Entscheidungsstichwort (Thema)

Geschlossener Immobilienfonds. Nachhaltige Erzielung von Einnahmen aus Vermietung oder Verpachtung als Anlageerfolg. Risikohinweis in Anlageprospekt. Wirksame Klagschrift bei unterbrochener Übermittlung per Telefax

 

Leitsatz (amtlich)

a) Beruht der wirtschaftliche Anlageerfolg eines geschlossenen Immobilienfonds allein auf der nachhaltigen Erzielung von Einnahmen aus der Vermietung oder Verpachtung des Anlageobjekts, so ist in dem Anlageprospekt deutlich auf mögliche, der Erreichbarkeit dieser Einnahmen entgegenstehende Umstände und die sich hieraus für die Anleger ergebenden Risiken hinzuweisen.

b) Wird die Übermittlung einer Klageschrift per Telefax aus vom Übersender nicht zu vertretenden Gründen unterbrochen und werden die fehlenden Seiten noch am selben Tag ebenfalls per Telefax übersandt, liegt dem Gericht eine die Erfordernisse des § 253 Abs. 2 ZPO erfüllende Klageschrift vor, auch wenn in der Folge die beiden Sendungen nicht zusammengeführt werden.

 

Normenkette

BGB §§ 195, 276 Abs. 1, § 278 a.F.; HGB § 161 Abs. 1; ZPO § 207 a.F., § 253 Abs. 2, § 270 Abs. 3

 

Verfahrensgang

KG Berlin (Urteil vom 18.01.2002; Aktenzeichen 14 U 3416/00)

LG Berlin (Urteil vom 09.08.2000)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 26.06.2012; Aktenzeichen XI ZR 355/11)

BGH (Urteil vom 26.06.2012; Aktenzeichen XI ZR 356/11)

BGH (Urteil vom 26.06.2012; Aktenzeichen XI ZR 259/11)

 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers zu 1) wird das Urteil des 3. Zivilsenats des KG v. 18.1.2002 im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, als die Klage des Klägers zu 1) gegen den Beklagten zu 1) abgewiesen worden ist.

2. Auf die Berufung des Klägers zu 1) wird unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels das Urteil der 4. Zivilkammer des LG Berlin v. 9.8.2000 wie folgt abgeändert:

a) Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger zu 142.130,45 EUR (82.400 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem 17.1.2000 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückübertragung des vom Kläger zu 1) gehaltenen Anteils an der B. Grundstücksverwaltungs GmbH D. KG.

b) Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte zu 1) mit der Rücknahme des vom Kläger gehaltenen Anteils an der B. Grundstücksverwaltungs GmbH D. KG im Verzug der Annahme befindet.

3. Von den Gerichtskosten des 1. Rechtszugs tragen der Kläger zu 1) 31,4 %, der Kläger zu 2) 56 % und der Beklagte zu 1) 6,3 %. Im Übrigen bleibt bzgl. der Gerichtskosten wegen des Ruhens des Verfahrens ggü. der Beklagten zu 3) eine spätere Entscheidung vorbehalten.

Von den Gerichtskosten des 2. und 3. Rechtszugs tragen der Kläger zu 1) 83,4 % und der Beklagte zu 1) 16,6 %.

Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1) im 1. Rechtszug trägt der Beklagte zu 1) 14,3 %.

Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) im 1. Rechtszug trägt der Kläger zu 2) 56 %.

Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2), 4), 5), 6) und 7) im 1. Rechtszug trägt der Kläger zu 1) 44 % und der Kläger zu 2) 56 %.

Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1) im 2. und 3. Rechtszug trägt der Beklagte zu 1) 16,6 %.

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2), 4), 5), 6) und 7) im 2. und 3. Rechtszug trägt der Kläger zu 1).

Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Hinsichtlich der Beklagten zu 3) bleibt wegen des Ruhens des Verfahrens ein Ausspruch über die außergerichtlichen Kosten einer späteren Entscheidung vorbehalten.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger zu 1), der sich ebenso wie der Kläger zu 2) an einem geschlossenen Immobilienfonds beteiligt hat, hat von den Beklagten zu 1) bis 7) Schadensersatz aus typisierter Prospekthaftung, aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen sowie wegen Verletzung von Auskunftspflichten bei der Anlagevermittlung in Höhe seiner Kommanditeinlage verlangt, Zug um Zug gegen Rückübertragung seines Gesellschaftsanteils. Am Revisionsverfahren ist nur noch der Kläger zu 1) (im Folgenden: Kläger) und der Beklagte zu 1) (im Folgenden: Beklagter) beteiligt.

Mit Kommanditeinlagen von jeweils 50.000 DM gründeten der Beklagte sowie der ehemalige Beklagte zu 2) und die Dr. H. Grundstücksgesellschaft mbH als persönlich haftende Gesellschafterin, deren Geschäftsführer der Beklagte war, die Dr. H. Grundstücksgesellschaft mbH & Co. I. KG (im Folgenden: Fonds KG) mit dem Zweck des Erwerbs und der Verpachtung jeweils einer Seniorenresidenz in C. und G.. Die beiden Investitionsobjekte sollten von der Dr. H. Grundstücksgesellschaft & Co. In.- und B. KG, deren persönlich haftende Gesellschafterin ebenfalls die Dr. H. Grundstücksgesellschaft mbH war, errichtet werden.

Mit Beitrittserklärung v. 18.12.1996, angenommen durch die Beklagte zu 3), eine Steuerberatungsgesellschaft, welche ebenfalls mit einer Einlage an der Fonds KG beteiligt und zur Aufnahme weiterer Gesellschafter durch Abschluss schriftlicher Beitrittsverträge ermächtigt war, erklärte der Kläger seine Beteiligung als Kommanditist an der Fonds KG i. H. v. 80.000 DM mit einem zusätzlichen Agio von 3 %. Grundlage des Beitritts des Klägers war ein von der Fonds KG (später umfirmiert in B. Grundstücksverwaltungs GmbH & Co. D. I. KG) im November 1996 herausgegebener Prospekt sowie eine unter dem Briefkopf der Beklagten zu 3) gefertigte Leistungsbilanz der Dr. H. Grundstücksgesellschaft mbH & Co. In.- und B. KG mit Angaben über die von dieser in den Jahren 1992-1995 betreuten Immobilienfonds und als Bauträger errichteten Objekte. In dem Prospekt werden neben den beiden Projekten des Fonds die beteiligten Partner und ausdrücklich auch die Firmengruppe des Beklagten vorgestellt. Hinsichtlich der Rentabilität der angebotenen Beteiligungen wird u. a. Folgendes ausgeführt:

"Die Pachteinnahmen führen zu Überschüssen der Beteiligungsgesellschaft. Der voraussichtliche Überschuss beträgt im Rumpfjahr 1998 3 %, ab 1999 6,25 % p.a.; prognostizierte Steigerung auf 10 % p.a. in 2019. ...

Die Vorgesellschaft hat für beide Seniorenresidenzen zwanzigjährige Pachtverträge mit Betriebsgesellschaften der Ku. Be. Unternehmensgruppe mit zweimal fünf Jahren Verlängerungsoption abgeschlossen. ...

Die Pachtzahlung der Betriebsgesellschaften wird durch 5-jährige Pachtgarantien der K. Beratungs- und Beteiligungsgesellschaft mbH abgesichert, die mit Bankbürgschaften von 1.200.000 DM (Seniorenresidenz C.) und 650.000 DM (Seniorenresidenz G.) unterlegt sind."

Im Prospekt befindet sich auch eine Aufstellung "Investitionsplan und Finanzierung", aus der sich ergibt, dass bei Gesamtprojektkosten von 63,6 Mio. DM u. a. auf Eigenkapitalbeschaffung ohne nähere Spezifizierung ca. 6,7 Mio. DM, auf Agio und Damnum 4,5 Mio. DM, auf Pachtgarantie/-bürgschaft 1,23 Mio. DM, auf Vermittlung von Fremdfinanzierung 0,7 Mio. DM, auf Fremdkapitalnebenkosten und Zinsgarantie ca. 0,4 Mio. DM sowie auf Vergütungen für Komplementär- und Geschäftsführung 2,2 Mio. DM Ausgaben entfallen, so dass den eigentlichen Erwerbs- und Baukosten für die Seniorenresidenzen über 25 % der Gesamtsumme für andere Ausgaben gegenüberstehen.

