
Die Abwicklung der dauerhaft geschlossenen offenen Immobilienfonds ist eine Mammutaufgabe, die immer noch nicht abgeschlossen ist. Scope Analysis hat in einer Studie untersucht, wo die Fonds bei der Liquidation ihrer Immobilienportfolios stehen – Fazit: Es gibt noch viel zu tun.
Die Abwicklung der dauerhaft geschlossenen offenen Immobilienfonds ist eine Mammutaufgabe, die immer noch nicht abgeschlossen ist. Scope Analysis hat in einer Studie untersucht, wo die Fonds bei der Liquidation ihrer Immobilienportfolios stehen – Fazit: Es gibt noch viel zu tun.
Anleger überschütten offene Immobilienpublikums- und -spezialfonds schon seit Längerem mit hohen Mittelzuflüssen. In Vergessenheit scheint fast geraten zu sein, dass 18 offene Immobilienfonds durch die Finanzmarktkrise in eine schwere Liquiditätskrise gerieten und seitdem abgewickelt werden. Eingefroren waren 26 Milliarden Euro und somit rund 30 Prozent des Ende 2011 in offenen Immobilienfonds angelegten Kapitals.
Abwicklungsmarathon nähert sich dem Ziel
Nach mehr als sieben Jahren Abwicklungsmarathon hat die Ratingagentur Scope Analysis kürzlich in einer Studie – Titel: Offene Immobilienfonds in Abwicklung: Ergebnisse der Fondsliquidationen – Bilanz über den bisherigen Verlauf gezogen. Festzustellen ist, dass das Immobilienvermögen von elf der 18 offenen Fonds inzwischen komplett veräußert werden konnte. Auch die Fonds, bei denen das noch nicht gelungen ist, konnten für den weitaus größten Teil ihrer Objekte einen Erwerber finden.
In Abwicklung befindliche Offene Immobilienfonds (mit Restvermögen)
Fondsname | Zahl der Immobilien | Verkehrswert (in Millionen Euro) |
CS Euroreal | 19 | 740 |
SEB ImmoInvest | 21 | 599,8 |
KanAm Grundinvest | 4 | 164,9 |
CS Property Dynamic | 3 | 96,1 |
Catella Focus Nordic Cities | 6 | 89,1 |
SEB ImmoPortfolio Target Return Fund | 4 | 85,7 |
UBS (D) 3 Sector Real Estate Europe | 3 | 10,5 |
Axa Immosolutions | 1 | 8,5 |
SEB Global Property Fund | 2 | 7,2 |
DEGI International | 1 | 6,6 |
DEGI Global Business | 1 | 4,8 |
Quelle: Scope Analysis, letzte Veröffentlichungen; Stand: Ende März 2018
Hohe Werteinbußen
"Schnell die Immobilien eines Portfolios verkauft zu haben, heißt nicht unbedingt, dass für die Anleger dabei unter dem Strich am meisten herauskommt", sagt Sonja Knorr, Leiterin der Immobilienfondsanalyse bei Scope Analysis. Rückblickend sei es – wegen des anziehenden Preisniveaus – häufig vorteilhafter gewesen, sich nicht voreilig von Objekten zu trennen. Das sieht Dr. Thomas Beyerle, Geschäftsführer von Catella Property Valuation, ähnlich: "Die in den vergangenen Jahren boomende Immobilienkonjunktur hat vielen Fonds sicher geholfen, die Verluste bei der Abwicklung ihrer Immobilienbestände wenigstens einigermaßen in Grenzen halten zu können."
Das Fazit dürfte aus Sicht der meisten Anleger ernüchternd ausfallen. Laut Scope büßten die aufgelösten oder in der Abwicklung befindlichen offenen Immobilienfonds im Schnitt binnen knapp zehn Jahren (Zeitraum 30.9.2008 bis 5.3.2018) rund 22 Prozent an Wert ein. Nur einem einzigen Fonds gelang es in diesem Zeitraum überhaupt, positiv abzuschneiden: Der KanAm Spezial Grundinvest legte zu, wenn auch nur um magere 0,8 Prozent. Mehr als die Hälfte seines Wertes hat hingegen in diesem Zeitraum der DEGI Global Business verloren.
Wertentwicklung der in Abwicklung befindlichen offenen Immobilienfonds
Fondsname | Wertentwicklung (in Prozent) |
KanAm Spezial Grundinvest | + 0,8 |
SEB ImmoPortfolio Target | - 3,3 |
KanAm US-grundinvest Fonds | - 3,3 |
CS Euroreal | - 3,5 |
KanAm Grundinvest Fonds | - 7,1 |
SEB ImmoInvest | - 7,5 |
Catella Focus Nordic Cities | - 13,6 |
Axa Immosolutions | - 19,2 |
DEGI International | - 20,6 |
DEGI German Business | - 21,3 |
UBS (D) 3 Sector Real Estate Europe | - 21,8 |
CS Property Dynamic | - 23,9 |
Axa Immoselect | - 28,8 |
SEB Global Property Fund | - 33,2 |
DEGI Europa | - 37,3 |
TWW Weltfonds | - 45,4 |
Morgan Stanley P2 Value | - 52,5 |
DEGI Global Business | - 54,8 |
Quelle: Scope Analysis; Stand: März 2018
Auch Branchenbeobachter Stefan Loipfinger hält diese Bilanz keinesfalls für ein Ruhmesblatt: Der Immobilienboom sei ein Glücksfall gewesen. Von dem hätten die gestrauchelten Fonds mehr profitieren müssen, argumentiert er und fügt hinzu: Während andere Immobilienverkäufer dicke, zweistellige Gewinne realisiert hätten, sei deren Ernte eher dürftig ausgefallen.
