Leitsatz (amtlich)

a) Zur Frage der Zulässigkeit einer Vorlage an den Bundesgerichtshof gemäß § 28 Abs. 2 FGG im Falle abtrennbarer Teile eines teilbaren Verfahrensgegenstandes.

b) Zur Höhe des Vergütungsanspruchs eines Betreuungsvereins für die Wahrnehmung der Betreuung eines vermögenden Betroffenen durch einen Vereinsbetreuer, insbesondere zur Frage des Einbezugs allgemeiner Verwaltungskosten nach § 1908 e Abs. 1 Satz 2 BGB.

 

Normenkette

FGG § 28 Abs. 2; BGB § 1908e Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 1836 Abs. 1 S. 2 und 3 F. vom 12. September 1990

 

Verfahrensgang

OLG Düsseldorf (Urteil vom 18.03.1997; Aktenzeichen 25 Wx37/96)

LG Duisburg (Urteil vom 12.04.1996; Aktenzeichen 22 T 60/96)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß der 22. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 12. April 1996 wird zurückgewiesen, soweit es die Vergütung für den Zeitraum 1. Juli bis 15. November 1995 betrifft.

Im übrigen wird die Sache an das Oberlandesgericht zur Behandlung und Entscheidung in eigener Zuständigkeit, auch über die Kosten der weiteren Beschwerde, zurückgegeben.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht bestellte für den inzwischen am 15. November 1995 verstorbenen Betroffenen einen Mitarbeiter des beschwerdeführenden Betreuungsvereins (im folgenden: Verein) zum Betreuer. Der Verein beantragte neben der Erstattung von Auslagen, die nicht mehr Gegenstand des Verfahrens sind, für die Zeit vom 1. Juli bis 28. November 1995 eine Betreuungsvergütung von 200 DM je Stunde für aufgerundet 63 Stunden, insgesamt 12.600 DM, zahlbar aus dem Vermögen des Betreuten. Das Amtsgericht bewilligte für die Zeit vom 1. Juli bis 15. November 1995, also bis zum Tod des Betreuten, eine Vergütung von insgesamt 2.808,33 DM, was bei einem errechneten Zeitaufwand von 3370 Minuten (= 56,17 Stunden) einem Stundensatz von 50 DM entspricht. Im übrigen wies es den Antrag zurück.

Auf die als Beschwerde behandelte Erinnerung des Vereins änderte das Landgericht die Entscheidung des Amtsgerichts ab und bewilligte für die Zeit vom 1. Juli bis 15. November 1995 eine Vergütung von insgesamt 4.212,75 DM, was einem Stundensatz von 75 DM entspricht. Eine pauschale Aufrundung der Stundenzahl hat es wie das Amtsgericht abgelehnt.

Mit der weiteren Beschwerde verfolgt der Verein sein Begehren weiter. Das Oberlandesgericht hat die Sache gemäß § 28 Abs. 2 FGG dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt (Beschluß veröffentlicht in FamRZ 1997, 767). Es möchte von der Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 1. Februar 1995 (FamRZ 1995, 692 ff.) und der Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 20. Juli 1995 (BtPrax 1995, 183) abweichen, die zwar die „konkreten Personalkosten oder konkreten allgemeinen Verwaltungskosten” des Betreuungsvereins außer acht lassen, aber den Vergütungsanspruch eines Betreuungsvereins nach denselben Maßstäben wie bei einem selbständigen Berufsbetreuer bemessen und in die Berechnung des Stundensatzes allgemeine Kosten einbeziehen, die üblicherweise für ein Büro mittleren Zuschnitts aufgewendet werden. Demgegenüber will das vorlegende Oberlandesgericht Bürokosten unberücksichtigt lassen, weil es sie als allgemeine Verwaltungskosten ansieht, die nach seiner Auffassung nach der ausdrücklichen Regelung des § 1908 e Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 1836 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung nicht ersetzt werden sollen.

II.

