Der Schlichtungsvorschlag stellt wie bei einem gerichtlichen Urteil den Sachverhalt dar und kommt sodann zur rechtlichen Bewertung, wobei allerdings nicht zwingend eine strenge Unterteilung erforderlich ist.[1] Der Schlichter unterbreitet den Verfahrensbeteiligten einen Vorschlag, mit dem die Probleme gelöst werden können. Der Vorschlag soll am geltenden Recht ausgerichtet sein und besonders die zwingenden Verbraucherschutzgesetze beachten.[2] Das geltende Recht ist also nur eine Art Orientierungshilfe.[3]

Der Vorschlag wird in Textform, also schriftlich, per Fax oder E-Mail an die Parteien gerichtet.[4] Er enthält eine Begründung und legt nieder, wie der Schlichter zu seinem Ergebnis gekommen ist.[5] Das darf aber nicht mit einem verbindlichen Gerichtsurteil verwechselt werden, denn der Schlichter ist kein Richter. Er muss nur "irgendwie" beschreiben, welche Überlegungen ihn zu seinem Einigungsvorschlag bewogen haben.

Der Schlichtungsvorschlag ist nicht zwingend. Der Schlichter darf auch Erwägungen heranziehen, die einem Richter verwehrt wären. So etwa

  • die Parteiinteressen,
  • wirtschaftliche (finanzielle) Aspekte, etwa das Kostenrisiko im Fall einer gerichtlichen Klärung,
  • Überlegungen, inwieweit das Gericht eine Beweiserhebung anordnen und wie diese möglicherweise ausgehen könnte[6],
  • Realisierbarkeit von Ansprüchen[7] oder
  • Vorschlag einer Entschuldigung.[8]

An den Antrag des Antragstellers ist der Schichter nicht gebunden.

 
Praxis-Beispiel

Vom Antrag abweichender Schlichtungsvorschlag

Er kann also vorschlagen, dass die antragstellende Partei zwar auf einen Teil der reklamierten Forderung verzichtet, dass aber die andere zu dem zu zahlenden Rest noch Zinsen in bestimmter Höhe entrichtet, die im Antrag nicht geltend gemacht wurden.[9]

 
Praxis-Beispiel

Schlichtungsvorschlag (zum Antragsbeispiel in Abschn. 1.2)

 
Schlichtungssache durch Antrag des Mieters X, Anschrift, vom ....
Antragsgegner: Wohnbaugesellschaft Y, Anschrift
Aktenzeichen ...
Antragsbekanntgabe vom ...[10]
Eingang der kompletten Beschwerdeakte[11] am ...

Zum Sachverhalt:

Der Antragsteller Mieter X beantragte schriftlich mit Datum vom ... die Durchführung des Verbraucherstreitbeilegungsverfahrens durch die hiesige Schlichterstelle. Es geht um eine Auseinandersetzung mit der Vermieterin Y über die Betriebskostenabrechnung vom 15.2.2017 für die Zeit vom 1.1.2016 bis 31.12.2016. Die Abrechnung endet mit einer Nachzahlung zulasten des Antragstellers in Höhe von 100 EUR. Der Antragsteller meint, er sei zur Zahlung der Position "Grundsteuer" mit 190 EUR nicht verpflichtet. Ferner müsse er die Dachrinnenreinigung mit 40 EUR nicht tragen. Deswegen müsse er noch 130 EUR erstattet erhalten. Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, dass allein schon wegen der pauschalen Bezugnahme auf die Betriebskosten nach § 2 der Betriebskostenverordnung auch die beanstandete Position "Grundsteuer" zu übernehmen sei. Die Dachrinnenreinigung müsse ebenfalls bezahlt werden, da diese Kosten unter "Sonstige Betriebskosten" im Mietvertrag eingetragen seien.

Es wird folgender Schlichtungsvorschlag unterbreitet:

 
Der Antragsteller bezahlt an die Antragsgegnerin noch 60 EUR.

Begründung:

Der Mietvertrag regelt in § ... , dass der Mieter alle Betriebskosten nach § 2 der Betriebskostenverordnung zu tragen hat. Danach schließt sich eine Aufzählung einzelner Kostenarten an, wobei hinter jeder Position kenntlich gemacht und eingetragen werden muss, welcher Vorauszahlungsbetrag jeweils festgelegt ist. Bei den vom Antragsteller nicht beanstandeten Kostenarten war dies Fall, nicht aber bei der Grundsteuer.

Für diese Fallgestaltung ist in der Rechtsprechung umstritten, ob nur diejenigen Kosten umgelegt sind, die einen Abschlagsbetrag bei sich stehen haben (bejahend: AG Hamburg-Blankenese, Urteil v. 16.10.2015, 532 C 149 14914, wobei dort hinzu kam, dass jahrelang nur die kenntlich gemachten Positionen abgerechnet wurden; ablehnend: AG Schwetzingen, Urteil v. 5.9.1986, 1 C 129/86, WuM 1987 S. 31, wonach der Vermieter nicht verpflichtet ist, für jede Kostenart einen Abschlag zu verlangen).

Was nun die Dachrinnenreinigung betrifft, wurde diese rechtswirksam auf den Antragsteller umgelegt. Denn im Mietvertrag ist diese Position gesondert vereinbart und ein Betrag als Vorauszahlung eingetragen worden. Die Abrechnung weist auch aus, dass es sich um die regelmäßige Reinigung handelt und nicht um eine einmalige Reinigung aus bestimmtem Anlass (BGH, 7.4.2004, VIII ZR 167/13, ZMR 2004 S. 430 = WuM 2004 S. 290; AG Hamburg-Altona, 3.5.2013, 318a C 337/12, ZMR 2014 S. 801).

Angesichts der strittigen Rechtsansichten zum Problem der Grundsteuer und des damit auch ungewissen Ausgangs eines Gerichtsverfahrens wird vorgeschlagen, dass die Grundsteuer hälftig geteilt wird.

 
Nachzahlung laut Abrechnung 100 EUR
abzüglich hälftiger Grundsteuer 80 EUR
zuzüglich Dachrinnenreinigung 40 EUR
Vergleichsbetrag, vom Antragsteller geschuldet 60 EUR

Bitte nehmen Sie bis ... Stellung zum Einigungsvorschlag.

Für den Fall der Annahme durch be...

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