Des Weiteren findet sich unter der Überschrift "Haftungsvorbehalt" u. a. folgende Klausel:

"Eventuelle vertragliche oder vertragsähnliche Schadensersatzansprüche des Anlegers gegen die vorgenannten Personen oder Gesellschaften, insb. aus Verschulden bei Vertragsschluss, positiver Vertragsverletzung oder konkludentem Beratervertrag, verjähren vorbehaltlich kürzerer gesetzlicher oder vertraglicher Fristen spätestens nach drei Jahren seit seinem Beitritt zur Gesellschaft."

Die Geschäfte der Fonds KG entwickelten sich nicht wie erwartet. Die Gebäude wurden nicht innerhalb der geplanten Zeit fertig gestellt. Die für den 1.11.1997 vorgesehene Übergabe der Seniorenresidenz in G. an die Pächterin erfolgte erst am 15.6.1998, die Residenz C. wurde statt am 1.1.1998 erst am 18.2.1999 übergeben. Im Oktober 1999 waren im Objekt C. nur 22 von 86 Wohnungen vermietet, im Objekt G. nur 36 von 72 Wohnungen. Für das Objekt C. waren bis dahin keinerlei Pachtzahlungen, für das Objekt in G. nur ein Teil der Pacht entrichtet worden, weshalb die Pachtverträge fristlos gekündigt wurden. Die nach dem Prospekt vorgesehenen Bankbürgschaften zur teilweisen Absicherung der Pachtgarantien wurden zwar erbracht, mussten jedoch in der Folge zur Besicherung eines Hypothekendarlehens an die finanzierende Bank abgetreten werden, weil sich die Fonds KG mit den auf dieses Darlehen geschuldeten Rückzahlungen seit April 1999 im Rückstand befand. Die fünfjährigen Pachtgarantien selbst erwiesen sich als wertlos, weil die ebenfalls mit der Unternehmensgruppe des Beklagten zusammenhängende K. Beratungs- und Beteiligungsgesellschaft mbH (im Folgenden: K.) nicht mehr zahlungsfähig war. Die nach der Prognoserechnung im Prospekt erwarteten Ausschüttungen im Jahr 1998 und 1999 erfolgten dementsprechend nicht.

Über das Vermögen der ursprünglichen Komplementärin der Fonds KG sowie weiterer Firmen des Beklagten wurde in diesem Zusammenhang das Insolvenzverfahren eröffnet.

Der Kläger ist der Ansicht, dass der Beteiligungsprospekt in verschiedenen Punkten fehlerhaft und unvollständig sei. Insbesondere seien die der Wirtschaftlichkeitsberechnung zu Grunde gelegten Jahrespachten von Anfang an nicht realisierbar gewesen, weil die jeweils zu Grunde gelegte Miete die ortsübliche Miete für vergleichbare Objekte um 100 % überstiegen habe, was den Initiatoren der Fonds KG bewusst gewesen sei. Es sei auch nicht ausreichend auf die wirtschaftliche Verflechtung der Projektbeteiligten und die damit einhergehenden Risiken hingewiesen worden; so sei u. a. der Beklagte bereits zum Zeitpunkt der Prospektierung an der K. beteiligt gewesen, welche die Pachtgarantie übernommen hatte. Zudem seien die Pachtgarantien bei beiden Objekten nur zur Hälfte des Jahrespachtzinses durch Pachtbürgschaften gesichert und die hierfür aufgewendeten Kosten mit 66 % der verbürgten Summe viel zu hoch gewesen. Schließlich seien die Anleger im Prospekt nicht darauf hingewiesen worden, welche Risiken die im Investitionsplan veranschlagten sog. "weichen Kosten" mit sich brächten; zumindest hätten die Projektinitiatoren die Notwendigkeit, den Umfang und die Kriterien der Bewertung der erbrachten Leistungen begründen und im Prospekt darstellen müssen.

Der Beklagte ist demgegenüber der Auffassung, die Prospektangaben seien hinreichend und zutreffend. Er wendet ein, dass er keine Verantwortung für die Kalkulation trage, welche der Pachtzusage der Pächter zu Grunde liege. Da die Fonds KG nicht den Betrieb der Seniorenresidenzen übernommen habe, liege nicht bei ihr das Ertragsrisiko, so dass sich der Prospekt nicht damit habe befassen müssen, welche Mietpreise für eine Rentabilität des Betriebes erforderlich seien. Im Übrigen wird die Einrede der Verjährung erhoben.

Das LG hat die Klage abgewiesen, weil der Prospekt - zum Zeitpunkt des Beitritts des Klägers - weder unrichtige Angaben enthalte noch hinsichtlich aufklärungsbedürftiger Punkte unvollständig sei. Im Übrigen seien Ansprüche aus Prospekthaftung im engeren Sinn verjährt. Die dreijährige Verjährungsfrist habe mit Ablauf des 20.12.1999 geendet, während die Klage erst am 21.12.1999 eingereicht worden sei. Eine Unterbrechung der Verjährung nach § 209 Abs. 1 BGB a. F. i. V. m. § 270 Abs. 3 ZPO a. F. sei nicht eingetreten.

Dem lag zu Grunde, dass die insgesamt 47 Seiten umfassende Klageschrift am 20.12.1999 durch das Büropersonal des Prozessbevollmächtigten des Klägers per Telefax in der Zeit von 15.43 Uhr bis 15.56 Uhr an das LG gesendet wurde. Nach einem Abbruch des Sendevorgangs, dessen Ursache nicht feststeht, ergab eine telefonische Rückfrage beim LG, dass dort noch die S. 1 und 2 sowie die S. 35 fehlten. Daraufhin wurden am selben Tag um 16.18 Uhr vom Büro des Prozessbevollmächtigten des Klägers an das LG jedenfalls drei Seiten per Telefax gesendet, gelangten jedoch in der Folge nicht zu den Akten.

Das Berufungsgericht hat dem Grunde nach einen Anspruch des Klägers aus typisierter Prospekthaftung bejaht, diesen jedoch als verjährt angesehen, weil durch die unvollständige Übersendung des Telefaxes das Erfordernis der Einreichung einer Klageschrift i. S. v. § 253 ZPO nicht gewahrt gewesen sei, und hat demgemäß die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter. Der Senat hat das Rechtsmittel nur insoweit angenommen, als es sich gegen die Abweisung der Klage gegen den Beklagten zu 1) richtet.

Das Verfahren gegen die Beklagte zu 3) ruht derzeit, nachdem über ihr Vermögen am 11.4.2000 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt im Umfang der Annahme zur Aufhebung des Urteils und zur Verurteilung des Beklagten.

I. Mit Recht hat das Berufungsgericht eine Verantwortlichkeit des Beklagten als Initiator und Gründungskommanditist der Fonds KG für den Inhalt des Beteiligungsprospekts angenommen (st. Rspr. vgl. BGH v. 22.3.1982 - II ZR 114/81, BGHZ 83, 223 = MDR 1982, 644; v. 26.9.1991 - VII ZR 376/89, BGHZ 115, 214 [218]; zuletzt Urt. v. 15.12.2003 - II ZR 244/01, MDR 2004, 457 = BGHReport 2004, 514 = ZIP 2004, 312 [313]).

II. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht Fehler des Beteiligungsprospekts festgestellt, für welche der Beklagte haftet.

1. Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Prospekthaftungsgrundsätzen hat der Prospekt über ein Beteiligungsangebot, welcher im Allgemeinen die wesentliche Unterrichtungsmöglichkeit für einen Beitrittsinteressenten darstellt, ein zutreffendes und vollständiges Bild über sämtliche Umstände zu vermitteln, welche für die Anlageentscheidung von Bedeutung sind (BGH v. 6.10.1980 - II ZR 60/80, BGHZ 79, 337 [344 f.] = MDR 1981, 648; v. 5.7.1993 - II ZR 194/92, BGHZ 123, 106 [109 f.] = AG 1994, 32 = MDR 1993, 1068; Urt. v. 29.5.2000 - II ZR 280/98, ZIP 2000, 296 [297]). Die angesprochenen Interessenten dürfen sich daher auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben in einem solchen Prospekt verlassen und davon ausgehen, dass die insoweit unmittelbar Verantwortlichen den Prospekt mit der erforderlichen Sorgfalt geprüft haben und dass darin über alle Umstände aufgeklärt wird, die für den Entschluss, sich als Kommanditist zu beteiligen, von wesentlicher Bedeutung sind (BGH BGHZ 71, 284 [287 f.]).

2. Diesen Anforderungen wird der Prospekt nicht gerecht.

a) Angesichts des Umstandes, dass der Erfolg einer Geldanlage bezüglich der beiden Seniorenresidenzen allein auf einer langjährigen gesicherten Pachtzahlung beruhte und nur so die erwarteten Ausschüttungen an die beteiligten Gesellschafter zu erwirtschaften waren, war es für die Gründer und Initiatoren des Fonds nicht ausreichend, nur langjährige Pachtverträge abzuschließen; vielmehr war bei dieser Sachlage auch die konkrete Möglichkeit der Erwirtschaftung der zugesagten Pachtzahlungen einer eigenen Prüfung durch die Gründungsgesellschafter zu unterziehen. Dies gilt umso mehr, als die zur Absicherung gestellte Bankbürgschaft für die Pachtgarantien nur eine halbe Jahrespacht je Objekt ausmachte und zudem im Gegenzug hierfür Aufwendungen i. H. v. jeweils 66 % der Garantiesumme an die Garantiegeberin aus dem Fondsvermögen zu erbringen waren und damit der reale Wert der Bankbürgschaften gerade noch je zwei Monatspachten entsprach. Aus diesen Gründen stand und fiel der wirtschaftliche Erfolg des Fonds allein mit der Frage der langfristigen Erzielbarkeit der angesetzten Mieterlöse, weil nur in diesem Fall die Pächterin der Seniorenresidenzen die von ihr eingegangenen Pachtverträge auf Dauer erfüllen konnte. Hierzu hat das Berufungsgericht in rechtsfehlerfreier Weise festgestellt, dass die für eine Zahlung der jeweiligen Monatspacht erforderlichen Mieten in den Seniorenresidenzen teilweise um bis zu 100 % über den ortsüblichen Vergleichsmieten für "betreutes Wohnen" im Jahr 1996 lagen und daher nicht erzielbar waren. Hieraus ergibt sich, dass der Beklagte oder die anderen Gründer und Initiatoren des Fonds entweder die hier erforderliche Plausibilitätsprüfung nicht durchgeführt haben oder aber auf das aus der Diskrepanz zwischen den für die Seniorenresidenzen zu Grunde gelegten Mieten und der ortsüblichen Vergleichsmiete sich ergebende Anlegerrisiko nicht hinreichend im Prospekt aufmerksam gemacht haben. Ebenso gilt dies für die nur geringe Werthaltigkeit der zur Absicherung angeführten Bankbürgschaften.

b) Unvollständig und damit fehlerhaft ist der Prospekt zusätzlich deswegen, weil potenzielle Anleger nicht in der erforderlichen Klarheit über die sog. "weichen Kosten" des Anlageprojekts in Kenntnis gesetzt wurden. Zwar sind in der Aufstellung "Investitionsplan und Finanzierung" die Kosten, Vergütungen und Honorare tabellenartig aufgeführt, jedoch so unübersichtlich und unstrukturiert, dass jedenfalls ein durchschnittlicher Anleger daraus kaum erkennen konnte, dass beispielsweise allein die Vorausfinanzierung mit erheblichen Zusatzkosten, wie Vermittlungskosten, einer Zwischenfinanzierungsbürgschaft sowie Fremdkapitalnebenkosten und Zinsgarantie, belastet ist, welche noch einmal über 65 % der erforderlichen Zinsaufwendungen ausmachen. In gleicher Weise gilt dies für die nicht näher spezifizierten Kosten für "Schließungsgarantie", "Treuhandschaft", "Mittelverwendungskontrolle", "Sonstige Kosten" und "Liquiditätsreserve", welche zusammen über 1,2 Mio. DM betragen, deren Entstehung und Verwendung letztlich unklar bleibt und wodurch die Chance auf eine mögliche Rentabilität der Geldanlage zusätzlich gemindert wird (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 29.5.2000 - II ZR 280/98, ZIP 2000, 1296 [1298]).

