Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewinnzusage. Versender einer Gewinnzusage. Versagung von Prozesskostenhilfe

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine grundsätzliche Rechtsfrage wie z.B. die Entwicklung von Grundsätzen für die Auslegung einer Norm, ist nicht im Prozesskostenhilfeverfahren, sondern im ordentlichen Klageverfahren zu entscheiden.

 

Normenkette

BGB § 661a

 

Verfahrensgang

OLG Düsseldorf (Beschluss vom 27.01.2003; Aktenzeichen 2 b Ss (OWi) 327/01 - (OWi) 34/02 I)

LG Wuppertal (Beschluss vom 31.10.2002)

 

Tenor

Auf die Rechtsmittel der Antragstellerin werden der Beschluss des 6. Zivilsenats des OLG Düsseldorf v. 27.1.2003 aufgehoben und der Beschluss der 1. Zivilkammer des LG Wuppertal v. 31.10.2002 abgeändert.

Der Antragstellerin wird für die beabsichtigte Klage Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsverpflichtung bewilligt.

Der Antragstellerin wird für die Verfolgung ihrer Rechte im Rechtsbeschwerderechtszug Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsverpflichtung bewilligt; ihr wird RA Dr. von Plehwe beigeordnet.

 

Gründe

I.

Im Juli 2001 ging der Antragstellerin ein Versandhandelskatalog des H. & H. Versand zu. Der Sendung war ein "250.000 DM-Guthaben für S. W. " betreffendes Schreiben der "Nationale Zahlen - Losvergabe" beigefügt, in dem die Antragstellerin als Gewinnberechtigte bezeichnet war.

Die Antragstellerin macht geltend, in dem Schreiben sei eine Gewinnzusage i. S. d. § 661a BGB zu sehen. Da die Antragsgegnerin den H. & H. Versand betreibe und das Gewinnversprechen versandt habe, müsse sie den Preis leisten.

Die Antragstellerin begehrt für die beabsichtigte Klage gegen die Antragsgegnerin Prozesskostenhilfe. LG und OLG haben die Prozesskostenhilfe verweigert. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Gesuch um Prozesskostenhilfe für die Klage weiter; sie beantragt ferner Prozesskostenhilfe für das Verfahren der Rechtsbeschwerde.

II.

1. Das OLG hat die Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts und Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zur Auslegung des § 661a BGB zugelassen; das war nicht zulässig.

Im Verfahren der Prozesskostenhilfe kommt eine Zulassung der Rechtsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) - oder dem der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) - nur in Betracht, wenn es um Fragen des Verfahrens der Prozesskostenhilfe oder der persönlichen Voraussetzungen ihrer Bewilligung geht (vgl. BGH, Beschl. v. 21.11.2002 - V ZB 40/02, MDR, 2003, 477 = BGHReport, 2003, 407 = NJW 2003, 1126 [1127]). Um solche Fragen ging es hier nicht; der Senat ist aber an die - rechtsfehlerhafte - Zulassung gebunden (§ 574 Abs. 3 S. 2 ZPO).

2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet; der Antragstellerin ist für die beabsichtigte Klage Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsverpflichtung zu bewilligen (§ 577 Abs. 5 ZPO).

a) Das OLG hat der Antragstellerin die Prozesskostenhilfe versagt, weil die beabsichtigte Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. Nach § 661a BGB hafte nur derjenige Unternehmer, der als Versender eines täuschenden Gewinnversprechens nach außen in Erscheinung trete. Dem Vorbringen der Antragstellerin sei nicht zu entnehmen, dass dies bei der Antragsgegnerin der Fall gewesen sei.

b) Die Entscheidung des OLG hält der rechtlichen Prüfung nicht stand. Das OLG hat die Erfolgsaussicht zu Unrecht verneint.

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat in aller Regel bereits dann hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO), wenn die Entscheidung von der Beantwortung schwieriger Rechts- oder Tatfragen abhängt. Die Prüfung der Erfolgsaussicht darf nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Prozesskostenhilfeverfahren will den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht selbst bieten, sondern zugänglich machen (BVerfG v. 13.3.1990 - 2 BvR 94/88, BVerfGE 81, 347 [357 ff.]; v. 14.7.1993 - 1 BvR 1523/92, NJW 1994, 241 [242]; v. 7.4.2000 - 1 BvR 81/00, NJW 2000, 1936 [1937]; BGH, Beschl. v. 12.9.2002 - III ZB 43/02, MDR 2002, 1388 = BGHReport, 2002, 1052 = NJW 2002, 3554; Beschl. v. 9.9.1997 - IX ZB 92/97, MDR, 1997, 1147 = NJW 1998, 82; v. 26.4.2001 - IX ZB 25/01, MDR 2001, 1007 = BGHReport, 2001, 852). Im Streitfall ist das OLG im Grunde selbst davon ausgegangen, dass eine schwierige, bislang ungeklärte Frage des materiellen Rechts zu entscheiden ist. Denn es hat die Rechtsbeschwerde u. a. mit der Erwägung zugelassen, der Fall gebe Veranlassung, Grundsätze für die Auslegung des § 661a BGB zu entwickeln und zwar dazu, wer als (Ver-)Sender der Gewinnzusage anzusehen sei. Eine solche grundsätzliche Frage - deren Beantwortung durch das OLG Grundlage für die Verneinung der Klageschlüssigkeit gewesen ist - ist nicht in dem summarischen Prozesskostenhilfeverfahren, sondern im ordentlichen Klageverfahren auf der Grundlage der dort nach vertiefter Erörterung getroffenen Feststellungen zu entscheiden.

c) Die Antragstellerin hat belegt, dass sie nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann.

III.

Der Antragstellerin ist, weil sie nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten ihrer Rechtsverfolgung im Rechtsbeschwerderechtszug nicht aufbringen kann, Prozesskostenhilfe auch für den Rechtsbeschwerderechtszug zu bewilligen. Der Grundsatz, dass für das Prozesskostenhilfeverfahren Prozesskostenhilfe nicht gewährt werden kann (BGH v. 30.5.1984 - VIII ZR 298/83, BGHZ 91, 311 = MDR, 1984, 931), steht nicht entgegen (vgl. BGH, Beschl. v. 19.12.2002 - III ZB 33/02, MDR, 2003, 405 = BGHReport 2003, 300 = NJW 2003, 1192).

 

Fundstellen

NJW-RR 2003, 1438

KammerForum 2003, 420

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