1. Hinsichtlich der Vergütung bis zum Tod des Betroffenen ist die Vorlage gemäß § 28 Abs. 2 FGG zulässig.

Der Umstand, daß das Oberlandesgericht die Entscheidung des Landgerichts im Ergebnis bestätigen will, steht dem nicht entgegen. Das Landgericht hat – ebenso wie das Bayerische Oberste Landesgericht und das Oberlandesgericht Frankfurt am Main – in seine Schätzung des Stundensatzes zwar nicht den allgemeinen Verwaltungskostenaufwand des Betreuungsvereins, wohl aber fiktive Verwaltungskosten einfließen lassen, die üblicherweise in angemessenem Umfang bei der Tätigkeit eines selbständigen Berufsbetreuers anfallen und die es mit ca. 10 DM pro Stunde angenommen hat. Grundlage seiner Schätzung waren im übrigen die vom Betreuungsverein angegebenen Personalkosten für einen angestellten Betreuer in Höhe von jährlich 98.500 DM, jedoch gekürzt um die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung, weil diese nach Auffassung des Landgerichts bei einem vergleichbaren selbständigen Berufsbetreuer nicht anfielen. Auf der Basis von 1200 Stunden jährlicher Arbeitszeit hat es – einschließlich der Verwaltungskosten – 75 DM pro Stunde als angemessene Vergütung angenommen.

Das Oberlandesgericht ist der Auffassung, daß ein höherer Stundensatz im Ergebnis nicht in Betracht kommt. Anders als das Landgericht läßt es aber fiktive Verwaltungskosten unberücksichtigt und legt seiner Berechnung die Personalkosten von 98.500 DM ohne Abzug des Arbeitgeberanteils zur Sozialversicherung sowie eine umsatzerzeugende Jahresarbeitszeit von rund 1340 Stunden zugrunde (98.500 DM: 1340 Stunden = 73,20 DM). Würde es der Rechtsauffassung des Bayerischen Obersten Landesgerichts (aaO S. 694, 695) folgen und neben den Personalkosten auch fiktive Verwaltungskosten im üblichen Umfang berücksichtigen, müßte es auf der Grundlage seiner Berechnung zu einem höheren Stundensatz als das Landgericht gelangen. Damit ist, ausgehend von der rechtlichen Beurteilung des vorlegenden Oberlandesgerichts hinsichtlich der strittigen Rechtsfrage zu § 1908 e Abs. 1 Satz 2 BGB, eine Abweichung von der Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts und der des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main gegeben (vgl. Keidel/Kunze/Kahl FGG 14. Aufl. § 28 Rdn. 32 m.w.N.).

Die Zuständigkeit des Bundesgerichtshofs entfällt auch nicht etwa deshalb, weil die Rechtsfrage, die zur Vorlage genötigt hat, durch eine zwischenzeitliche Gesetzesänderung ihre Bedeutung verloren hätte (vgl. BGHZ 15, 207 ff.). Zwar ist die Entscheidung des Landgerichts auf der Grundlage der §§ 1836 Abs. 1 und 2, 1908 e Abs. 1 BGB in der bis zum 31. Dezember 1998 gültigen Fassung des Betreuungsgesetzes vom 12. September 1990 (BGBl. I 2002 f.) ergangen, die durch das ab 1. Januar 1999 in Kraft getretene Betreuungsrechtsänderungsgesetz (im folgenden: BtÄndG) vom 25. Juni 1998 (BGBl. I S. 1580) geändert wurden. Die neue Fassung hat indes keine zweifelsfreie Klärung der hier anstehenden Rechtsfrage erbracht (vgl. BGHZ 18, 300 ff.). Auch enthält das Änderungsgesetz keine Übergangsvorschriften für in der Vergangenheit liegende Sachverhalte, die sich somit noch nach altem Recht richten.

2. Soweit sich die weitere Beschwerde gegen die Versagung der weitergehenden Vergütungsansprüche für die Tätigkeit des Betreuers nach dem Tod des Betroffenen richtet, ist die Vorlage unzulässig.

