Leitsatz (amtlich)

a) Die nach dem Zeitaufwand bestimmte Vergütung des Zwangsverwalters von Grundstücken, die nicht durch Vermieten oder Verpachten genutzt werden, kann bei der Bemessung des Stundensatzes nicht an die Vergütung von Berufsbetreuern angelehnt werden.

b) Für in die Jahre 2000 bis 2003 fallende Abrechnungszeiträume kann die zeitbezogene Vergütung des Zwangsverwalters gem. § 26 ZwVerwVO bereits nach dem Stundensatzrahmen bemessen werden, der nach § 19 Abs. 1, § 25 ZwVwV erst für Abrechnungszeiträume nach dem 31.12.2003 anzuwenden ist.

 

Normenkette

ZwVerwVO § 26; ZwVwV § 19 Abs. 1, § 25

 

Verfahrensgang

LG Dortmund (Beschluss vom 09.09.2002)

AG Unna

 

Tenor

am 27.2.2004

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde des Zwangsverwalters wird der Beschluss der 9. Zivilkammer des LG Dortmund v. 9.9.2002 aufgehoben, soweit darin zu seinem Nachteil entschieden worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das LG zurückverwiesen.

Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens: bis zu 600 EUR.

 

Gründe

I.

Der Beteiligte zu 3), ein Rechtsanwalt, war seit dem 5.10.2000 zum Zwangsverwalter des im Rubrum bezeichneten Grundstücks bestellt, auf dem sich ein unbewohntes Gebäude nebst unfertigem Anbau befand. Der Zwangsverwalter berichtete wiederholt über den Zustand des Grundstücks und die bauordnungsrechtliche Lage. Außerdem veranlasste er bauliche Sicherungsmaßnahmen, versicherte die Gebäude und beglich nach Überprüfung rückständige Grundsteuern.

Für seine Tätigkeit v. 18.10.2000 bis zum Jahresende 2000 beantragte der Zwangsverwalter eine Nettopauschalvergütung von 3.000 DM nebst Auslagenersatz von 184,78 DM und Erstattung von 509,56 DM Umsatzsteuern. Das AG billigte ihm zunächst den Ersatz der beanspruchten Auslagen, eine Nettovergütung von 180 DM und Umsatzsteuererstattung auf beide Beträge zu. Mit ergänzendem Festsetzungsantrag schlüsselte der Zwangsverwalter das beanspruchte Nettopauschalhonorar von 3.000 DM nach einem Zeitaufwand von 20 Stunden zum Stundensatz von je 150 DM auf. Das AG erhöhte danach die Vergütung auf 20 Stunden zum Stundensatz von 60 DM nebst Erstattung der Umsatzsteuer unter Anrechnung der bereits festgesetzten niedrigeren Vergütung.

Auf seine Beschwerde setzte das LG die Vergütung des Zwangsverwalters mit 2.000 DM (20 Stunden zum Stundensatz von 100 DM) nebst Erstattung der Umsatzsteuer unter Anrechnung der bereits zuerkannten Beträge fest. Hierbei griff es auf die Kriterien für die Vergütung von Berufsbetreuern zurück und ging davon aus, dass sich die Zwangsverwaltung schwierig gestaltet habe.

Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Zwangsverwalter seinen Festsetzungsantrag in der anfänglichen Gesamthöhe von 3.694,34 DM (1.888,89 EUR) weiter. In der Begründung seines Rechtsmittels rügt er, dass der beanspruchte Stundensatz von 150 DM notwendig sei, um nur den Aufwand der abgerechneten Verwaltungstätigkeit einschließlich der allgemeinen Geschäftsunkosten im Rahmen seiner anwaltlichen Berufsausübung zu decken. Die vom Beschwerdegericht herangezogenen Grundsätze der Betreuervergütung seien für Zwangsverwaltungen nicht anwendbar.

II.

Die gem. § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 2 ZPO statthafte und nach § 575 ZPO auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt nach § 577 Abs. 4 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.