III. Nach der ständigen Rechtsprechung, an welcher der Senat festhält, entspricht es der Lebenserfahrung, dass ein Prospektfehler für die Anlageentscheidung ursächlich geworden ist (BGH v. 6.10.1980 - II ZR 60/80, BGHZ 79, 337 [346] = MDR 1981, 648; v. 24.5.1982 - II ZR 124/81, BGHZ 84, 141 [148] = MDR 1982, 825; Urt. v. 14.7.2003 - II ZR 202/02, BGHReport 2003, 1275 = ZIP 2003, 1651 [1653]). Entscheidend ist insoweit, dass durch unzutreffende oder unvollständige Informationen des Prospekts in das Recht des Anlegers eingegriffen worden ist, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in das Projekt investieren will oder nicht (BGH, Urt. v. 29.5.2000 - II ZR 280/98, ZIP 2000, 1296 [1297]; Urt. v. 15.12.2003 - II ZR 244/01, MDR 2004, 457 = BGHReport 2004, 514 = ZIP 2004, 312 [313]). Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger bei vollständiger Aufklärung sich dennoch für die Anlage entschieden hätte, sind von dem Beklagten nicht vorgetragen worden und auch sonst nicht ersichtlich, so dass die weiteren Einwendungen des Klägers gegen den Prospektinhalt dahinstehen können.

IV. Entgegen der Ansicht des KG ist der Schadensersatzanspruch des Klägers nicht verjährt, weil mit der Übermittlung der Klageschrift per Telefax am 20.12.1999 an das LG die Verjährung gem. § 209 Abs. 1 BGB a. F. i. V. m. §§ 270 Abs. 3, 207 ZPO a. F. rechtzeitig unterbrochen worden ist, so dass dahinstehen kann, ob der Beklagte nicht nur aus typisierter Prospekthaftung, sondern auch wegen Verschulden bei Vertragsverhandlungen haftet. Aus denselben Gründen kann offen bleiben, ob die gem. § 195 BGB a. F. noch geltende Verjährungsfrist von 30 Jahren für Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluss (BGH v. 22.3.1982 - II ZR 114/81, BGHZ 83, 223 [227] = MDR 1982, 644) hier nach den Bedingungen des Anlageprospekts wirksam auf drei Jahre verkürzt werden konnte (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 11.12.2003 - III ZR 118/03, BGHReport 2004, 423 = MDR 2004, 344).

1. Unabhängig davon, ob gemäß der Klausel der Beitrittserklärung, wonach ein Beitritt erst mit Zahlung der ersten Rate nebst Agio wirksam wird, diese erst später erfolgt ist - das Berufungsgericht hat dazu keine Feststellungen getroffen - begann die dreijährige Verjährungsfrist für Ansprüche aus typisierter Prospekthaftung (BGH, Urt. v. 18.12.2000 - II ZR 84/99, MDR 2001, 638 = BGHReport 2001, 245 = ZIP 2001, 369; Urt. v. 7.7.2003 - II ZR 18/01, BGHReport 2003, 1138 = ZIP 2003, 1536 [1537]) frühestens mit der Annahme der Beitrittserklärung am 19.12.1996 und lief dann zumindest bis zum 20.12.1999 (§§ 188 Abs. 2, 193 BGB).

2. Die Verjährung wurde durch die am 20.12.1999 beim LG in zwei Teilen als Telefax eingegangene Klageschrift in Verbindung mit der demnächst erfolgten Zustellung (§ 270 Abs. 3 ZPO a. F.) rechtzeitig unterbrochen.

