die zum Grund des Anspruchs gehören, erledigt sind und nach dem Sach- und Streitstand zumindest wahrscheinlich ist, dass der Anspruch in irgendeiner Höhe besteht (st.Rspr., BGH, Urt. v. 2.10.2000 - II ZR 54/99, WM 2000, 2427, m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht vor. Das Berufungsgericht hat zwar darauf abgestellt, dass Abzugspositionen bzw. zum Gegenstand der Hilfsaufrechnung gemachte Gegenansprüche, die den von ihm errechneten, - ungünstigstenfalls - bestehenden weiteren Gewinnanspruch i.H.v. 49.098,64 DM (= 25.103,74 EUR) mindern könnten, bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Grundurteil ergangen ist, nicht schlüssig dargetan waren und deshalb gemeint, ein restlicher Gewinnanspruch des Klägers sei mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten. Gleichzeitig hat es aber der Beklagten die Möglichkeit eingeräumt, ergänzend zu den bislang unschlüssigen Positionen vorzutragen, die sich auf eine Gesamthöhe von 38.252,02 EUR belaufen. Damit fehlt es an der für den Erlass eines Grundurteils erforderlichen Wahrscheinlichkeit, dass der Gewinnanspruch in irgendeiner Höhe besteht.

III. Das Grundurteil war daher aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, um diesem Gelegenheit zu geben, den Gewinnanspruch des Klägers der Höhe nach aufzuklären. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass die Ansicht des Berufungsgerichts, in die Abrechnung sei eine Vergütung der Beklagten für ihre im Rahmen ihres Gewerbebetriebs erbrachte Tätigkeit als Bauträgerin nicht als Abzugsposten einzustellen, jedenfalls auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen durchgreifenden Bedenken begegnet. Da die Beklagte Auftragnehmerin der BGB-Gesellschaft war, stünde ihr nur dann kein Vergütungsanspruch gem. § 632 Abs. 1 BGB zu, wenn der Kläger darlegen und beweisen würde, dass ein solcher Vergütungsanspruch ausgeschlossen wurde (BGH, Urt. v. 9.4.1987 - VII ZR 266/86, NJW 1987, 2742).

 

Fundstellen

Haufe-Index 1368787

BB 2005, 1248

DStR 2005, 1235

DStZ 2005, 615

BGHR 2005, 1074

FamRZ 2005, 1169

NJW-RR 2005, 1008

WM 2005, 1624

MDR 2005, 1069

NZBau 2005, 396

ProzRB 2005, 261

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