Tenor

1. Der Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 01. Dezember 2010 der Wohnungseigentümergemeinschaft … zu TOP 4 (Schließung des Erkers im Bereich der Wohnung …) wird für ungültig erklärt.

2. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung gegen sich durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Parteien sind die Eigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft …. Die Klägerin ist Eigentümerin einer Wohnung. Eigentümer der Wohnung Nr. 3 dieser Wohnanlage ist der Beklagte …. Die Wohnung des Beklagten … verfügt über einen offenen Erkerbereich.

Der Eigentümer … beabsichtigt, diesen Bereich zu verglasen und zu verschließen. Den Bereich will er anschließend als Wintergarten nutzen. Wegen der Einzelheiten seiner Pläne wird auf die Baubeschreibung der Architekten … vom 08. Juni 2010, Bl. 34 u. 35 d.A. verwiesen.

Das Gebäude steht unter Denkmalschutz. Das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin hat als untere Denkmalschutzbehörde mit Bescheid vom 13. Juli 2010 die Zustimmung zur Loggienverglasung entsprechend den Plänen des Beklagten … erteilt. Wegen der Einzelheiten dieses Bescheides wird auf Bl. 36 d.A. verwiesen. Wegen der Einzelheiten der Fassade, die hier streitgegenständlich ist, wird auf das Lichtbild Bl. 37 d.A. verwiesen.

Der Beklagte … beantragte bei der Wohnungseigentümergemeinschaft eine Genehmigung dieser Baumaßnahme. Zu TOP 4 der Eigentümerversammlung vom 01. Dezember 2010 beschloss die Mehrheit der Eigentümer, diese Maßnahme zu genehmigen. Dabei stimmten mehr als ¾ aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer und mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile in der Gemeinschaft für den Beschluss.

Gegen diesen Beschluss richtet sich nunmehr die Klage der Klägerin, die am 30. Dezember 2010 bei Gericht einging und mit einem Schriftsatz begründet wurde, der am 25. Januar 2011 bei Gericht einging.

Sie ist der Meinung, es handele sich bei der beabsichtigten Schließung um eine unzulässige bauliche Veränderung. Diese störe auch die Einheitlichkeit der Fassade und sei daher unzulässig.

Sie beantragt,

wie erkannt.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie sind der Auffassung, der von dem Beklagten … beabsichtigte Eingriff begründe keinen Nachteil für die übrigen Eigentümer. Dass der Gesamteindruck der Wohnanlage nicht nachteilig verändert werde, ergebe sich bereits aus dem Bescheid des Denkmalamts. Außerdem handele es sich um eine Modernisierungsmaßnahme, da Isolierglas- und Schallschutzfenster eingebaut werden sollen, was den Gebrauchswert der Wohnung erhöhe, Heizenergie einspare und Schutz vor Witterungs- und Feuchtigkeitseinflüssen biete.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Anfechtungsklage ist gemäß § 43 Nr. 4 WEG zulässig. Sie ist auch innerhalb der Fristen des § 46 Abs. 1 WEG in Verbindung mit § 167 ZPO erhoben und begründet worden.

Sie ist auch inhaltlich begründet.

Bei der von dem Eigentümer … beabsichtigten Maßnahme handelt es sich um eine unzulässige bauliche Veränderung. Gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 WEG können bauliche Veränderungen und Aufwendungen, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen, nur dann beschlossen oder verlangt werden, wenn jeder Wohnungseigentümer zustimmt, dessen Rechte durch die Maßnahmen über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus nicht beeinträchtigt werden. Die Pläne des Eigentümers … beinhalten einen Eingriff in die Fassade und die Errichtung neuer Außenfenster für die Wohnanlage. Die Pläne betreffen damit Teile des Gebäudes, die für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich sind bzw. dem gemeinschaftlichen Gebrauch dienen und damit gemäß § 5 Abs. 2 WEG zwingend Teil des Gemeinschaftseigentums sind. Die beabsichtigte Maßnahme beeinträchtigt sämtliche Eigentümer, also auch die Klägerin, die der Maßnahme unstreitig nicht zugestimmt hat, über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus (§ 14 Nr. 1 WEG). Dies ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus dem vorgelegten Lichtbild. Die hier streitgegenständliche Fassade macht trotz des im 1. OG bereits geschlossenen Erkerbalkons ein durchaus noch einheitlichen Eindruck. Die im 1. OG bereits angebrachte Balkonverglasung stört diese Einheitlichkeit erheblich und beeinträchtigt das Aussehen der Fassade nachteilig. Dieser Eindruck würde sich noch verschlimmern, wenn die Maßnahme im 2. OG, also in der Wohnung des Beklagten …, ähnlich durchgeführt würde. Insoweit kann es auch nicht darauf ankommen, ob die Erkerbalkone anderer Gebäudeteile bereits entsprechend verschlossen wurden. Eine bauliche Veränderung liegt grundsätzlich schon dann vor, wenn das Aussehen auch nur einer Fassade deutlich merkbar und wie im vorliegenden Fall in ästhetisch...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge