1 Was genau versteht man unter einer baulichen Veränderung?

Alle Maßnahmen, die über die Erhaltung, also die Instandhaltung und Instandsetzung, des Gemeinschaftseigentums und des Sondereigentums hinausgehen, stellen bauliche Veränderungen dar. Da das WEG seit Inkrafttreten des WEMoG keine Modernisierungen mehr kennt, stellen auch derartige bauliche Veränderungen dar. Unterschieden werden die Vornahmemaßnahmen, also die baulichen Veränderungen, die durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durchgeführt werden und die Gestattungsmaßnahmen, die die bauwilligen Wohnungseigentümer durchführen.

2 Müssen bauliche Veränderungen beschlossen werden?

Jede Maßnahme der baulichen Veränderung bedarf einer Beschlussfassung. Es kommt insbesondere nicht darauf an, ob einzelne Wohnungseigentümer durch die Maßnahme beeinträchtigt werden. Auch wenn keiner der Wohnungseigentümer durch die bauliche Veränderung beeinträchtigt wird, bedarf es zwingend einer Beschlussfassung.

3 Wenn jede bauliche Veränderung eines Gestattungsbeschlusses bedarf, muss dann auch den Wohnungseigentümern gestattet werden, Dübellöcher in tragende Wände bohren zu dürfen?

Das ist nicht erforderlich. Derart innerhalb des räumlichen Bereichs des Sondereigentums übliche Veränderungen des dort befindlichen gemeinschaftlichen Eigentums können ohne Weiteres als gestattet angesehen werden.

4 Haben die Wohnungseigentümer Anspruch auf Vornahme einer baulichen Veränderung?

Nach § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG haben die Wohnungseigentümer Anspruch auf Gestattung von Maßnahmen der baulichen Veränderung, die der Barrierefreiheit, dem Laden von E-Mobilen, dem Einbruchsschutz und dem Anschluss an das Glasfasernetz dienen (privilegierte bauliche Veränderungen). Nach § 20 Abs. 3 WEG haben sie einen Anspruch auf eine bauliche Veränderung, die nicht mit Nachteilen für andere Wohnungseigentümer verbunden sind oder aber etwa benachteiligte Wohnungseigentümer ihr Einverständnis mit der baulichen Veränderung erklärt haben. Stets aber muss der bauwillige Wohnungseigentümer einen entsprechenden Gestattungsbeschluss herbeiführen. Er hat also nur einen Anspruch auf Beschlussfassung, nicht aber auf Vornahme der baulichen Veränderung ohne Beschluss.

5 Wenn ein Anspruch auf Gestattung einer privilegierten baulichen Veränderung besteht, entscheidet dann der bauwillige Wohnungseigentümer über die Durchführung der Maßnahme?

Im Fall der privilegierten baulichen Veränderungen sind stets das "Ob" und das "Wie" der Maßnahme zu unterscheiden. In aller Regel ist das Ermessen der Wohnungseigentümer bei der Beschlussfassung bezüglich des "Ob" auf Null reduziert. Die gewünschte bauliche Veränderung ist also dem Grunde nach zu gestatten. Über das "Wie", also die Ausführung, den Ort und das Material entscheiden die Wohnungseigentümer. Diese entscheiden auch darüber, ob die Gemeinschaft die Baumaßnahme auf Kosten des bauwilligen Wohnungseigentümers durchführt oder der Wohnungseigentümer.

6 Haben Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Montage eines Balkonkraftwerks?

Nach derzeitiger Rechtslage nicht. Allerdings liegt ein entsprechender Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und ein Gesetzentwurf der CDU/CSU-Fraktion vor, nach denen durch entsprechende Erweiterung der Bestimmung des § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG Balkonkraftwerke als privilegierte bauliche Veränderung ausgestaltet werden sollen. Werden die Pläne Gesetz, haben die Wohnungseigentümer auch Anspruch auf Gestattung der Montage eines Balkonkraftwerks.

7 Wenn ein Wohnungseigentümer eine Baumaßnahme durchführen will, die keine nach § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG privilegierte bauliche Veränderung darstellt, wann liegt in einem derartigen Fall ein Nachteil für andere Wohnungseigentümer vor?

In Betracht kommen zunächst nur konkrete und objektive Beeinträchtigungen. Dies ist in erster Linie bei einer nicht nur unerheblichen nachteiligen Veränderung des optischen Gesamteindrucks der Anlage der Fall. Eine Beeinträchtigung ist auch dann gegeben, wenn die bauliche Veränderung eine Nutzung ermöglicht, die der Zweckbestimmung des Sondereigentums widerspricht. Beeinträchtigungen können sich weiter durch Geruchs- und Geräuschimmissionen ergeben sowie insbesondere durch eine Beeinträchtigung der Stabilität und statischen Sicherheit der Wohnanlage.

8 Haben Wohnungseigentümer Anspruch auf Gestattung der Montage von Klimageräten?

Das kommt darauf an. In Einzelfällen kann ein derartiger Anspruch dann bestehen, wenn mit dem Klimagerät keine Beeinträchtigungen anderer Wohnungseigentümer verbunden sind. Das kann insbesondere bei in Reihenhäuser geteilten Anlagen der Fall sein oder etwa bei einer Penthouse-Wohnung im Dachgeschoss, soweit keine Geräuschemissionen in die Untergeschosse dringen und das Gerät nicht sichtbar ist. Dann kann ein Anspruch auf Gestattung nach § 20 Abs. 3 WEG bestehen. Der Anspruch kann aber nach vorerwähnter Norm auch dann bestehen, wenn etwa beeinträchtigte Wohnungseigentümer ihr Einverständnis mit der Montage erklärt haben. Im Übrigen besteht kein Anspruch auf Gestattung der Montage eines Klimageräts.

9 Kann einem Wohnungseigentümer der Anbau eines Balkons gestattet werden, obwohl dann ein uneinheitliches optisches Erscheinungsbild der Wohnanlage entstehen wird?

Das ist grundsätzlich möglich. Nach § 20 Abs. 4 WEG dürfen nur bauliche Veränderungen, die die Wohnanlage grundlegend umgestalten oder einen Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis gegenüber anderen unbillig benachteiligen, nicht beschlossen und gestattet werden. Sie können auch nicht verlangt werden. Die Frage, ob eine bauliche Veränderung die Wohnanlage grundlegend umgestaltet, bedarf stets einer Einzelfallbetrachtung unter Berücksichtigung aller Umstände. Dies wird man aber beim Anbau eines Balkons in aller Regel verneinen können. Allerdings kann die bauliche Veränderung zu einer unbilligen Benachteiligung des Wohnungseigentümers führen, dessen Wohnung im Geschoss darunter liegt. Kommt es jedenfalls infolge des Balkonanbaus zu einer Verschattung dieser Wohnung, liegt eine unbillige Benachteiligung vor.

10 Wie werden die Kosten von Maßnahmen der baulichen Veränderung unter den Wohnungseigentümern verteilt?

Vom Grundsatz her gilt, dass diejenigen Wohnungseigentümer, die d...

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