Zusammenfassung

 
Überblick

Extrem angespannte Wohnungsmärkte lassen abgewiesene Mietinteressenten immer wieder wegen Verstößen gegen das Antidiskriminierungsgesetz (ADG) zum Mittel der gerichtlichen Überprüfung greifen.

Dieser Beitrag soll sowohl einen Überblick als auch einen rechtlichen Rahmen bieten, welche Gesichtspunkte bei der Auswahl von Flüchtlingen als potenzielle Mieter zu beachten bzw. zu prüfen sind. Ziel ist eine diskriminierungsfreie und rechtssichere Auswahl unter Mietinteressenten mit einer Flüchtlingsbiografie.

Die gesetzlichen Anforderungen sind bei allen (gewerblich tätigen) Vermietern identisch, unabhängig von ihrer Rechtsform, also bei

  • Wohnungsgesellschaften,
  • Wohnungsgenossenschaften,
  • WEG-Verwaltern,
  • privaten Vermietern.

Lediglich private Vermieter, die eine Einliegerwohnung in ihrem Zweifamilienhaus vermieten, können von den Vorgaben abweichen. Natürlich besteht bei allen Entscheidungen ein individueller Ermessensspielraum. Vermieden werden sollte aber in jedem Fall ein Verstoß gegen § 16 Abs. 3 ADG. In diesem Fall muss der Abwägungsprozess vor Gericht offengelegt werden. Gelingt der Nachweis nicht, droht ein Bußgeld bzw. eine Entschädigung an den klagenden Mietinteressenten.

1 Zweifelsfreie Klärung der Identität

Diese muss durch den Reisepass des Heimatlandes und durch die Aufenthaltspapiere des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Form einer Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsgestattung dokumentiert sein.

Bei veränderten Schreibweisen ein und derselben Person (z. B. Mohammed, Mohamed, Mohamad etc.) sollte nachgefragt werden. Die Gründe können in Übersetzungsfehlern liegen oder auf Missverständnissen beruhen. Maßgeblich sind immer die Flüchtlingsdokumente des BAMF!

2 Liegen die rechtlichen Voraussetzungen für die Anmietung einer eigenen Wohnung vor?

Zunächst sollte geprüft werden, ob der potenzielle Mieter einer Wohnsitzauflage unterliegt. Vermieter sollten außerdem anhand des vorgelegten Aufenthaltstitels bzw. der Aufenthaltserlaubnis prüfen, welchen Status der Mietinteressent hat und welche Aufenthaltsdauer damit verbunden und in den Papieren ausgewiesen ist. Vom Aufenthaltsstatus hängt unter anderem ab, ob der Mietinteressent überhaupt berechtigt ist, eine eigene Wohnung in dem Bezirk, in dem die Wohnung belegen ist, anzumieten.

2.1 Besteht eine Wohnsitzauflage?

Vermieter sollten sich unbedingt erkundigen, ob der Mietinteressent im jeweils betroffenen Bundesland einer Wohnsitzauflage unterliegt.

 

Was bedeutet "Wohnsitzauflage"?

Abgeschlossenes Asylverfahren

Personen, die Sozialleistungen beziehen, dürfen ihren Wohnsitz nicht frei wählen. Anerkannte Asylberechtigte, Flüchtlinge oder subsidiär Schutzberechtigte, denen erstmals eine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden ist, haben die ersten 3 Jahre ab Anerkennung oder Erteilung der Aufenthaltserlaubnis die Pflicht, ihren Wohnsitz in dem Bundesland zu nehmen, in das sie zur Durchführung des Asylverfahrens zugewiesen worden sind. Wird eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit einem Umfang von mindestens 15 Stunden wöchentlich aufgenommen, kann die Wohnsitzverpflichtung aufgehoben werden.[1]

Übrigens: Wohnsitzauflage entspricht nicht der Residenzpflicht!

Häufig wird der Begriff der "Residenzpflicht" synonym verwendet. Das ist aber unzutreffend, denn unter die Residenzpflicht fallen Asylbewerber während des (noch nicht abgeschlossenen) Asylverfahrens und solche Personen, die über eine Duldung verfügen.

Die Wohnsitzauflage wurde im Rahmen des sog. Integrationsgesetzes eingeführt[2], die aber bislang nicht von allen Bundesländern umgesetzt worden ist.

Besitzt ein Flüchtling eine Wohnsitzauflage nach Integrationsgesetz in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Sachsen-Anhalt und (eingeschränkt) auch in Niedersachsen[3], hat er dort seinen Wohnsitz nach dem Anerkennungsverfahren zu nehmen. Möchte er an einem anderen Ort einen Mietvertrag abschließen, ist dies unzulässig.

 
Achtung

Mietvertragsabschluss bei verschwiegener Wohnsitzauflage

Verschweigt der Flüchtling die Wohnsitzauflage an einem anderen Ort (Vermieter hat explizit danach gefragt) und kommt der Mietvertrag zustande, ist dieser trotzdem wirksam! Ggf. muss sich der Flüchtling ausländerrechtlich verantworten. Eine Kündigung des rechtswidrig zustande gekommenen, aber zivilrechtlich gültigen Mietvertrags durch die Ausländerbehörden ist unwahrscheinlich.

[2] Integrationsgesetz v. 31.7.2016, BGBl. I S. 1939.
[3] Stand: 6.11.2017.

2.2 Liegt eine Aufenthaltserlaubnis vor?

Um dies beurteilen zu können, sollte der Vermieter in groben Zügen wissen, welche Schutzarten es für Flüchtlinge gibt und welche Aufenthaltstitel hierzu erteilt werden.

2.2.1 Schutzarten

Im Rahmen des Asylverfahrens entscheidet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) darüber, welche der zur Verfügung stehenden Schutzarten im Einzelfall greift:

 
Asylberechtigung[1] Flüchtlingsschutz[2] Subsidiärer Schutz[3] Abschiebungsverbot[4] oder faktische Hinderung der Abschiebung

Wenn durch den Heimatstaat politische Verfolgung droht. Der Betroffene muss in seiner Menschenwürde verletzt worden sein.

Die Asylberechtigung wird wegen der in Art. 16a Abs. 2 GG verankerten Drittstaa...

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