Insoweit hat sich das Oberlandesgericht nicht durch die vorgenannte abweichende Rechtsauffassung an einer Entscheidung gehindert gesehen. Vielmehr hat es insofern die Voraussetzungen für eine Vergütung überhaupt verneint, weil der Betreuer nicht in Fortführung unaufschiebbarer Geschäfte für den Betroffenen, sondern als Bevollmächtigter der Erben tätig geworden sei, und von einer entsprechenden Teilentscheidung lediglich aus Zweckmäßigkeitsgründen abgesehen. Das vermag die Vorlage jedoch nicht zu rechtfertigen. Der Bundesgerichtshof ist für die Entscheidung über die weitere Beschwerde zuständig, soweit die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 und 3 FGG erfüllt sind. Nur insoweit hat er anstelle des vorlegenden Gerichts den Verfahrensgegenstand zu erledigen. Sind die Vorlagevoraussetzungen nach der Beurteilung des vorlegenden Gerichts nur hinsichtlich eines Teiles des Verfahrensgegenstandes gegeben und ist es befugt, hinsichtlich des übrigen Teiles eine dem Teilurteil des § 301 ZPO entsprechende Teilendentscheidung zu erlassen (vgl. BGH, Beschluß vom 30. Juni 1958 – VII ZB 10/58 – NJW 1958, 1540; Jansen FGG 2. Aufl. Rdn. 63 vor § 8), so hat es die Vorlage entsprechend zu beschränken. Ebensowenig wie es die Aufgabe des Bundesgerichtshofs ist, im Rahmen von § 28 Abs. 3 FGG selbständige andere Verfahrensgegenstände mitzuerledigen, die nur im Wege einer Verfahrensverbindung von der weiteren Beschwerde erfaßt werden (BGH, Beschluß vom 24. Januar 1985 – V ZB 5/84 – NJW 1985, 3070, 3071), hat er über abtrennbare Teile eines teilbaren Verfahrensgegenstandes zu entscheiden, für die die zur Vorlage verpflichtende Rechtsfrage nach der Beurteilung des vorlegenden Gerichts unerheblich ist.

Hiernach ist die Sache insoweit an das Oberlandesgericht zur Behandlung und Entscheidung in eigener Zuständigkeit zurückzugeben, als es um die vom Beschwerdeführer weiterverfolgte Vergütung für die Zeit nach dem 15. November 1995 geht.

III.

Soweit die weitere Beschwerde hiernach der Beurteilung und Entscheidung des Senats unterliegt, erweist sie sich als unbegründet.

1. Nach der hier anzuwendenden, bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung der §§ 1835 ff. BGB wurden Vormundschaften grundsätzlich unentgeltlich geführt (§ 1836 Abs. 1 Satz 1 BGB). Jedoch konnte das Vormundschaftsgericht dem Vormund eine angemessene Vergütung bewilligen, wenn das Mündelvermögen sowie Umfang und Bedeutung der Geschäfte dies rechtfertigten (§ 1836 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB). Nach Absatz 2 der Vorschrift war eine Vergütung auch ohne diese Voraussetzungen zu bewilligen, wenn jemandem Vormundschaften in größerem Umfang übertragen wurden, so daß er sie nur im Rahmen seiner Berufsausübung führen konnte. Der Höhe nach richtete sich diese Vergütung nach der Zeugenentschädigung und konnte – bei Vorliegen außergewöhnlich erschwerter Umstände – auf maximal das 5-fache erhöht werden (Abs. 2 Satz 2 und 3 der Vorschrift). Bei Mittellosigkeit des Mündels richtete sich dieser Anspruch gegen die Staatskasse (Abs. 2 Satz 4 der Vorschrift). Jugendämtern oder Vereinen wurde keine Vergütung bewilligt (Abs. 4 der Vorschrift). Auch erhielten sie Aufwendungsersatz nur bei ausreichendem Mündelvermögen. Allgemeine Verwaltungskosten einschließlich Versicherungskosten wurden ihnen nicht ersetzt (§ 1835 Abs. 5 Satz 1 und 2 BGB).

