Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitigkeit nach dem Postgesetz. Urteil des Verwaltungsgerichts. Ausschluss der Berufung. Zulassung der Revision. Bindungswirkung der Revisionszulassung. Statthaftigkeit der Revision
Leitsatz (amtlich)
- In Regulierungsstreitigkeiten nach dem Postgesetz ist die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts nicht durch Gesetz ausgeschlossen.
- Die Bindungswirkung der Revisionszulassung nach § 132 Abs. 3 VwGO beschränkt sich auf die Zulassungsentscheidung und erstreckt sich nicht auf die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Revision.
Normenkette
VwGO §§ 124, 132 Abs. 3, § 134 Abs. 1 S. 1, §§ 135, 144 Abs. 5 S. 1; TKG 2004 §§ 132, 137 Abs. 3 S. 1; PostG § 44
Verfahrensgang
VG Köln (Urteil vom 10.05.2005; Aktenzeichen 22 K 9610/00) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 10. Mai 2005 wird verworfen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 400 000 € festgesetzt.
Gründe
Die Revision ist unzulässig und deshalb durch Beschluss zu verwerfen (§ 144 Abs. 1 VwGO). Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts ist einer revisionsgerichtlichen Kontrolle nicht zugänglich, so dass die Revision unstatthaft ist (1.). Der Senat ist an die Zulassung der Revision durch das Verwaltungsgericht nicht gebunden (2.). Eine Verweisung der Sache an das Oberverwaltungsgericht kommt nicht in Betracht (3.).
1. Die Revision ist nicht statthaft.
Gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts steht den Beteiligten unter den Voraussetzungen des § 124 VwGO die Berufung zu. Eine revisionsgerichtliche Kontrolle der Urteile des Verwaltungsgerichts findet nur ausnahmsweise statt. Abgesehen von dem hier von vornherein nicht einschlägigen Fall der vom Verwaltungsgericht nach § 134 Abs. 1 Satz 1 VwGO zugelassenen Sprungrevision steht den Beteiligten gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn durch Bundesgesetz die Berufung ausgeschlossen ist (§ 135 Satz 1 VwGO). Die Revision kann nur eingelegt werden, wenn das Verwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat (§ 135 Satz 2 VwGO). Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist hier die Berufung nicht nach § 44 des Postgesetzes (PostG) vom 22. Dezember 1997 (BGBl I S. 3294), zuletzt geändert durch Verordnung vom 25. November 2003 (BGBl I S. 2304), i.V.m. § 137 Abs. 3 Satz 1 des Telekommunikationsgesetzes vom 22. Juni 2004 (BGBl I S. 1190) – TKG 2004 –, zuletzt geändert durch Gesetz vom 7. Juli 2005 (BGBl I S. 1970), ausgeschlossen (Beschluss vom 31. Januar 2006 – BVerwG 6 B 78.05 – Rn. 2 ff.).
Nach § 44 Satz 1 PostG ist Regulierungsbehörde im Sinne des Postgesetzes die auf der Grundlage des Zehnten Teils des Telekommunikationsgesetzes vom 25. Juli 1996 (BGBl I S 1120) – TKG 1996 – errichtete Behörde. § 44 Satz 2 PostG sieht die entsprechende Geltung von §§ 66 bis 71, §§ 74 bis 81, §§ 83 und 84 TKG 1996 vor. Diese Bezugnahme geht nunmehr insofern ins Leere, als das Telekommunikationsgesetz 1996 gemäß § 152 Abs. 2 TKG 2004 am 26. Juni 2004 außer Kraft getreten ist. Die in Bezug genommenen Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes 1996 enthielten auch keinen Ausschluss der Berufung gegen Urteile des Verwaltungsgerichts.