1. Gemäß § 153 Abs. 1 ZVG ist dem Zwangsverwalter eine Vergütung zu gewähren. Deren Berechnung bestimmt sich nach der Überleitungsvorschrift des § 25 der Zwangsverwalterverordnung (ZwVwG) v. 19.12.2003 (BGBl. I, 2804) noch auf der Grundlage der nach § 14 EGZVG (jetzt § 152a ZVG) erlassenen Verordnung über die Geschäftsführung und die Vergütung des Zwangsverwalters v. 16.2.1970 (BGBl. I, 185 - ZwVerwVO). § 23 Abs. 1 ZwVerwVO räumt dem Zwangsverwalter einen Vergütungsanspruch für seine Geschäftsführung, einen Anspruch auf Erstattung angemessener barer Auslagen und einen Anspruch auf Ersatz der darauf entfallenden Umsatzsteuer ein. Bei Grundstücken, die nicht durch Vermieten oder Verpachten genutzt werden, bestimmt sich die Vergütung gem. § 26 ZwVerwVO nach dem Umfang der Tätigkeit des Zwangsverwalters und den gezogenen Nutzungen. Der "Umfang der Tätigkeit des Zwangsverwalters" ist von den Beschwerdegerichten bisher regelmäßig nach dem Zeitaufwand festgestellt worden (vgl. LG Frankfurt/M. v. 18.4.1996 - 2-09 T 910/95, InVo 1996, 194; LG Gießen InVo 1999, 367; LG Göttingen v. 12.3.1999 - 6 T 317/96 (+), Rpfleger 1999, 456 [458]; LG Flensburg ZInsO 2001, 952 [956]). Dagegen bestehen keine rechtlichen Bedenken. Hinsichtlich des Stundensatzes hat sich unter Geltung von § 26 ZwVerwVO keine einheitliche Linie gebildet. Für einen zum Zwangsverwalter bestellten Rechtsanwalt - wie hier - wurden zwischen 60 DM (LG Gießen InVo 1999, 367; LG Göttingen v. 12.3.1999 - 6 T 317/96 (+), Rpfleger 1999, 456 [458]) und 250 DM (LG Hanau v. 21.3.2002 - 3 T 67/02, ZIP 2002, 679; LG Memmingen ZInsO 2001, 796) festgesetzt. In der Literatur wird ein Stundensatz von mindestens 100 EUR zzgl. Umsatzsteuer für angemessen gehalten (Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung, 2. Aufl., § 26 ZwVerwVO Rz. 5).

Einem durch gerichtlichen Akt bestellten Wahrer fremder Interessen, insbesondere einem Zwangsverwalter, darf kein unzumutbares Opfer abverlangt werden. Namentlich darf ihm ein finanzieller Ausgleich nicht versagt werden, weil ansonsten seine Berufsfreiheit (Art. 12 GG) beeinträchtigt sein kann (vgl. BVerfG v. 9.2.1989 - 1 BvR 1165/87, ZIP 1989, 382 [383] m. Anm. Eickmann; und Onusseit, EWiR 1989, 391 [392]; v. 12.12.2002 - IX ZB 39/02, BGHZ 152, 18 [24 f.]). Der finanzielle Ausgleich hat sich in der Regel an der Qualifikation des Verwalters zu orientieren, weil dieser im Umfang seiner Zwangsverwaltungstätigkeit gehindert ist, anderweitig seinem Beruf nachzugehen (LG Potsdam ZInsO 2002, 322; Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung, 2. Aufl., § 26 ZwVerwVO Rz. 5), jedenfalls soweit er gerade wegen seiner beruflichen Qualifikation zum Zwangsverwalter bestellt worden ist und diese für seine Aufgabe einsetzen musste. Im Übrigen würden ohne angemessene Vergütung geeignete Personen als Zwangsverwalter schwerlich in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen.

