1 Leitsätze

Wird die Abrechnung insgesamt oder teilweise für ungültig erklärt, können einzelne Wohnungseigentümer nicht die Rückzahlung der Abrechnungsspitze im Wege eines Bereicherungsausgleichs beanspruchen; vielmehr steht ihnen ein Anspruch gegen den Verwalter auf Erstellung einer neuen Abrechnung für das betroffene Jahr zu, und von den übrigen Wohnungseigentümern können sie die Beschlussfassung hierüber verlangen. Dieser "Vorrang der Abrechnung" gilt auch dann, wenn zwischen der Zahlung und der erneuten Beschlussfassung ein Eigentumswechsel stattfindet.

Wird ein Beschluss, der Beitragspflichten der Wohnungseigentümer i. S. v. § 16 Abs. 2 WEG a. F. begründet, rechtskräftig für ungültig erklärt, tritt diese Wirkung zwar insofern ex tunc ein, als feststeht, dass die Beschlussfassung nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entsprach; der Schuldgrund und damit der Verzug des säumigen Wohnungseigentümers entfällt aber erst durch den Eintritt der Rechtskraft des Urteils, mit dem der Beschlussanfechtungsklage stattgegeben wird, sodass bis dahin entstandene Verzugsschäden weiterhin ersetzt werden müssen.

2 Normenkette

§ 28 Abs. 5, Abs. 3 WEG a. F.

3 Das Problem

Die Wohnungseigentümer genehmigen nach § 28 Abs. 5 WEG a. F. die Gesamtabrechnung und die Einzelabrechnungen 2012. Die Einzelabrechnung von Wohnungseigentümer K enthält einen Anteil an der Position "Dachsanierung" von 2.440 EUR und endet mit einer Nachzahlung i. H. v. 1.434,86 EUR. Bezogen auf die Kostenverteilung der Dachsanierung erhebt K eine Anfechtungsklage. Während des laufenden Anfechtungsverfahrens mahnt die anwaltlich vertretene Gemeinschaft der Wohnungseigentümer B den K wegen der ausstehenden Zahlung der Abrechnungsspitze, worauf er die 1.434,86 EUR zahlt. Danach erklärt das AG im Jahr 2014 den Beschluss über die Abrechnung hinsichtlich der Umlage der Kostenposition "Dachsanierung" in den Einzelabrechnungen für ungültig. K verlangt von B jetzt sein Geld zurück. Das AG weist die Klage ab. Auf die Berufung gibt das LG ihr statt. Dagegen wendet sich B.

4 Die Entscheidung

Mit Erfolg! Zwar sei der Rechtsgrund für die Zahlung der 1.434,86 EUR entfallen. Die "fehlerhafte Verteilung der Kosten für eine Einzelposition" könne auf diese Weise aber nicht behoben werden. Der Bereicherungsausgleich eigne sich nicht dazu, dem erfolgreichen Anfechtungskläger einen sofortigen Zahlungsanspruch zu verschaffen. Dies hinge nämlich von dem eher zufälligen Umstand ab, dass die Abrechnungsspitze – wie im Fall – negativ sei. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer müsste außerdem alle negativen Abrechnungsspitzen erstatten und könnte ihrerseits ausgekehrte Guthaben zurückfordern. Behoben werden müsse das Problem deshalb da, wo es entstanden sei, nämlich im Wege einer fehlerfreien Abrechnung über die gerichtlich beanstandete Einzelposition. Die erforderliche Korrektur könne ohne Weiteres über das "Abrechnungssystem der Wohnungseigentümergemeinschaft" erfolgen. Die auf die Einzelposition bezogene interne Kostenverteilung lasse sich nur im Wege der ergänzenden Beschlussfassung über die Abrechnung 2011 ändern. Die Abrechnung müsse allgemein Vorrang genießen. Einem Wohnungseigentümer stehe insoweit ein Anspruch gegen den Verwalter auf Erstellung einer neuen Abrechnung für das betroffene Jahr zu, und von den übrigen Wohnungseigentümern könne er die Beschlussfassung hierüber verlangen. Die Einzelabrechnungen dienten der internen Kostenverteilung, die nur kollektiv erfolgen könne. Weil die Forderungen einzelner Wohnungseigentümer nicht aus dem auf "alle Einheiten bezogenen Abrechnungssystem" herausgelöst werden könnten, gelte dieser "Vorrang der Jahresabrechnung" auch dann, wenn zwischen der Zahlung und der erneuten Beschlussfassung ein Eigentumswechsel stattfinde. Nur ausnahmsweise könnten direkte Rückforderungsansprüche anzuerkennen sein, nämlich bei Überzahlungen wie versehentlichen Doppelzahlungen. Solche "Randprobleme" gäben aber keinen Anlass dazu, "ein bewährtes System in Zweifel zu ziehen".

Hinweis

  1. Der klagende Wohnungseigentümer wollte sein Geld zurück. Der BGH meint, diese ginge nicht, da die fehlerhafte Kostenverteilung der Kosten so nicht behoben werden könne. Das hatte K allerdings auch nicht angestrebt. Bei der Klage ging es nur um sein Interesse. Die Interessen der anderen Wohnungseigentümer und die Frage, wie man mit seinem Anspruch innerhalb der Wohnungseigentümer umgeht, war ihm herzlich egal. Für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und den Verwalter ist es aber eine wichtige Botschaft. Denn diese können und müssen den Wohnungseigentümer, der sein Geld herausverlangt, auf eine erneute Beschlussfassung über die Abrechnung vertrösten. Für den Wirtschaftsplan wird das auch gelten.
  2. Verlangt ein Wohnungseigentümer nach §§ 812ff. BGB eine Zahlung heraus. ist die Abrechnungsspitze immer negativ. Dies ist nicht, wie der BGH ausführt, zufällig, sondern Tatbestandsvoraussetzung. Der BGH stemmt sich dabei, ohne die Norm ausreichend zu erwähnen, mit überraschenden Überlegungen, wie man dem Problem Herr werden könnte, gegen § 812 BGB. Für di...

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