Die Energiepreise gehen weiter in die Höhe – Strom und Gas werden noch teurer. Eine Wohnungsgenossenschaft dreht jetzt den Mietern das Warmwasser stundenweise ab. Rechtlich ist das heikel. Andere Vermieter wollen das "Modell" nicht kopieren. Kritik kommt auch von Bauministerin Klara Geywitz.

Die Wohnungsgenossenschaft Dippoldiswalde (Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge) verringert wegen der drastisch gestiegenen Energiepreise die Versorgung mit Warmwasser. Nachts und in Zwischenzeiten kommt das Wasser kalt aus der Leitung. In den Hauptnutzungszeiten am Morgen, Mittag und Abend bleibt es verfügbar. Außerdem wird die Heizung bis September nicht mehr angedreht.

Ob andere Genossenschaften ähnliche Versuche unternommen haben, konnte der sächsische Verband VSWG bisher nicht sagen. Es gebe keine Übersicht, welche der rund 220 Mitgliedsunternehmen Sparmaßnahmen eingeführt oder geplant haben.

Der Deutsche Mieterbund (DMB) kritisiert die Einschränkung der Warmwasserversorgung. "Die vertragliche Situation ist eindeutig: Der Vermieter muss rund um die Uhr warmes Wasser zur Verfügung stellen", meinte DMB-Präsident Lukas Siebenkotten. "Einfach das Warmwasser zeitweise abzustellen, ist rechtswidrig", sagte Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD).

Mangel an Warmwasser: Grund zur Mietminderung?

Siebenkotten hält in dem vorliegenden Fall eine Verringerung der Miete um rund 10 % für zulässig. "Es ist nicht die Aufgabe des Vermieters, den Mieter zum Energiesparen zu zwingen." Eine solche Maßnahme sei nur zulässig, wenn alle Mieter einverstanden seien. "Dafür müsste der Vermieter aber in jedem Mieterhaushalt individuell nachfragen. Einseitig einen Aushang aufzuhängen, reicht nicht aus", meinte der Verbandschef.

Der Mieterbund in Sachsen sieht das Vorgehen ebenfalls mehr als kritisch. Ein Vermieter dürfe nicht einseitig beschließen, das warme Wasser abzudrehen, sagte Sprecher Florian Bau. "Mängelfrei ist eine Wohnung dann, wenn 24 Stunden am Tag warmes Wasser zur Verfügung steht". Neben einem möglichen Anspruch auf Mietminderung hätten die Mieter grundsätzlich einen gesetzlichen Anspruch auf warmes Wasser.

Das Warmwasser stundenweise abzudrehen, könne theoretisch auf Basis einer gemeinsamen Vereinbarung von Genossenschaft und Bewohnern geregelt werden, so Bau. Da müssten aber alle mitmachen. Er bezweifelte zudem, ob es energetisch sinnvoll ist, die Warmwasserversorgung mehrmals pro Tag hoch- und runterzufahren.

Betriebskosten: Vorauszahlung an Energieversorger verdoppelt

"Es geht nicht darum, die Mieter zu ärgern, sondern sich auf das einzustellen, was wir im nächsten Jahr vielleicht sonst nicht mehr bezahlen können", erklärte Falk Kühn-Meisegeier, Vorstand der Genossenschaft, der Deutschen Presse-Agentur. "Bei uns wohnen keine Einkommensmillionäre. Die Leute müssen einfach die Preisspirale bewältigen können", begründete er den Schritt. Es gehe nur um einen Beitrag, sich ein wenig einzuschränken: "Wir wollen, dass Mieter gut durch diese Krise kommen. Das Leben ist so schon teuer genug."

Die Genossenschaft mit ihren 600 Wohnungen hat nach Angaben von Kühn-Meisegeier bereits im April 2022 die Höhe der Vorauszahlungen für die Betriebskosten verdoppelt. Man müsse gegenüber dem Energieversorger in Vorkasse gehen, so der Vorstand. Statt wie bisher 100.000 EUR würden nun 400.000 EUR fällig.

Das Geld kommt erst über die Betriebskostenabrechnungen 2022 zurück. Die werden aber meist erst im Herbst des darauffolgenden Jahres verschickt. Schon mehrfach gab es Appelle aus der Wohnungswirtschaft an die Mieter, schon jetzt freiwillig die Abschläge zu erhöhen. Dazu raten auch die Mietervertreter.

GdW: "Kein übertragbares Modell"

Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, erklärte auf Anfrage: "Mit Blick auf die Gasversorgungslage in Deutschland kommen sehr schwierige Zeiten auf uns zu. Ein Abstellen der Heizung im Sommer, vor Beginn der nächsten Heizperiode, ist deshalb zweckmäßig."

Die aktuell schwierigen Zeiten erforderten schwierige Entscheidungen, die nicht immer nur auf Zustimmung treffen dürften. Je nach Situation vor Ort sollten Mieter und Vermieter gemeinsam Energie einsparen. Und gerade bei geringeren Einkommen müsse auch der Staat schnell und dauerhaft unterstützen, solange die Ausnahmesituation anhalte. "Denn gegen die Preisexplosion hilft auch Einsparen nur bedingt", so Gedaschko.

Im Fall von Dippoldiswalde handele es sich um eine Nutzergemeinschaft von Genossenschaftsmitgliedern, die das Einsparen nach Angaben der Genossenschaft befürworten. "Allerdings ist dies kein übertragbares Modell für andere Wohnungsunternehmen, denn ohne vorherige einvernehmliche Absprache mit den Mietern wäre so etwas unzulässig", sagte Gedaschko abschließend. Andernfalls handelt es sich um eine eingeschränkte Nutzungsmöglichkeit der Wohnung – die Miete könnte entsprechend gemindert werden.

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