2. Die vom Beschwerdegericht in Anlehnung an andere Landgerichte (vgl. LG Leipzig v. 4.12.2000 - 12 T 4473/00 (+), Rpfleger 2001, 560; LG Frankfurt v. 21.5.2001 - 2-9 T 713/99, ZIP 2001, 1211) befürwortete Heranziehung betreuungsrechtlicher Vergütungsgrundsätze genügt dem vorgenannten Maßstab nicht. Die Richtlinienfunktion der vom Gesetzgeber in § 1 BVormVG getroffenen Regelung auch für die Vergütung von Berufsbetreuern bemittelter Betreuter nach § 1836 Abs. 2 S. 2 BGB (vgl. dazu BGH v. 31.8.2000 - XII ZB 217/99, BGHZ 145, 104 [113 ff.] = MDR 2001, 91) würde eine Herabsetzung der Zwangsverwaltervergütungen bewirken, die der andersartigen Tätigkeit dieses Amtes nicht gerecht wird. Für eine solche, nicht hinzunehmende Folge spricht insbesondere auch die mit § 19 Abs. 1 ZwVwV angeordnete Stundensatzvergütung von mindestens 35 EUR und höchstens 95 EUR. Bereits aus diesem Grunde kann die Beschwerdeentscheidung nicht bestehen bleiben.

3. Das Beschwerdegericht wird nach der Zurückverweisung mithin erneut zu prüfen haben, ob dem Zwangsverwalter hier nach der Art seiner erforderlichen Tätigkeit im Abrechnungszeitraum der beanspruchte Stundensatz von 150 DM gem. § 26 ZwVerwVO zusteht. Hierbei kann es sich an dem Vergütungsrahmen des § 19 Abs. 1 ZwVwV orientieren; denn die dieser Bestimmung zu Grunde liegenden generell-abstrakten Bemessungsgrößen können innerhalb der genannten Zeitspanne angesichts der weitestgehend unveränderten Verhältnisse auch schon für die Jahre 2000 bis 2003 Geltung beanspruchen.

Die Höhe der Vergütung innerhalb dieses Rahmens ist dann im Einzelfall entsprechend § 17 Abs. 1 S. 2 ZwVwV an der Art und dem Umfang der Aufgabe sowie an der Leistung des Zwangsverwalters auszurichten. Dabei ist der Mindestsatz von 35 EUR in Betracht zu ziehen, wenn die Verwaltungstätigkeit ganz überwiegend aus einfachen Aufgaben besteht, die hauptsächlich von Mitarbeitern und Hilfskräften erledigt werden können. Ein solcher Sachverhalt hat nach den bisher getroffenen Feststellungen des Beschwerdegerichts hier nicht vorgelegen. Der - vom Zwangsverwalter mit seinem Vergütungsantrag nicht geforderte - Höchstsatz von 95 EUR würde voraussetzen, dass er ganz überwiegend für die Verwaltungstätigkeit im Abrechnungszeitraum seine berufliche Qualifikation als Rechtsanwalt genutzt hat (vgl. die Begründung des Bundesjustizministeriums zur Zwangsverwalterverordnung, BR-Drucks. 842/03, 16 f.). Das war nach den besonderen bauordnungsrechtlichen Gegebenheiten des verwalteten Grundstücks und wegen Überprüfung der Grundsteuerpflicht hier in Teilen der Fall, dürfte andererseits aber nicht für den Teil der Tätigkeit gelten, mit welcher der Zwangsverwalter nur bauliche Sicherungsmaßnahmen durch beauftragte Handwerker veranlasst hat. Eine abschließende Gesamtbewertung aller Umstände des Einzelfalls für die Bemessung der Vergütung, zu denen auch noch weiterer Sachvortrag der Beteiligten in Betracht kommt, muss hier dem Tatrichter vorbehalten bleiben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1128776

NWB 2004, 1496

BGHR 2004, 922

EBE/BGH 2004, 2

EWiR 2004, 727

NZM 2004, 472

WM 2004, 840

ZIP 2004, 971

ZfIR 2004, 487

InVo 2004, 252

MDR 2004, 773

NZI 2004, 399

Rpfleger 2004, 367

ZInsO 2004, 382

NJW-Spezial 2004, 53

RVG-B 2004, 36

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