Leitsatz (amtlich)

1. Ohne besondere vertragliche Vereinbarung steht dem Vermieter ein Anspruch auf Besichtigung der Mietsache nur zu, soweit besondere Umstände vorliegen, die eine Inaugenscheinnahme der Mietsache im Interesse der Bewirtschaftung des Objekte erforderlich machen.

2. Ein Besichtigungsanspruch setzt ferner voraus, daß der Vermieter dem Mieter die Besichtigung vorher rechtzeitig angekündigt hat. Hierbei hat der Vermieter den Besichtigungszweck so konkret anzugeben, daß für den Mieter der räumliche und zeitliche Umfang der Besichtigung absehbar ist.

3. Liegen mehrere Gründe für eine Besichtigung der Wohnung vor, so ist der Vermieter unter dem Gesichtspunkt des Gebotes schonender Rechtsausübung (§ 242 BGB) gehalten, diese Besichtigungszwecke zu bündeln und – soweit praktisch möglich – zum Gegenstand eines einzigen Besichtigungstermins zu machen.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags abzuwenden, sofern nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

 

Tatbestand

Von der Wiedergabe eines Tatbestandes wird gem. § 313a ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

I. Dem Kläger steht derzeit kein Anspruch auf Zutritt zu der von Beklagten angemieteten Wohnung zu.

1. Aus § 19 des Mietvertrags folgt ein solcher Anspruch nicht. Diese Klausel ist gem. § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Sie benachteiligt die beklagten Mieter nämlich unangemessen, weil nach ihrem Wortlaut eine Besichtigung auch ohne Ankündigung durch den Vermieter bzw. ohne vorherige Terminsabsprache verlangt werden kann; von der Ankündigungspflicht kann sich der Vermieter aber im Hinblick des Besichtigungsrechts für das Grundrecht der Mieter auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG) nicht freizeichnen (vgl. LG Berlin, MM 2004, S. 125).

2. Allerdings steht dem Vermieter unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne besondere vertragliche Vereinbarung ein Besichtigungsrecht zu (vgl. LG Berlin a.a.O.). Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass besondere Umstände vorliegen, die eine Besichtigung der Mietsache im Interesse der Bewirtschaftung des Objektes erforderlich machen (vgl. Schmidt-Futterer-Eisenschmid, Mietrecht, 8. Aufl., Rn. 153 zu § 535 BGB). Der Vermieter hat eine Besichtigung zudem rechtzeitig vorher anzukündigen (vgl. LG Berlin, a.a.O.). Im Hinblick auf die Bedeutung des Besichtigungsrechts für das Grundrecht des Mieters auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG) hat der Vermieter den Besichtigungszweck dabei so konkret anzugeben hat, dass für den Mieter der räumliche und zeitliche Umfang der Besichtigung absehbar ist (i.E. ebenso AG Tiergarten, GE 1987, S. 1163). In jedem Falle hat der Vermieter das Besichtigungsrecht schonend auszuüben, was beinhaltet, dass vermeidbare Besichtigungen zu unterbleiben haben (vgl. AG Münster, WuM 2000, S. 328; AG Lübeck WuM 1993, 344).

Nach diesen Maßstäben steht dem Kläger ein Besichtigungsrecht derzeit nicht zu. Zwischen den Parteien ist nämlich unstreitig, dass der Kläger die Mietwohnung im Sommer 2005 zweimal eingehend besichtigt hat. Am 21.6.2005 hat er sie in Begleitung seiner Freundin besichtigt. Ein zweites Mal hat der Kläger die Wohnung am 6.7.2005 besichtigt, und zwar in Begleitung eines Architekten, eines Mitarbeiters der, seiner Freundin und deren Vater. Vor diesem Hintergrund kommt eine weitere Besichtigung derzeit nicht in Betracht:

Soweit der Kläger eine weitere Besichtigung wünscht, weil er den Zustand der Fußböden auf Schäden untersuchen lassen will, kann es dahin stehen, ob sich der Zustand der Böden – wie der Kläger befürchtet – seit Erstellung des Gutachtens aus dem Jahre 1994 tatsächlich verschlechtert hat oder ob – wie die Beklagten vortragen – kein Handlungsbedarf mehr besteht, nachdem der Fußboden in einem der Zimmer 2003 instand gesetzt und der Boden der übrigen Zimmer durch einen Zimmermann in Augenschein genommen und als derzeit nicht instandsetzungsbedürftig eingestuft wurde. In jedem Falle verstieße das Begehren des Klägers, die Wohnung aus diesem Grunde erneut zu besichtigen, gegen das Gebot der schonenden Rechtsausübung. Dem Kläger war aufgrund der Angaben des Gutachtens im Zwangsversteigerungsverfahren nämlich bereits bei den ersten beiden Besichtigungen bekannt, dass die Holzfußböden ausweislich der Feststellungen des früheren Gutachtens geringe Schäden durch Insektenbefall aufweisen und „langfristig ausgetauscht werden” sollten. Insoweit wäre der Kläger gehalten gewesen, die verschiedenen, ihm bekannten Gründe für eine Inaugenscheinnahme der Wohnung zu bündeln und seinen Informationsbedarf nach Möglichkeit in einem einzigen Termin zu befriedigen. Es verstößt jedenfalls gegen das Gebot schonender Rechtsausübung, wenn eine Mehrzahl von Besichtigungsgründen in kurzer Folge zum Gegenstand immer neuer Besichtigungsbe...

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