Leitsatz (amtlich)

Ein formell wirksames Mieterhöhungsverlangen ist gegeben, wenn der Vermieter unter zutreffender Einordnung der Wohnung des Mieters in die entsprechende Kategorie des Mietspiegels die dort vorgesehene Mietspanne richtig nennt und die erhöhte Miete angibt.

Liegt die verlangte Miete oberhalb der im Mietspiegel ausgewiesenen Mietspanne, so ist das Erhöhungsverlangen insoweit unbegründet, als es über den im Mietspiegel ausgewiesenen Höchstbetrag hinausgeht.

 

Normenkette

MHG § 2 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Köln

AG Köln

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 10. Zivilkammer des LG Köln v. 29.1.2003 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Beklagte mietete im Jahr 1972 von dem Rechtsvorgänger der Kläger eine 73 m2 große Wohnung in K. . Der Mietzins betrug zuletzt 788,40 DM netto. Unter Bezugnahme auf den Mietspiegel der Stadt K. und die darin für vergleichbare Wohnungen angegebene Mietzinsspanne von 10 bis 14 DM/m2 verlangte die für die Kläger tätige Hausverwaltung mit Schreiben v. 23.5.2001 von der Beklagten eine Mieterhöhung auf 1.024,92 DM netto (= 14,04 DM/m2) monatlich. Die Überschreitung der Mietzinsspanne wurde nicht begründet. Die Beklagte stimmte der begehrten Mieterhöhung nicht zu, da sich der verlangte Mietzins außerhalb der von dem Mietspiegel der Stadt K. vorgegebenen Spanne befinde.

Die Kläger haben zunächst beantragt, die Beklagte zu verurteilen, einer Erhöhung des Mietzinses ab 1.8.2001 auf monatlich 1.024,92 DM zuzustimmen. Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens durch das AG haben sie die Klage teilweise zurückgenommen und Zustimmung zu einer Mieterhöhung auf 919,80 DM monatlich (= 12,60 DM/m2) beantragt.

Das AG hatte der geänderten Klage stattgegeben, das LG hat die hiergegen eingelegte Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel einer Klageabweisung weiter.

 

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt:

Die erfolgte Überschreitung der sich aus dem Mietspiegel ergebenden Spanne um 0,04 DM/m2 in dem Mieterhöhungsverlangen der Kläger führe nicht zu dessen Unwirksamkeit, sondern nur zur Unwirksamkeit des durch die Begründung nicht gedeckten Teils. Es komme allein darauf an, ob der Mieter durch das Mieterhöhungsverlangen in die Lage versetzt werde, die Berechtigung des Begehrens zu überprüfen. Dabei müsse der Vermieter dem Mieter lediglich die Tatsachen liefern, die dieser benötige, um feststellen zu können, ob das Zustimmungsverlangen zumindest ansatzweise berechtigt sei. Diese Voraussetzung sei aber dann gegeben, wenn die sich aus dem Mietspiegel ergebende Mietzinsspanne korrekt angegeben werde. In diesem Falle stünden dem Mieter die notwendigen Informationen zur Verfügung, um zu entscheiden, ob das Mieterhöhungsverlangen berechtigt sei. Ein wirksames Erhöhungsverlangen liege daher bis zur Obergrenze der Mietzinsspanne vor.

II.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Die von den Klägern verlangte Mietzinserhöhung ist bis zu der vom AG ausgeurteilten Höhe wirksam.

1. Zutreffend ist das Berufungsgericht zunächst davon ausgegangen, dass gemäß Art. 229 § 3 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB auf den vorliegenden Fall noch die Vorschrift des § 2 MHG (jetzt § 558 ff. BGB) anzuwenden ist, da das Erhöhungsverlangen vor dem 1.9.2001 gestellt wurde.

2. Nach § 2 Abs. 2 S. 2 MHG kann der Vermieter die Begründung eines Mieterhöhungsanspruchs gemäß Abs. 1 der Vorschrift auf einen Mietspiegel stützen. Sofern dieser Mietzinsspannen enthält, genügt es, wenn die verlangte Miete innerhalb der Spanne liegt.

a) Umstritten ist in Literatur und Rechtsprechung, welche rechtliche Folge es hat, wenn der Vermieter - wie im Vorliegenden Fall - zwar auf einen Mietspiegel Bezug nimmt, jedoch einen Mietzins verlangt, der außerhalb der dort vorgesehenen Mietzinsspanne liegt.