Zwar lag nach der unvollständigen "Erstsendung", begonnen um 15.43 Uhr, dem Gericht zunächst keine die Erfordernisse des § 253 Abs. 2 ZPO erfüllende Klageschrift vor, weil diese ohne die S. 1 und 2 übertragen worden ist, auf denen sich die Parteibezeichnungen und die Anträge befinden. Jedoch steht auf Grund der inhaltlich zusammenpassenden Sende- und Empfangsprotokolle fest, dass aus dem Büro des Prozessbevollmächtigten des Klägers am 20.12.1999 um 16.18 Uhr drei Seiten an dasselbe Faxgerät des LG wie die Erstsendung übermittelt worden sind. Dass es sich bei der ersten übermittelten Seite um die S. 1 der Klageschrift handelt, geht aus der auf dem Sendeprotokoll verkleinert abgedruckten Kopie eindeutig hervor. Nach alledem kann es, im Zusammenhang mit den weiteren Umständen, was der Senat auch selber entscheiden kann, nach dessen Überzeugung nicht zweifelhaft sein, dass es sich bei der zweiten Faxsendung insgesamt um die fehlenden Seiten der Erstsendung handelte.

Nach Eingang der "Zweitsendung" lag dem LG die Klageschrift vollständig vor. Das hier verwirklichte Risiko, dass die beiden Teile des Schriftsatzes - obgleich alle Seiten der Klageschrift in der Fußzeile den Aufdruck aufwiesen: "Klage gegen Dr. H. u. a. wegen G. und C.1.rtf" - offensichtlich infolge von zehn weiteren, zwischenzeitlich eingegangenen Faxsendungen und möglicherweise auf Grund des dazwischen liegenden Dienstendes an diesem Arbeitstag auch in der Folge nicht zusammengefügt worden sind und die "Zweitsendung" danach sogar unauffindbar blieb, darf entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht auf den Nutzer des Mediums Telefax abgewälzt werden. In diesem Fall liegt die entscheidende Ursache in der Sphäre des Gerichts und ist nicht vom Kläger zu vertreten (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.5.1985 - 1 BvR 370/84, MDR 1985, 816 = CR 1986, 491 = NJW 1986, 244 [245]); denn immerhin befanden sich sämtliche Teile der Klageschrift spätestens am 20.12.1999, etwa ab 16.20 Uhr, wenn auch nach Dienstschluss, im Gewahrsam des LG B. Wenn das Berufungsgericht diesbezüglich allein darauf abstellt, dass die beiden Telefaxsendungen nicht das Erfordernis der Einreichung einer Klageschrift erfüllt hätten, ist dies ein bloß formaler Standpunkt, der sich zudem verbietet, wenn Verzögerungen bei der Entgegennahme der Sendung auf Störungen beruhen können, die der Sphäre des Gerichts zuzurechnen sind (BVerfG, Beschl. v. 1.8.1996 - I BvR 121/95, NJW 1996, 2857). Erst recht erfordert der Begriff der Einreichung der Klage nicht die Entgegennahme durch einen zuständigen Beamten der Geschäftsstelle (BVerfG, Beschl. v. 3.10.1979 - 1 BvR 726/78, MDR 1980, 117 = NJW 1980, 580).

 

Fundstellen

BB 2004, 1129

DB 2004, 1146

DStR 2004, 967

HFR 2004, 1029

WPg 2004, 639

NJW 2004, 2228

NWB 2004, 2708

BGHR 2004, 1084

FamRZ 2004, 942

NZM 2004, 473

WM 2004, 928

WuB 2004, 579

ZAP 2004, 816

ZIP 2004, 1104

MDR 2004, 890

VersR 2004, 1614

VuR 2004, 261

BKR 2004, 239

GuT 2004, 185

ZBB 2004, 250

BBV 2004, 39

BRAK-Mitt. 2004, 113

IWR 2004, 76

JWO-VerbrR 2004, 172

ProzRB 2004, 178

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