Entscheidungsstichwort (Thema)

Mietvertrag. Lichtbilder

 

Leitsatz (amtlich)

Der Vermieter kann von dem Mieter nicht verlangen, die Fertigung von Lichtbildern in seiner Wohnung zur Einstellung in eine Anzeige im Internet zu dulden.

 

Normenkette

BGB § 535

 

Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, eine Besichtigung durch die Klägerin und/oder von ihr beauftragten Dritten bei Meidung eines für den Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu ermöglichen und diese zu dulden.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 186,24 EUR zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 500 EUR vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Die Klägerin macht gegen den Beklagten Ansprüche aus einem Mietvertrag geltend.

Die Klägerin ist einer Eigentümerin der Wohnung, die der Beklagte mietet. Das Haus gehört einer Wohnungseigentümergemeinschaft, der noch ein weiterer Wohnungseigentümer angehört. Die Klägerin beabsichtigt, die in ihrem Eigentum stehende Wohnung zu veräußern. Hiergegen spricht sich der Miteigentümer gegenüber allen Interessenten aus und lehnt die Zustimmung ab. Der Beklagte lehnte die Anfertigung von Lichtbildern der Innenräume und die Besichtigung durch Kaufinteressenten ab. Der Klägervertreter mahnte den Beklagten daraufhin ab.

Die Klägerin ist, der Auffassung, dass es der Beklagte dulden müsse, wenn von den Innenräumen seiner Wohnung Lichtbilder gefertigt werden, um diese für ein Exposé und eine Anzeige im Internet zu verwenden. Sie behauptet, dass ihr eine Veräußerung ohne die Lichtbilder in zeitgemäßer Weise nicht möglich sei.

Die Klägerin beantragt,

  1. bei Meidung der gerichtlichen Festsetzung eines der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellten Ordnungsgeldes, ersatzweise einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten

    1. eine Besichtigung durch die Klägerin und/oder von ihr beauftragten Dritten zu ermöglichen und diese zu dulden sowie
    2. der Klägerin und/oder von ihr beauftragten Dritten die Ausfertigung von Lichtbildern der Mieträume T zu ermöglichen und diese zu dulden,
  2. an die Klägerin 311,19 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen.

Hilfsweise beantragt er hinsichtlich des Antrages zu 1 b)

bei Meidung der gerichtlichen Festsetzung eines der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellten Ordnungsgeldes, ersatzweise einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten der Klägerin und/oder von ihr beauftragten Dritten die Anfertigung von Lichtbildern des Eingangsbereichs, des Treppenhauses, der Küche und der Bäder und Sanitärräume zu ermöglichen und diese zu dulden.

Der Beklagte beantragt, unter Anerkennung des Anspruchs aus dem Antrag 1 a,

die Klage im Übrigen abzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass die Fertigung von Lichtbildern der Innenräume einen unzulässigen Eingriff in seine Privatsphäre darstellte. Eine Besichtigung habe er nicht zu dulden, da der Miteigentümer sämtliche Kaufinteressenten verschrecke und seine Zustimmung zu einer Veräußerung verweigere.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze mitsamt ihrer Anlagen verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Soweit die Entscheidung nicht durch nach § 313 b ZPO nicht zu begründendes Teil-Anerkenntnisurteil ergeht, ist die Klage teilweise begründet.

In der Hauptsache ist die Klage sowohl hinsichtlich des Haupt- als auch des Hilfsantrages unbegründet. Denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Duldung der Fertigung irgendwelcher Fotos aus den an den Beklagten vermieteten Innenräumen. Ein solcher Anspruch besteht nach dem allein in Betracht kommenden § 535 BGB nicht (im Ergebnis LG Frankenthal, Urteil vom 30.09.2009, 2 S 218/09).

Die Duldungspflichten des Mieters haben – abgesehen von den Fällen der Modernisierung – keine gesetzliche Normierung gefunden. Bei ihnen sind die Rechte und Interessen der Vertragsparteien zu berücksichtigen und in einen angemessenen Ausgleich zu bringen. Hierbei haben, wie von den Parteien angeführt, die grundrechtlichen Wertungen, die bei der Auslegung des materiellen Rechts stets als Teil der grundgesetzlich vorgegebenen objektiven Werteordnung Berücksichtigung zu finden. Sie sind zu der Auslegung der einfachgesetzlichen Vorschriften heranzuziehen.

Auf Seiten der Klägerin streitet ihr grundrechtlich in Art. 14 GG verbürgtes Eigentumsrecht. Teil dieses Eigentumsrechts ist auch das Recht zur grundsätzlich freien Disposition über das Eigentum, das ihr auch das Recht auf Veräußerung gibt. Auf Seiten des Beklagten streitet einerseits sein berechtigter Besitz, der ebenfalls vom grundrechtlichen Eigentumsschutz des Art. 14 GG umfasst ist. Darüber hinaus beeinträchtigt die Fertigung und Veröffentlichung von Lichtbildern aus der Wohnung des Beklagten diesen in seinem aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG sich ergebenen Allgemeinen Persönlichkeitsrecht, indem Fotografie...

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