Ein solcher Rechtsmittelausschluss findet sich hingegen in § 137 Abs. 3 Satz 1 TKG 2004. Danach ist im Falle des § 132 TKG 2004 u.a. die Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts ausgeschlossen. § 132 TKG 2004 betrifft näher aufgeführte Entscheidungen der Beschlusskammern der Regulierungsbehörde auf der Grundlage des Telekommunikationsgesetzes 2004. Da § 44 Satz 2 PostG nicht auf § 137 Abs. 3 TKG 2004 verweist, ist diese Bestimmung auf Regulierungsstreitigkeiten nach dem Postgesetz nicht gemäß § 44 Satz 2 PostG entsprechend anzuwenden.
Die Anwendbarkeit des § 137 Abs. 3 Satz 1 TKG 2004 ergibt sich auch dann nicht, wenn die Verweisungsnorm des § 44 Satz 2 PostG dahin verstanden wird, dass die Verweisung nicht auf die dort genannten Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes 1996 beschränkt ist, sondern sich seit dem In-Kraft-Treten des Telekommunikationsgesetzes 2004 im Sinne einer so genannten dynamischen Verweisung auf die inhaltlich entsprechenden Bestimmungen dieses Gesetzes erstreckt. § 137 Abs. 3 Satz 1 TKG 2004 findet – wie erwähnt – im Telekommunikationsgesetz 1996 und damit auch in dem Verweisungskatalog des § 44 Satz 2 PostG keine inhaltliche Entsprechung. Die dort genannten Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes 1996 betreffen die Errichtung, den Sitz und die Organisation der Regulierungsbehörde (§§ 66 bis 70 TKG 1996), die Aufsicht durch die Regulierungsbehörde (§ 71 TKG 1996), das Verfahren vor der Regulierungsbehörde (§§ 74 bis 79 TKG 1996), die Überprüfung von Entscheidungen der Regulierungsbehörde in einem Vorverfahren und dessen Kosten (§ 80 Abs. 1 TKG 1996), den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von Rechtsmitteln gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörde (§ 80 Abs. 2 TKG 1996), die Beteiligung der Regulierungsbehörde an bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die sich aus dem Telekommunikationsgesetz ergeben (§ 80 Abs. 3 TKG 1996), den Tätigkeitsbericht der Regulierungsbehörde (§ 81 TKG 1996), und ihre Zusammenarbeit mit anderen Stellen (§§ 83 und 84 TKG 1996). Eine das allgemeine Prozessrecht verdrängende Bestimmung über den Ablauf des Verfahrens vor den Verwaltungsgerichten, insbesondere über den Ausschluss der Berufung gegen Urteile des Verwaltungsgerichts in Regulierungsstreitigkeiten, ist demnach in dem Verweisungskatalog des § 44 Satz 2 PostG nicht enthalten. Eine solche Regelung ist vielmehr vom Gesetzgeber erst beim Erlass des Telekommunikationsgesetzes 2004 in dieses Gesetz aufgenommen worden.
Sollte es sich bei § 44 Satz 2 PostG um eine dynamische Verweisung handeln, erstreckte sie sich nur auf Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes 2004, die den in der Verweisungsnorm aufgeführten Vorschriften des Telekommunikationsgesetzes 1996 inhaltlich entsprechen. § 44 Satz 2 PostG ist nicht dahin zu verstehen, dass auch andere Bestimmungen in einem das Telekommunikationsgesetz 1996 ablösenden Gesetz, wie etwa eine Vorschrift über den Ausschluss der Berufung gegen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts in Regulierungsstreitigkeiten, in Bezug genommen werden. Eine andere Auslegung stände mit Verfassungsrecht nicht in Einklang. Eine Verweisungsnorm genügt u.a. nur dann dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot, wenn sie hinreichend klar erkennen lässt, welche Vorschriften im Einzelnen gelten sollen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 1. März 1978 – 1 BvR 786/70 u.a. – BVerfGE 47, 285 ≪311≫ und vom 7. März 1995 – 1 BvR 1564/92 – BVerfGE 92, 191 ≪197≫ m.w.N.). Fehlt es an einem hinreichend engen inhaltlichen Zusammenhang zwischen den in der Verweisungsnorm in Bezug genommenen Bestimmungen und einer in einem später erlassenen Gesetz enthaltenen Vorschrift, ist nicht in einer dem Bestimmtheitsgebot genügenden Weise zu erkennen, dass diese Bestimmung von der Verweisungsnorm erfasst wird. So liegt es bei § 44 Satz 2 PostG im Verhältnis zu § 137 Abs. 3 Satz 1 TKG 2004. Der Berufungsausschluss des § 137 Abs. 3 TKG 2004 weist nicht den erforderlichen Zusammenhang mit den in § 44 Satz 2 PostG aufgeführten Vorschriften auf. Das ist schon deshalb nicht der Fall, weil die in dem Verweisungskatalog enthaltenen Bestimmungen nicht das verwaltungsgerichtliche Verfahren betreffen. Daraus, dass vor dem In-Kraft-Treten des Telekommunikationsgesetzes 2004 das Verwaltungsverfahren nach dem Telekommunikationsgesetz 1996 und dasjenige nach dem Postgesetz wegen der Verweisung des § 44 Satz 2 PostG auf verfahrensrechtliche Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes 1996 Parallelen aufwies, kann nicht entnommen werden, dass § 44 Satz 2 PostG die das verwaltungsgerichtliche Verfahren betreffende Bestimmung des § 137 Abs. 3 Satz 1 TKG 2004 in Bezug nimmt.
Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass sowohl das Telekommunikationsgesetz als auch das Postgesetz der Herstellung und Sicherung von chancengleichem Wettbewerb auf Märkten dienen, die von marktbeherrschenden Unternehmen geprägt sind. Diese Gemeinsamkeit kann den Gesetzgeber veranlassen, auch das gerichtliche Verfahren bei der Anfechtung von behördlichen Regulierungsentscheidungen gleichartig auszugestalten. Eine entsprechende Entscheidung muss aber im Gesetz klar zum Ausdruck kommen. Dies ist hinsichtlich des Ausschlusses der Berufung gegen Regulierungsentscheidungen nach dem Postgesetz auch bei Berücksichtigung der gemeinsamen Zwecke des Postgesetzes und des Telekommunikationsgesetzes nicht der Fall.
Die Gründe, die den Gesetzgeber zum Ausschluss der Berufung nach § 137 Abs. 3 Satz 1 TKG 2004 veranlasst haben, rechtfertigen keine andere Beurteilung. Der Ausschluss der Berufungsinstanz nach § 137 Abs. 3 Satz 1 TKG 2004 beruht im Wesentlichen auf den Erwägungen, dass der bisherige verwaltungsgerichtliche Instanzenzug auf dem Telekommunikationssektor im Interesse der Förderung des Wettbewerbs in diesem Bereich durch eine möglichst schnelle Herstellung von Rechtssicherheit zu verkürzen ist, dass dem Umstand Rechnung zu tragen ist, dass Entscheidungen der Regulierungsbehörde oft mit einer Frist versehen sind und dass deshalb sichergestellt werden soll, dass eine gerichtliche Entscheidung vor Ablauf dieser Frist ergeht, sowie dass dem gerichtlichen Verfahren ein umfangreiches, formalisiertes Beschlusskammerverfahren, in dem eine gerichtsähnliche Verhandlung der Angelegenheit erfolgt, vorgeschaltet ist (vgl. BTDrucks 15/2316 S. 101). Sollte der Gesetzgeber der Auffassung sein, dass entsprechende Gründe auch bei Regulierungsentscheidungen auf der Grundlage des Postgesetzes den Ausschluss der Berufung rechtfertigen, muss dies dem Gesetz mit der gebotenen Klarheit zu entnehmen sein. So liegt es hier nicht.