Diese für Vormundschaften über Minderjährige geltenden Regelungen erklärte die Vorschrift des § 1908 i Abs. 1 BGB auch für die rechtliche Betreuung Volljähriger (nach §§ 1896 ff. BGB) für sinngemäß anwendbar, soweit nicht Sonderregelungen getroffen waren. Eine solche, von den Einschränkungen der §§ 1835 Abs. 5 und 1836 Abs. 4 BGB teilweise abweichende Sonderregelung (vgl. BT-Drucks. 11/4528 S. 101 und Seitz BtPrax 1992, 82, 84) enthielt § 1908 e Abs. 1 BGB. Danach konnte ein Verein, wenn er nicht als solcher (§ 1900 Abs. 1 BGB), sondern einer seiner Mitarbeiter als Vereinsbetreuer bestellt wurde (§ 1897 Abs. 2 Satz 1 BGB), Ersatz für Aufwendungen nach § 1835 Abs. 1 und 4 BGB und eine Vergütung nach § 1836 Abs. 1 Satz 2 und 3 und Abs. 2 BGB verlangen (§ 1908 e Abs. 1 Satz 1 BGB). Allgemeine Verwaltungskosten wurden ihm allerdings nicht ersetzt (Satz 2 der Vorschrift). Dem Vereinsbetreuer selbst stand weder Aufwendungsersatz noch eine Vergütung zu (§ 1908 e Abs. 2 BGB), da er als Mitarbeiter des Vereins von diesem bezahlt und sachlich ausgestattet wird. Der Gesetzgeber hat es deshalb für diese Fälle als folgerichtig angesehen, die Vergütung nach § 1836 Abs. 1 BGB (bei Betreuten mit ausreichendem Vermögen) anstelle des Vereinsbetreuers dem Verein zukommen zu lassen (BT-Drucks. 11/4528 S. 157). Bei mittellosen Betreuten war dem Verein gemäß § 1836 Abs. 2 BGB aus der Staatskasse eine Vergütung zu bewilligen, die der Höhe nach begrenzt wurde. Die Vergütungsmöglichkeit sollte zugleich Anreiz für den Verein sein, die Mindestanforderungen für die Anerkennung als Betreuungsverein gemäß § 1908 f BGB zu erfüllen, insbesondere ausreichend geeignete Mitarbeiter einzustellen, zu beaufsichtigen und weiter zu bilden (BT-Drucks. aaO S. 101). Wurde dagegen der Verein als solcher gemäß § 1900 Abs. 1 BGB zum Betreuer bestellt, verblieb es bei der Grundregelung der §§ 1835 Abs. 5, 1836 Abs. 4 BGB, daß ihm keine Vergütung und ein Aufwendungsersatz nur insoweit zustand, als das Vermögen des Betreuten ausreichte.

2. Das Bayerische Oberste Landesgericht (aaO S. 693) und ihm folgend das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (aaO) ziehen aus dem Umstand, daß der Verein hinsichtlich des Vergütungsanspruchs gleichsam an die Stelle des Vereinsbetreuers tritt, den Schluß, daß dem Verein der Vergütungsanspruch dem Grunde und der Höhe nach so zustehe, wie er dem Vereinsbetreuer selbst zustünde, wenn er selbständig, also unabhängig vom Verein, tätig gewesen wäre. Für die Höhe der Vergütung sei daher auf die Faktoren abzustellen, nach denen sich die Vergütung eines selbständigen Berufsbetreuers bemesse, also auf die berufliche Qualifikation, übliche Honorare, ferner die vom Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 1. Juli 1980 (BVerfGE 54, 251 ff.) für den (anwaltlichen) Berufsvormund genannten anteiligen Bürokosten und den Zeitaufwand. Dabei komme es allerdings nicht auf die konkret entstandenen Bürokosten des Betreuers an, zumal der Vereinsbetreuer ohnehin kein eigenes Büro unterhalte, sondern auf die fiktiven Kosten, die Berufsbetreuer üblicherweise für ein Büro mittleren Zuschnitts aufwendeten.

