Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, es zur Vermeidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 50.000,00 EUR für jeden Fall der Zuwiderhandlung unter Ausschluss des Fortsetzungszusammenhanges zu unterlassen, mit einer außen am Haus angebrachten Videokamera den Gehweg sowie den Hauseingangsbereich vor den Grundstücken … Berlin zu überwachen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages zuzüglich 10 % abzuwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Der Kläger ist mit seiner Familie Mieter des Reihenhauses Eschenwinkel 41 in Berlin-Spandau, der Beklagte ist sein Nachbar. Die Hauseingangstüren beider Häuser liegen unmittelbar nebeneinander und sind nur etwa einen Meter voneinander entfernt.

Der Beklagte installierte unmittelbar über der Eingangstür zu seinem Haus eine kleine Video-Überwachungskamera, die mit dem Fernseher im Haus des Beklagten verbunden ist. Mit anwaltlichem Schreiben vom 18.9.2003 (Bl. 5 d.A.) forderte der Kläger den Beklagten unter Fristsetzung bis zum 10.10.2003 vergeblich zur Entfernung der Videokamera auf. Der Kläger verfolgt sein Begehren mit der vorliegenden Klage weiter.

Er behauptet:

Da er, seine Familie und Besucher über den Bürgersteig zu dem Hauseingang Nr. 41 gelangten, würden sie zwangsläufig in den Erfassungsbereich der seitens des Beklagten installierten Kamera gelangen. Da solche Kameras üblicherweise mit Weitwinkelobjektiv ausgerüstet seien, werde in aller Regel auch der Hauseingangsbereich des Klägers miterfaßt.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, es zur Vermeidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 50.000,00 EUR für jeden Fall der Zuwiderhandlung unter Ausschluss des Fortsetzungszusammenhanges zu unterlassen, mit einer außen am Haus angebrachten Videokamera den Gehweg sowie den Hauseingangsbereich vor den Grundstücken … Berlin zu überwachen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er behauptet:

Die installierte Videokamera werde nicht zum Beobachten des Nachbargrundstückes genutzt. Sie habe nur einen engen begrenzten Sichtwinkel, auf den vor dem Eingang Eschenwinkel 43 gelegenen Fußweg sowie einen kleinen Teil der Parkfläche längs der Straße. Damit liege kein schützenswerter Eingriff in die Privatsphäre des Klägers als Nachbarn vor. Die Kamera zeichne nicht auf. Ein Weitwinkel sei in der Installation nicht vorhanden.

Die Ehefrau des Beklagten sei aufgrund eines chronischen Lumbalsyndroms bei Spondylarthrose und Osteochondreose (Coxarthose beide Hüften, Gonarthrose beide Knie, Migräne, HWS-Syndrom) nicht in der Lage, bei jedem Klingeln zur Haustür zu gehen. Nur sie schalte nach einem Klingeln die Videokamera ein und verfolge über den Fernseher, wer vor der Haustür stehe.

Wegen des Vorbringens der Parteien im übrigen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Durch die Installation der Videokamera unmittelbar über der Eingangstür zu seinem Haus … griff der Beklagte – auch unter Berücksichtigung des mit der Installation verfolgten Zwecks – unzulässig in das nach Artikel 1, 2 GG, § 823 Abs. 1 BGB geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers ein.

Gemäß dem – vom Beklagten als Anlage B 1 zur Akte gereichten – Foto, das gemäß seinem Vorbringen das Aufnahmefeld der über seiner Hauseingangstür installierten Kamera zeigt, bildet diese einen Teil des Bürgersteiges bis zur Straße und noch einen Teil der Straße ab. Damit findet eine gezielte Überwachung eines bestimmten Stücks des öffentlichen Gehwegs sowie des Straßenlands vor dem Haus Eschenwinkel Nr. 43 statt.

Zwar kann niemand allgemein Schutz davor verlangen, außerhalb seinen befriedeten Besitztums, insbesondere auf öffentlichen Wegen, durch andere beobachtet zu werden. Andererseits muß der Einzelne auch in diesem Bereich keineswegs generell dulden, dass ein Anderer von ihm Filmaufnahmen mittels einer Videokamera fertigt.

Dabei kommt es nicht darauf an, ob – wie der Beklagte behauptet – die Kamera nur von seiner Ehefrau bei einem Klingeln an der Hauseingangstür eingeschaltet wird und sie das Bild dann über den Fernseher abfragen kann.

Auch ist gleichgültig, ob die von der Kamera aufgenommenen Bilder aufgezeichnet werden oder nicht (OLG Karlsruhe, Wohnungswirtschaft und -mietrecht 2000, 128).

Eine sichtbar installierte Videokamera stellt eine dauernde Androhung einer Videoüberwachung dar, ohne dass es darauf ankommt, ob diese tatsächlich eingeschaltet ist (LG Darmstadt, NZM 2000, 160).

Da die Hauseingänge Nr. 41 und 43 unmittelbar nebeneinander liegen, können der Kläger, seine Familienmitglieder und Besucher der Videoüberwachung nicht ausweichen, wenn sie sich auf dem Weg zu dem Hauseingang des Klägers Eschenwinkel 41 befinden.

Die Beobachtung des Eingangsbereichs zum privaten Wohnbereich des Klägers beeinträ...

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