§ 137 Abs. 3 TKG 2004 kann auch nicht im Wege eines Analogieschlusses in den Verweisungskatalog des § 44 Satz 2 PostG einbezogen werden. Voraussetzung wäre, dass der Verweisungskatalog hinsichtlich des Ausschlusses der Berufung eine “planwidrige Lücke” aufweist. Eine solche Lücke ist nicht dadurch entstanden, dass das Telekommunikationsgesetz 2004 in § 137 Abs. 3 Satz 1 den Berufungsausschluss vorsieht, der Verw1eisungskatalog sich hingegen nicht auf diese Bestimmung erstreckt. Zwar kann eine planwidrige Lücke auch durch Rechtsentwicklung entstehen (vgl. Beschluss vom 24. April 2002 – BVerwG 6 P 3.01 – BVerwGE 116, 216 ≪224≫). “Planwidrig” ist eine Lücke jedoch nur, wenn sie dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers zuwiderläuft. Dies kann hier nicht festgestellt werden. Weder die Entstehungsgeschichte des § 44 PostG (vgl. BTDrucks 13/7774 S. 32) noch die aufgezeigten Gründe, die den Gesetzgeber zur Einführung des § 137 Abs. 3 Satz 1 TKG 2004 veranlasst haben, verhalten sich zum Berufungsausschluss bei der Anfechtung von Regulierungsentscheidungen nach dem Postgesetz.
2. Die Revision ist nicht wegen der Bindungswirkung der Revisionszulassung durch das Verwaltungsgericht zulässig.
Nach § 135 Satz 3 i.V.m. § 132 Abs. 3 VwGO ist das Bundesverwaltungsgericht an die Zulassung der Revision durch das Verwaltungsgericht gebunden. Diese Bindung beschränkt sich auf die Zulassungsentscheidung als eine von mehreren Zulässigkeitsvoraussetzungen der Revision. § 132 Abs. 3 VwGO verfolgt den Zweck, dass eine Überprüfung der Zulassungsentscheidung des Berufungsgerichts durch das Revisionsgericht bei ihrer Natur nach revisionsfähigen Entscheidung nicht stattfinden soll (vgl. Urteil vom 9. Oktober 1996 – BVerwG 6 C 11.94 – BVerwGE 102, 95 ≪99≫ unter Hinweis auf die Begründung des Gesetzentwurfs in BTDrucks 11/7030 S. 33). Die Bindungswirkung der Zulassung reicht nicht weiter als ihr Entscheidungsgegenstand, der die Aufhebung der verfahrensrechtlichen Zugangsschranke zum Revisionsgericht durch die Zulassung der Revision zum Gegenstand hat. Alle übrigen Anforderungen an die Zulässigkeit der Revision bleiben unberührt (vgl. Pietzner in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Bd. II Stand Oktober 2005, § 132 Rn. 138 m.w.N.; P. Schmidt in: Eyermann/Fröhler, VwGO, 11. Aufl. 2000, § 132 Rn. 23; May, Die Revision, 2. Aufl. 1997, IV. Rn. 146; vgl. ferner zu der § 132 Abs. 3 VwGO entsprechenden Bestimmung des § 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO Albers in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 64. Aufl. 2006, § 543 Rn. 17). Hier ist die Revision – wie aufgezeigt – nicht statthaft, so dass die Bindungswirkung des § 132 Abs. 3 VwGO die Zulässigkeit der Revision nicht zu begründen vermag.