3. Dem vermag sich der Senat nicht anzuschließen.

a) Bereits der Schluß, daß dem Verein bei Entsendung eines Vereinsbetreuers dieselben Vergütungssätze zustehen müßten, wie wenn dieser als selbständiger Berufsbetreuer mit einem eigenen Büro tätig geworden wäre, ist nicht zwingend. Die Situation eines Vereinsbetreuers ist mit der eines freiberuflich tätigen Berufsbetreuers nicht vergleichbar. Im Unterschied zum selbständigen Berufsbetreuer entstehen dem Vereinsbetreuer in der Regel keine eigenen Bürokosten in Form von Miete, Nebenkosten, Kosten für Reinigungskräfte und sonstiges Hilfspersonal, Anschaffungs- und Wartungskosten von technischen Geräten, Büroeinrichtung und ähnlichem; vielmehr wird sein Raum- und Sachmittelbedarf – wie das Bayerische Oberste Landesgericht insoweit gleichfalls sieht – vom Verein gedeckt. Daher sind auch die vom Bundesverfassungsgericht (aaO S. 269 ff.) seinerzeit gesetzten Vorgaben für den selbständigen Berufsbetreuer auf den Vereinsbetreuer nicht ohne weiteres übertragbar. Das Bundesverfassungsgericht hatte einem Rechtsanwalt, dem vom Vormundschaftsgericht in großem Umfange Vormundschaften und Pflegschaften über mittellose Personen übertragen wurden und der die damit verbundenen Aufgaben nur als Teil seiner Berufsausübung wahrnehmen konnte, in verfassungskonformer Auslegung des § 1835 Abs. 2 und Abs. 3 BGB in der noch vor Einführung des Betreuungsgesetzes geltenden Fassung als Aufwendungen, die aus der Staatskasse zu erstatten seien, auch ein Entgelt für den Zeitaufwand und anteilige Bürokosten zugebilligt. Denn die damalige, vor der Änderung durch das Betreuungsgesetz von 1990 geltende Gesetzesfassung sah bei mittellosen Mündeln keine Vergütung vor, sondern lediglich die Erstattung von Aufwendungen im Sinne des § 1835 Abs. 1 und Abs. 3 a.F. i.V.m. § 670 BGB, die aus damaliger Sicht den Zeitaufwand und allgemeine Bürokosten nicht umfaßten. Das Bundesverfassungsgericht hielt es hier für geboten, gemäß Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 GG den Grundsatz der Unentgeltlichkeit der Führung von Vormundschaften zu durchbrechen, da der Staat für Aufgaben, deren ordentliche Wahrnehmung im öffentlichen Interesse liege, nicht Einzelpersonen beruflich in großem Umfang in Anspruch nehmen könne, ohne sie für dieses Sonderopfer angemessen zu entschädigen (aaO S. 271). Diese Ausführungen sind zugeschnitten auf den Fall eines selbständigen Berufsvormundes, der ein eigenes Büro unterhält und dem aus seiner Tätigkeit entsprechende Kosten entstehen. Der Gesetzgeber des Betreuungsgesetzes von 1990 hat diese Vorgaben bei der Änderung des § 1836 Abs. 2 BGB umgesetzt und bestimmt, daß in Fällen der Übertragung zahlreicher Vormundschaften eine Vergütung auch dann zu bewilligen ist, wenn die Voraussetzungen des § 1836 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB (insbesondere bei Mittellosigkeit des Mündels) nicht vorliegen. Zugleich hat er die Höhe dieser Vergütung entsprechend der Zeugenentschädigung nach oben begrenzt und dazu ausgeführt, daß in diesen Sätzen anteilige Bürokosten und Zeitaufwand bereits abgegolten seien (BT-Drucks. 11/4528 S. 111, 112).