Nach einer Meinung ist in einem solchen Fall das Mieterhöhungsverlangen insgesamt formell unwirksam (so u. a. LG Berlin GE 1996, 1181; LG Hamburg v. 18.10.1991 - 311 S 130/91, MDR 1992, 1150 = NJW-RR 1993, 82; Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Mietrecht, 8. Aufl., § 558a Rz. 45). Nach anderer Ansicht ist das Erhöhungsverlangen nur insoweit unwirksam, als es den außerhalb der von dem Mietspiegel gewährten Spanne liegenden Teil betrifft (OLG Karlsruhe WuM 1984, 21; LG Berlin GE 1997, 241; AG Berlin-Tiergarten GE 1997, 1231; Schultz in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., III A. Rz. 414; Sternel, Mietrecht Aktuell, 3. Aufl., Rz. 613; Emmerich/Sonnenschein, Miete, 8. Aufl., § 558a Rz. 37).

b) In dem hier vorliegenden Fall einer Überschreitung der im Mietspiegel genannten Mietzinsspanne ist der Senat der Auffassung, dass das Mieterhöhungsverlangen bis zu dem im Mietspiegel angegebenen Höchstbetrag formell wirksam ist. Das für ein Mieterhöhungsverlangen nach § 2 Abs. 2 MHG bestehende Begründungserfordernis soll dem Mieter konkrete Hinweise auf die sachliche Berechtigung des Erhöhungsverlangens geben, damit er während der Überlegungsfrist des § 2 Abs. 3 S. 1 MHG die Berechtigung der Mietzinserhöhung überprüfen und sich darüber schlüssig werden kann, ob er dem Erhöhungsverlangen zustimmt oder nicht (vgl. BGH, Urt. v. 18.12.2002 - VIII ZR 72/02, MDR 2003, 451 = BGHReport 2003, 421 = NJW 2003, 963, unter II 1a; bereits grundlegend Beschl. v. 20.9.1982 - VIII ARZ 5/82, WuM 1982, 324, unter II 3a; vgl. auch BVerfG v. 12.3.1980 - 1 BvR 759/77, BVerfGE 53, 352 [358] = MDR 1980, 732). Dabei dürfen an das Begründungserfordernis im Hinblick auf das Grundrecht des Vermieters aus Art. 14 GG keine überhöhten Anforderungen gestellt werden (vgl. insoweit BVerfG, Beschl. v. 10.10.1978 - 1-BvR 180/77, BVerfGE 49, 244 [249]). Daraus folgt, dass der Vermieter, der sein Mieterhöhungsverlangen auf einen Mietspiegel stützen will, zur Begründung seines Begehrens unter zutreffender Einordnung der fraglichen Wohnung in die entsprechende Kategorie des Mietspiegels die dort genannten Mietzinsspannen anzugeben hat. Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, ist es dem Mieter in diesem Fall ohne weiteres möglich, durch Vergleich der im Mietspiegel genannten Spanne mit dem vom Vermieter verlangten erhöhten Mietzins die Berechtigung des Mieterhöhungsbegehrens zu überprüfen.

Nach diesen Grundsätzen haben die Kläger in formeller Hinsicht das Erforderliche getan, um die Mietzinserhöhung zu begründen. Sie haben unter zutreffender Einordnung der Wohnung der Beklagten in die entsprechende Kategorie des Mietspiegels der Stadt K. die dort vorgesehene Mietzinsspanne richtig genannt und gleichzeitig die erhöhte Miete angegeben, wobei sie auch den Mietzins pro Quadratmeter Wohnfläche aufgeführt haben. Die Beklagte war somit ohne jede Schwierigkeit in der Lage, die Rechtmäßigkeit des Erhöhungsverlangens der Kläger zu überprüfen. Es liegt folglich ein formell wirksames Mieterhöhungsverlangen der Kläger vor. Dies scheitert nicht daran, dass der Mietspiegel der Stadt K. die von den Klägern geforderte Mieterhöhung nicht deckt. Dies ist allein eine Frage der materiellen Berechtigung des Mieterhöhungsverlangens.

c) Ist ein formell wirksames Mieterhöhungsverlangen gegeben, so ist anschließend materiell-rechtlich zu überprüfen, ob die konkret von dem Vermieter geltend gemachte Mieterhöhung tatsächlich berechtigt ist. Soweit sich der Vermieter auf einen Mietspiegel berufen hat, erfolgt diese Überprüfung anhand eines Vergleichs der in dem Mietspiegel ausgewiesenen Mietzinsspanne mit dem begehrten erhöhten Mietzins. In diesem Rahmen hat der Tatrichter den Mietzins zu ermitteln, den der Vermieter berechtigterweise verlangen kann. Für eine vollständige Abweisung der Klage wegen der Überschreitung der im Mietspiegel vorgesehenen Mietzinsspannen bleibt kein Raum mehr. Vielmehr hat das Gericht nunmehr zu prüfen, inwieweit der geltend gemachte Anspruch materiell begründet ist. Daraus ergibt sich, dass für den Fall des Vorliegens eines formell wirksamen Erhöhungsverlangens die erhöhte Miete vom Gericht auf den nach § 2 MHG i. V. m. dem Mietspiegel zulässigen Betrag zu reduzieren ist.

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies angesichts des vom AG eingeholten Gutachtens, dass die Kläger jedenfalls bis zu der vom AG ausgeurteilten Höhe von 919,80 DM monatlich zur Erhöhung des Mietzinses berechtigt waren.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1099302

NJW 2004, 1379

NWB 2004, 821

BGHR 2004, 436

DWW 2004, 53

EBE/BGH 2004, 42

NZM 2004, 219

ZAP 2004, 397

ZMR 2004, 325

MDR 2004, 567

WuM 2004, 93

MietRB 2004, 135

RdW 2004, 349

I&F 2004, 748

IWR 2004, 69

JWO-MietR 2004, 41

MK 2004, 45

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