Entgegen der Auffassung der Klägerin verlangt Verfassungsrecht nicht, § 132 Abs. 3 VwGO dahin auszulegen, dass die Zulassung der Revision in den Fällen von der Prüfung sämtlicher Zulässigkeitsvoraussetzungen entbindet, in denen das Verwaltungsgericht die Revision deshalb zugelassen hat, weil es irrtümlich vom Ausschluss der Berufung ausgegangen ist. Dies gebietet insbesondere nicht das Gebot der Gewährung effektiven richterlichen Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG eröffnet nicht nur den – ersten – Zugang zum Gericht, sondern verbietet darüber hinaus, den Zugang zu einer Instanz, den die jeweilige Verfahrensordnung eröffnet hat, in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (stRspr, vgl. z.B. BVerfG, Beschluss vom 11. Oktober 1978 – 2 BvR 1055/76 – BVerfGE 49, 329 ≪341≫ m.w.N.). Bei Wahrung dieser Anforderungen ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, den Zugang zu einer weiteren gerichtlichen Instanz von der Einhaltung prozessualer Zulässigkeitsvoraussetzungen abhängig zu machen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 2. März 1993 – 1 BvR 249/92 – BVerfGE 88, 118 ≪123 f.≫ und vom 3. März 2004 – 1 BvR 461/03 – BVerfGE 110, 77 ≪85≫). Daran gemessen ist es im vorliegenden Fall nicht geboten, § 132 Abs. 3 VwGO im Sinne der Klägerin auszulegen und anzuwenden. Die Beschränkung der Bindungswirkung auf die Zulassungsentscheidung des Verwaltungsgerichts erweist sich hier nicht als sachlich ungerechtfertigt und unzumutbar. Sie entspricht dem im § 132 Abs. 3 VwGO zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers und führt auch im vorliegenden Fall nicht dazu, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts keiner gerichtlichen Überprüfung unterworfen werden kann. So bleibt der Klägerin die Möglichkeit, nach § 124a Abs. 4 i.V.m. § 124 Abs. 2 VwGO die Zulassung der Berufung zu beantragen. Hinsichtlich der versäumten Monatsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO und der Begründungsfrist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO kann sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand i.S.v. § 60 Abs. 1 VwGO beantragen. Die Frist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO wird mit der Zustellung dieses Beschlusses in Lauf gesetzt. Mit Blick auf die Frage, ob die Frist unverschuldet versäumt worden ist, wird das Verwaltungsgericht in Rechnung zu stellen haben, dass es irrtümlich vom Ausschluss der Berufung ausgegangen ist und dadurch die Klägerin veranlasst hat, Revision einzulegen, statt den Antrag auf Zulassung der Berufung zu stellen. Die Klägerin hat auch die Möglichkeit, unter Wahrung der Voraussetzungen von § 134 Abs. 1 Satz 3 VwGO die Zulassung der Sprungrevision zu beantragen. Hinsichtlich der Wiedereinsetzung in die Frist des § 134 Abs. 1 Satz 2 VwGO gilt das zu der Wiedereinsetzung in die Fristen des § 124a Abs. 4 VwGO Dargelegte entsprechend. Da die Klägerin eine Überprüfung des Urteils des Verwaltungsgerichts herbeizuführen vermag, erweist es sich trotz der irrtümlichen Zulassung der Revision durch das Verwaltungsgericht nicht als unzumutbar, sie auf den von der Verwaltungsgerichtsordnung dafür vorgesehenen Weg zu verweisen.
3. Entgegen der Anregung der Klägerin kommt eine Verweisung der Sache an das Oberverwaltungsgericht nicht in Betracht.
Nach § 144 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Bundesverwaltungsgericht nach seinem Ermessen die Sache auch an das Oberverwaltungsgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre, wenn die Sache bei der Sprungrevision zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen ist. Die Bestimmung ist hier nicht einschlägig. Zum einen handelt es sich hier nicht um eine Sprungrevision, zum anderen kommt eine Zurückverweisung deshalb nicht in Betracht, weil die Revision aus den dargelegten Gründen unzulässig ist, so dass sie nach § 144 Abs. 1 VwGO durch Beschluss zu verwerfen ist. Eine von der Klägerin angeregte analoge Anwendung von § 144 Abs. 5 Satz 1 VwGO scheidet aus. Es sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber beabsichtigte, auch den hier vorliegenden Fall der Unzulässigkeit einer Revision trotz (irrtümlicher) Revisionszulassung durch das Verwaltungsgericht von § 144 Abs. 5 Satz 1 VwGO zu erfassen, so dass der Wortlaut der Bestimmung hinter dieser Regelungsabsicht zurückbleibt. Mithin ist eine “planwidrige” Unvollständigkeit der Norm als Voraussetzung eines Analogieschlusses nicht festzustellen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO sowie auf § 21 Abs. 1 Satz 3 GKG. Die Festsetzung des Streitwertes findet ihre Grundlage in § 47 Abs. 1 und § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Dr. Bardenhewer, Dr. Hahn, Vormeier
Fundstellen
Haufe-Index 1508826 |
DÖV 2006, 880 |
DVBl. 2006, 1255 |