b) Für den Fall der Bestellung eines von einem Betreuungsverein gestellten Betreuers hat der Gesetzgeber demgegenüber eine Sonderregelung getroffen. Er hat zwar in § 1908 e Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Vergütungsregelung des § 1836 Abs. 1 Satz 2 und 3 und Abs. 2 BGB verwiesen. Er hat aber in § 1908 e Abs. 1 Satz 2 BGB ausdrücklich bestimmt, daß allgemeine Verwaltungskosten nicht ersetzt werden, und dabei nicht zwischen Aufwendungsersatz und Vergütung unterschieden. Er hat diese Regelung damit begründet, daß sich diese Kosten zum einen nicht auf einzelne Betreuungsfälle umrechnen ließen, zum anderen die Vereine auch Spenden und globale Zuschüsse (aus Landes-, Kommunal- und Kirchenmitteln sowie von Privatpersonen) erhielten, durch die ein Teil ihrer laufenden Kosten abgedeckt werde (BT-Drucks. 11/4528 S. 157). Unter allgemeinen Verwaltungskosten werden generell – auch von den Vertretern der Gegenmeinung – die zur Betreuungsarbeit des Vereins allgemein notwendigen, nicht auf die konkrete Betreuung einzelner Betroffener bezogenen Kosten für Betrieb und Unterhaltung des Büros (Miete und Nebenkosten, Sach- und Personalkosten für Reinigung, Einrichtung, Anschaffung und Unterhaltung von Telefon-, Kopieranlagen und anderen technischen Geräten, Schreibmittel und ähnliches) verstanden (vgl. Deinert NDV 1992, S. 56, 58). Daß sich § 1908 e Abs. 1 Satz 2 BGB lediglich auf den Aufwendungsersatz nach § 1835 BGB, nicht aber auf die Vergütung nach § 1836 BGB beziehen soll (so aber wohl Knittel Betreuungsgesetz 1992 Bd. I § 1908 e IV Rdn. 3 und 8; ihm folgend Staudinger/Bienwald BGB 12. Aufl. 1994, § 1908 e Rdn. 7), so daß diese allgemeinen Kosten zwar nicht im Rahmen des Aufwendungsersatzes nach § 1835 Abs. 1 BGB, wohl aber im Rahmen der Vergütung nach § 1836 BGB anteilig erstattungsfähig sein sollen, ist weder dem Wortlaut noch dem aus der Entstehungsgeschichte abzuleitenden Willen des Gesetzgebers zu entnehmen. Zweifel an dieser Auffassung bestehen schon deshalb, weil sich allgemeine Verwaltungskosten und allgemeine Bürokosten schon begrifflich nicht unterscheiden lassen. Die vom Bayerischen Obersten Landesgericht in seiner Entscheidung vom 1. Februar 1995 (aaO S. 693) getroffene Differenzierung dürfte auch in der praktischen Handhabung auf Schwierigkeiten stoßen. Da im übrigen unter Aufwendungen im Sinne des § 670 BGB, auf den § 1835 BGB verweist, ohnehin nur die konkret im Einzelfall entstehenden und auch nachweisbaren Kosten zu verstehen sind (vgl. MünchKomm/Seiler 3. Aufl. BGB § 670 Rdn. 6; Palandt/Sprau BGB 59. Aufl. § 670 Rdn. 2), hätte es des § 1908 e Abs. 1 Satz 2 BGB nicht bedurft, um die allgemeinen Verwaltungskosten aus dem Anwendungsbereich der erstattungsfähigen Aufwendungen herauszunehmen. Satz 2 der Regelung hat daher einen weitergehenden Inhalt, indem er sich auch auf die Vergütung bezieht und klarstellt, daß auch in diesem Rahmen eine Erstattung allgemeiner Verwaltungskosten ausscheidet.

c) Eine andere Auslegung liefe auch dem Schutz des Betreuten zuwider. Denn für ihn macht es im Ergebnis keinen Unterschied, ob er anteilige Verwaltungskosten des Vereins als Aufwendungsersatz oder im Rahmen der Vergütung mitbezahlen muß. Aus der Entstehungsgeschichte ergibt sich nicht, daß der Gesetzgeber ein solches Ergebnis gewollt hat. Da die Vereine und die hinter ihnen stehenden Organisationen ihre Verwaltung häufig auch nicht ausschließlich für Betreuungsfälle, sondern für ein breites Spektrum von Aufgaben der Wohlfahrtspflege, sozialen Fürsorge und humanitären Hilfe, zum Teil auch im Ausland, vorhalten, wäre es auch sachlich nicht gerechtfertigt, die Betreuten diese Kosten, die sich haushaltsmäßig nicht trennen lassen, mittragen zu lassen (vgl. BT-Drucks. 11/4528 S. 157).

