Leitsatz (amtlich)

Die vertragliche Abrede eines Vertragsstrafenversprechens, dass die Zahlung einer täglichen Summe ohne Obergrenze vorsieht, verstößt im Fall der Nichtüberlassung einer (erst noch zu errichtenden) Gewerbeimmobilie nicht gegen § 307 Abs. 1 BGB.

 

Normenkette

BGB §§ 307, 343; HGB § 348

 

Verfahrensgang

LG Lüneburg (Beschluss vom 01.08.2013; Aktenzeichen 7 O 56/13)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 1.8.2013 verkündete Urteil des Vorsitzenden Richters der 1. Kammer für Handelssachen (7. Zivilkammer) des LG Lüneburg wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Dieser Beschluss und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 156.640 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung einer Vertragsstrafe aus einem am 2.3./26.4.2011 geschlossenen Gewerberaummietvertrag i.H.v. 42.400 EUR für den Zeitraum 1.11.2012 bis zum 31.5.2013 (212 Tage) sowie auf Feststellung, dass dieses Gewerberaummietverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 10.5.2013 beendet ist, sondern über den 31.12.2013 hinaus fortbesteht, in Anspruch.

Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstands wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil (Bl. 123 ff. d.A.) und insbesondere auf die Wiedergabe des Parteivortrags und der gestellten Anträge im Tatbestand und in den Entscheidungsgründen Bezug genommen.

Das LG Lüneburg hat mit am 1.8.2013 verkündeten Urteil der Klage stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung von 42.400 EUR nebst Zinsen verurteilt sowie festgestellt, dass das Mietverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 10.5.2013 beendet ist, sondern über den 31.12.2013 fortdauert.

Zur Begründung hat das LG ausgeführt, dass die Parteien in § 2 Abs. 4 des schriftlichen Mietvertrags eine Vertragsstrafe wirksam vereinbart hätten. Der Mietvertrag sei auch nicht durch eine Vereinbarung der Parteien durch die E-Mails vom 26.6.2012 und 9.7.2012 dahingehend abgeändert worden, dass der Übergabetermin auf den 31.3.2013 verschoben worden sei. Mangels wirksamer Änderungsvereinbarung liege darin auch kein Verstoß gegen das Schriftformerfordernis des § 550 BGB, so dass der auf 10 Jahre fest abgeschlossene Mietvertrag nicht durch die Beklagte durch ordentliche Kündigung habe beendet werden können. Die Mail der Beklagten vom 26.6.2012 stelle bereits kein Angebot auf Abschluss einer Änderungsvereinbarung dar, weil die Klägerin ein solches nicht mit einem einfachen "Ja" habe annehmen können. Selbst wenn darin ein Angebot auf Abschluss einer Änderungsvereinbarung zu sehen sein sollte, so hätte die Klägerin dieses nicht durch ihre Mail vom 9.7.2012 angenommen. Die Klägerin habe ihrer Mail nämlich einen Entwurf eines Änderungsvertrages beigefügt und damit zum Ausdruck gebracht, dass sich ihr Einverständnis mit der von der Beklagten vorgeschlagenen Regelung lediglich auf den Inhalt des beigefügten Änderungsvertrages beziehen sollte. Diesen Änderungsvertrag habe die Beklagte jedoch unstreitig nicht unterzeichnet, so dass das Zustandekommen einer Änderungsvereinbarung bereits an § 154 Abs. 2 BGB scheitere.

Das Vertragsstrafenversprechen sei auch nicht deshalb unwirksam, weil es keine Obergrenze enthalte. Die Regelung des § 309 BGB sei im Verhältnis zwischen Unternehmern nach § 310 BGB nicht anwendbar. Eine unangemessene Benachteiligung der Beklagten sei ebenfalls nicht gegeben. Ein gröberer Vertragsverstoß als die Nichtaufnahme der Bauarbeiten zur vertragsgemäßen Herstellung des Mietobjekts sei kaum denkbar. Die Angemessenheit lasse sich an dem Verhältnis zur vereinbarten Miethöhe ablesen. Bei der vertraglich vereinbarten Nettomiete von 8.000 EUR ergebe sich ein täglicher Mietzins von 266,67 EUR, so dass die Vertragsstrafe von 200 EUR/Tag etwa 75 % der Tagesmiete ausmache. Darin sei bezüglich der Höhe der Vertragsstrafe ein angemessener Rahmen zu sehen, weil die Klägerin mit jedem Tag der verspäteten Übergabe Gewinneinbußen zu verzeichnen habe. Insoweit sei davon auszugehen, dass die Klägerin beabsichtigte, den Supermarkt mit Gewinnerzielungsabsicht zu betreiben.

Da die Klägerin vorliegend lediglich die Vertragsstrafe für 212 Verzugstage fordere, komme es hinsichtlich der Schutzwürdigkeit der Beklagten auch nicht darauf an, ob die Klägerin für den gesamten Vertragszeitraum einen Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe hätte, zumal zurzeit noch offen sei, ob das Projekt endgültig scheitere und die Klägerin gegebenenfalls zur Schadensminderung verpflichtet sei, ihren Nichterfüllungsschaden geltend zu machen.

Gegen das am 1.8.2013 verkündete und der Beklagten am 7.8.2013 zugestellte (Bl. 127 d.A.) Urteil hat die Beklagte mit am 6.9. vorab per Telefax bei dem OLG ein...

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