Zusammenfassung

 
Überblick

Mit der europäischen Wasserrahmenrichtlinie soll über Staats- und Ländergrenzen hinweg ein guter Zustand der Oberflächengewässer und des Grundwassers erreicht werden. Die Umsetzung der Richtlinie erfolgt in Deutschland durch das Wasserhaushaltsgesetz (WHG). Ziel der Richtlinie und des WHG ist unter anderem die Reduzierung der Verschmutzung des Grundwassers durch Verhinderung und Begrenzung von Schadstoffeinträgen. Ein erheblicher Anteil an diesen wird dem Konto der vorhandenen Grundstücksentwässerungsleitungen zugeschrieben, von denen bundesweit zwischen 60 und 80 % undicht sein sollen. Es existiert allerdings derzeit keine bundeseinheitliche Regelung über die Pflicht von Dichtheitsprüfungen – diese obliegen (noch) Ländern, Städten und Kommunen.

1 Rechtliche Grundlagen der Kanalprüfung

1.1 Wasserhaushaltsgesetz (WHG)

Die rechtliche Grundlage der Prüfpflicht für Grundstücksentwässerungsleitungen (auch Hausanschlussleitungen oder Grundleitungen genannt) bildet § 60 Abs. 1 und 2 WHG. Nach dieser Vorschrift dürfen Abwasseranlagen nur nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik errichtet, betrieben und unterhalten werden (§ 60 Abs. 1 WHG). Entsprechen vorhandene Anlagen nicht diesen Anforderungen, müssen die erforderlichen Maßnahmen innerhalb angemessener Fristen durchgeführt werden (§ 60 Abs. 2 WHG).

 
Wichtig

Begriff der Abwasseranlage

Der Begriff der Abwasseranlage wird im Gesetz nicht definiert. Dazu zählen alle öffentlichen oder privaten Einrichtungen zur Abwasserbeseitigung, insbesondere zum Sammeln, Fortleiten, Behandeln oder Einleiten von Abwasser.[1] Demzufolge sind Grundstücksentwässerungsleitungen Abwasseranlagen im Sinne des WHG.

Derzeit keine Pflicht nach WHG

§ 61 Abs. 2 WHG regelt die Pflicht zur Selbstüberwachung von Grundstücksentwässerungsleitungen. Nach dieser Vorschrift ist jeder anschlusspflichtige Haus- und Grundbesitzer verpflichtet, den Zustand und die Funktionsfähigkeit seiner Grundstücksentwässerungsleitungen sowie deren Unterhaltung und Betrieb selbst zu überwachen und, ohne dass dies im Gesetz besonders betont wird, auch die dafür notwendigen Kosten zu tragen. Auf welche Weise die Selbstüberwachung zu geschehen hat, wird im Gesetz selbst nicht geregelt. Vielmehr sieht § 61 Abs. 3 WHG den Erlass einer Rechtsverordnung vor, die die Einzelheiten einer Dichtheitsprüfung regeln soll. Diese Rechtsverordnung wurde bislang nicht erlassen, sodass auf Grundlage des WHG die Dichtheit privater Abwasserleitungen nicht geprüft werden muss – Grundstückseigentümer müssen nach WHG derzeit nichts unternehmen!

[1] Vgl. Lauer, NuR 2010, S. 692 (696).

1.2 DIN 1986-30

Die Grundstückseigentümer haben dafür Sorge zu tragen, dass ihre Grundstücksentwässerungsleitungen in ordnungsgemäßem Zustand sind. Dieser Zustand ist für vorhandene Grundstücksentwässerungsleitungen in der DIN 1986-30 definiert (für neue Anlagen gilt die DIN EN 1610). Zu den allgemein anerkannten Regeln der Technik in der DIN 1986-30 gehört auch, dass Grundstücksentwässerungsleitungen dicht sein müssen und keine Leckagen aufweisen dürfen. Die DIN 1986-30 legt auch Fristen fest, wie oft die Abwasserrohre geprüft werden sollen. Die Vorschrift sieht vor, dass bestehende Anlagen zur Ableitung von Abwasser alle 20 Jahre geprüft werden und Neuanlagen mit nachweislich erbrachter Prüfung erstmalig nach 30 Jahren.

Bei DIN-Normen handelt es sich jedoch nicht um Rechtsnormen, sondern um private technische Regeln mit Empfehlungscharakter.[1] Nur dann, wenn ein Gesetz, eine Verordnung, eine Verwaltungsvorschrift, ein Vertrag etc. in einer Verweisung auf eine bestimmte DIN-Norm Bezug nimmt, erhält sie rechtliche Bedeutung. Wird nur auf die DIN 1986-30 Bezug genommen, besteht keine Pflicht zur Prüfung!

1.3 Länder, Städte und Gemeinden

Bis auf Bundesebene eine einheitliche Regelung getroffen wird (vgl. § 61 Abs. 3 WHG), sind die einschlägigen Vorschriften der Länder, Städte und Kommunen zu beachten. Diese können in ihren Vorschriften auf die DIN 1986-30 Bezug nehmen, können aber auch von ihr abweichen. In jedem Fall ist zu prüfen, ob eine Vorschrift existiert.

Regelungen in den Bundesländern

 
Bundesland Vorschrift Bemerkung
Baden-Württemberg Eigenkontrollverordnung Baden-Württemberg(EKVO BW)[1]

§ 1 EKVO: Ausgenommen von der Eigenkontrolle sind

  • Anlagen für häusliches Abwasser, bei denen der Abwasseranfall 8 m3 täglich nicht übersteigt,
  • Anlagen zum Anschluss von häuslichem Abwasser an öffentliche Kanalisationen (Hausanschlüsse) und
  • Leichtstoffabscheider, die für einen Abwasserdurchfluss unter 10 l/s ausgelegt sind.

Eine regelmäßige Prüfungspflicht für private Hausanschlüsse ist damit praktisch ausgeschlossen.

Bayern Jeweils geltende kommunale Entwässerungssatzung

Merkblatt Nr. 4.3/6 des Bay. Landesamtes für Wasserwirtschaft[2]: Es wird empfohlen, in der gemeindlichen Entwässerungssatzung

  • eine erste eingehende Sichtprüfung innerhalb von 10 Jahren, sofern keine Neubauabnahme im Sinne von Kapitel 3.1 stattgefunden hat, und
  • die Wiederholungsprüfung 25 Jahre nach der Erstprüfung zu fordern.

Hinweis: Es ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob für...

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