Daß der Schutz des betroffenen Betreuten vor einer sachlich nicht gerechtfertigten finanziellen Inanspruchnahme bereits ein grundsätzliches Anliegen des Betreuungsgesetzgebers von 1990 war, hat das Bundesverfassungsgericht im übrigen in seiner Entscheidung vom 15. Dezember 1999 (1 BvR 1904/95 u.a. – FamRZ 2000, 345, 346 –) betont. Es hat ausgeführt, daß zwar die angemessene Vergütung geeignete Personen zur berufsmäßigen Übernahme von Betreuungen motivieren solle, andererseits aber nicht so hoch sein dürfe, daß das Vermögen der Betreuten alsbald aufgezehrt werde oder – bei Mittellosigkeit der Betreuten – die Staatskasse übermäßig belastet werde. Es solle zugleich möglich bleiben, Personen zur ehrenamtlichen Betreuung – nur gegen Aufwendungsersatz – zu gewinnen und zu vermeiden, daß die Betreuten, die sich in schwieriger, oft nicht mehr selbstbestimmter Lage befinden und daher häufig auf alle Konditionen eingehen, nur um die Betreuung sicherzustellen, zum Opfer überhöhten Gewinnstrebens werden. Unter Hinweis auf die Gebührenordnungen anderer Berufe (z.B. Steuerberater, Architekten, Ingenieure, technische Zeichner) hat das Bundesverfassungsgericht die Begrenzung der Stundensätze und die Auswahl der Eckdaten aus der Zeugenentschädigung in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung der §§ 1835 ff., insbesondere des § 1836 Abs. 2 BGB als angemessene, auch die Interessen der Berufsgruppen der Betreuer hinreichend wahrende Regelung angesehen (aaO S. 347).

Die durch das Betreuungsgesetz 1990 getroffene einschränkende Regelung der Berufsbetreuervergütung in § 1836 Abs. 2 BGB ist im übrigen auch nicht ohne Rückwirkung auf die Vergütung nach § 1836 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB bei vermögenden Betreuten geblieben. Ein Teil der Rechtsprechung und Literatur (vgl. Nachweise, auch zur Gegenmeinung, bei Bauer/Birk/Rink Heidelberger Kommentar Betreuungs- und Unterbringungsrecht 1994, §§ 1835 bis 1836 a BGB Rdn. 70 ff., 73, 75) hat die Auffassung vertreten, daß die in § 1836 Abs. 2 BGB genannten Stundensätze nach § 2 Abs. 2 ZSEG auch für die Vergütung nach § 1836 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB bei vermögenden Betreuten bestimmend, jedenfalls aber als Orientierungshilfe heranzuziehen seien. Der Gesetzgeber des Betreuungsrechtsänderungsgesetzes vom 25. Juni 1998 (BtÄndG BGBl. I 1580) hat mit der ab 1. Januar 1999 geltenden Neuregelung diesen Gedanken aufgegriffen. Zwar bestimmt § 1836 Abs. 2 Satz 2 n.F. BGB für die Betreuung vermögender Personen durch Berufsbetreuer keine festen Vergütungssätze, sondern legt nur fest, daß sich die Höhe der Vergütung nach den für die Führung der Betreuung nutzbaren Fachkenntnissen des Betreuers sowie nach Umfang und Schwierigkeit der Geschäfte richtet. Jedoch bestimmt sich die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung bei mittellosen Personen nach dem Gesetz über die Vergütung von Berufsvormündern (– BVormVG – Art. 2 a des BtÄndG vom 25. Juni 1998, BGBl. I S. 1586 i.V.m. § 1836 a n.F. BGB), welches Stundensätze von 35 DM bis maximal 60 DM vorschreibt. In der Begründung (BT-Drucks. 13/7158 S. 27; vgl. auch Wagenitz/Engers FamRZ 1998, 1273, 1275) heißt es dazu, daß diese Vergütungssätze, auch wenn sie unmittelbar nur für die Fälle gelten, in denen der Mündel mittellos und die Vergütung deshalb aus der Staatskasse zu gewähren ist, den Gerichten eine Orientierungshilfe für die Festsetzung der Vergütung eines Berufsvormundes auch in Fällen vermögender Mündel bieten.

4. Damit können die fiktiven Büro- oder Verwaltungskosten eines selbständigen Berufsbetreuers bei der Bemessung der hier beanspruchten Vergütung entgegen der Ansicht des Landgerichts keine Berücksichtigung finden. Eine Herabsetzung der landgerichtlichen Bemessung aus diesem Grunde scheidet jedoch aus, weil der Senat wegen des hier zu beachtenden Verbotes der Schlechterstellung (vgl. Keidel/Kahl aaO § 19 Rdn. 117 m.N.) an einer Abänderung der angefochtenen Entscheidung zum Nachteil des Beschwerdeführers gehindert ist. Daß das Landgericht die Vergütung im übrigen auf der Grundlage des – vom Beschwerdeführer angegebenen – jährlichen Bruttolohns eines Betreuers in Höhe von 98.500 DM bemessen hat, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Dieser Berechnungsansatz entsprach nach altem Recht einer verbreiteten Praxis der Instanzgerichte bei der Ausübung ihres Schätzungsermessens analog § 287 ZPO (vgl. BayObLG FamRZ 1995 aaO S. 694 m.w.N.). Ob er sich in allen denkbaren Betreuungsfällen als tauglich erweist, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Wie bereits das Oberlandesgericht zutreffend dargelegt hat, sind von dem zugrunde gelegten Bruttolohn allerdings die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung nicht abzuziehen, da sie zum Personalaufwand gehören. Zu einer Erhöhung der Vergütung führt das aber nicht. Vielmehr ist die insoweit maßgebliche durchschnittliche jährliche Stundenzahl entsprechend den Erwägungen des Oberlandesgerichts, die ebenfalls auf einem Schätzungsermessen beruhen und die sich der Senat zu eigen macht, abweichend von der Auffassung des Landgerichts nach der umsatzerzeugenden Arbeitszeit mit ca. 1340 bis 1346 Stunden anzusetzen, so daß die zugrunde gelegten Bruttolohnkosten jedenfalls keinen höheren Stundensatz als 75 DM ergeben, die der vom Landgericht angesetzten, fiktive Verwaltungskosten einschließenden Vergütung pro Stunde entsprechen.

Andere Gesichtspunkte, aus denen sich eine höhere Vergütung ergeben könnte, sind nicht ersichtlich. Daß das Landgericht die genaue Höhe des Vermögens des Betroffenen nicht festgestellt hat, ist unerheblich. Denn die Höhe des Vermögens allein rechtfertigt jedenfalls keine höhere Vergütung. Das Vermögen ist nur insoweit maßgebend, als es die Bezahlung der im übrigen als angemessen ermittelten Vergütung ermöglichen muß (BayObLG Rpfl. 1987, 67, 68). Keinesfalls kann es dem Beschwerdeführer – wie er meint – dazu dienen, im Rahmen einer Mischkalkulation Verluste bei mittellosen oder weniger vermögenden Betreuten auszugleichen. Dem Gesetz ist der Gedanke fremd, daß vermögende Mündel mittelbar für Betreuungen mittelloser Mündel aufkommen müssen (BVerfGE 54, aaO S. 272; siehe auch BayObLG FamRZ 1995 aaO S. 694). Jeder Betreute hat nur die durch seine Betreuung verursachten Kosten zu zahlen. Eine Erhöhung der Vergütung könnte sich damit allenfalls aus Umfang und Bedeutung der Geschäfte und ihrem Schwierigkeitsgrad ergeben (vgl. MünchKomm/Schwab aaO § 1836 Rdn. 11). Dazu hat der Verband jedoch nichts vorgetragen, so daß seiner weiteren Beschwerde auch insoweit kein Erfolg beschieden ist.

 

Unterschriften

Blumenröhr, Hahne, Sprick, Weber-Monecke, Wagenitz

 

Fundstellen

Haufe-Index 511111

NJW 2000, 3712

FamRZ 2000, 1566

Nachschlagewerk BGH

BtPrax 2000, 256

MDR 2000, 1437

Rpfleger 2001, 25

MittRKKöln 2001, 61

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