Schuld ist die Immobilienbewertung
Loipfinger zufolge sind daran nicht zu niedrig ansetzte Verkaufspreise schuld, sondern vielmehr die Immobilienbewertung. "Wenn die im Fondsvermögen befindlichen Objekte konservativ begutachtet worden sein sollten, wieso wurden dann bei deren Verkäufen statt Gewinnen augenscheinlich oft hohe Verluste eingefahren?", fragt Loipfinger. In der Krise habe sich offenbart, so seine Erklärung, dass die angesetzten Buchwerte offenbar überhöht gewesen seien.
Beyerle weist darauf hin, dass nicht alle offenen Immobilienfonds, die sich momentan noch in der Abwicklung befinden, für die breite Masse der Privatanleger konzipiert worden seien. Manche hätten Spezialfondscharakter. Als Beispiel nennt er den auf skandinavische Immobilien fokussierten Catella Focus Nordic Cities. "In diesem Fondsprodukt sind einige, wenige Anleger mit hohen Millionenbeträgen investiert", so Beyerle. Die wüssten genau, was die Liegenschaften, in die investiert worden sei, wert seien. Auffällig: Der Catella Forcus Nordic Cities (Fondsvermögen bei endgültiger Schließung: zirka 200 Millionen Euro) schafft es die den Top drei – bezogen auf die Zahl der Objekte, was die Zahl der noch nicht verkauften Objekte, nämlich sechs, betrifft. Vor einigen Monaten war die Zahl sogar noch deutlich höher.
"Die Gewerbeimmobilien des Fonds befinden sich vorwiegend in nordeuropäischen Zentren wie Kopenhagen oder Stockholm", so Beyerle. Noch dazu handele es sich um kleinere Objekteinheiten, bei denen seine Anleger dem Fondsmanagement explizit signalisiert hätten, die gute Immobilienmarktsituation auszureizen. "Was soll an so einer Strategie falsch sein?", fragt Beyerle. "Unsere Investoren wissen, wie die Immobilienmärkte ticken und können gerade in Zeiten niedriger Zinsen damit leben, dass ihr Kapital noch ganz profitabel in Sachwerten gebunden ist."
Schlecht gerüstet im Fall einer ernsten Krise
Experte Loipfinger sieht die Branche – trotz neuer Regularien – nach wie vor mangelhaft gerüstet, falls sie erneut mit einer ernsten Krise an den Immobilienmärkten konfrontiert würden. "Längere Kündigungsfristen für den Verkauf von Fondsanteilen und höhere Liquiditätspolster könnten das Dilemma allenfalls hinauszögern", ist er überzeugt. Wie an den Aktienmärkten neigten Anleger an den Immobilienmärkten in der Krise zu extremen Reaktionen. Liquidität zu beschaffen, sei dann eine große Herausforderung.
"Gerade für große, mehrere hundert Millionen Euro teure Objekte sind in einer angespannten Marktlage schwer Interessenten zu finden", befürchtet Loipfinger. Immobilienportfolien kleinteiliger zu strukturieren, sei aber mit einem höheren Verwaltungsaufwand verbunden. Deshalb, so Loipfinger, investierten diese eigentlich lieber in größere Einheiten.
Geduld gefragt
Dieses mögliche Szenario vor Augen mag es noch verblüffender erscheinen, mit welcher Vehemenz nach wie vor viele Investoren mit einem Investment in offene Immobilienfonds liebäugeln. Im Falle von deren dauerhafter Schließung brauchen Anleger nämlich vor allem eines: viel, viel Geduld.
"Das Immobilienvermögen derzeit aller in Abwicklung befindlicher offenen Immobilienfonds, wurde überwiegend bis Ende des vergangenen Jahres auf die jeweilige Depotbank übertragen", erklärt Knorr. Deren Aufgabe sei es, die endgültige Abwicklung des Fondsvermögens über die Bühne zu bringen. Dafür hat die Depotbank grundsätzlich drei Jahre Zeit. "Aber das dürfte sich so schnell – unabhängig von der Entwicklung der Konjunktur an den Immobilienmärkten – kaum bewerkstelligen lassen", sagt Knorr. Die Depotbank muss, unter anderem für Gewährleistungs- und Garantieverpflichtungen sowie steuerliche Nachprüfungen, Geld zurückhalten und darf die hierfür gebildeten Rückstellungen erst auflösen, nachdem diese Ansprüche nicht mehr bestehen.
Im Schnitt würden die Fonds hierfür etwa zehn Prozent ihres Vermögens zum Zeitpunkt ihrer Schließung als Liquiditätsreserve zurücklegen, weiß Knorr. "Es kann sich bis zu zehn Jahre nach dem Verkauf des letzten Objekts, unter Umständen, etwa wenn es zu rechtlichen Auseinandersetzungen kommt, sogar länger hinziehen, bis diese Restliquidität an die Anleger ausgeschüttet wird." Aktuell summieren sich die Liquiditätsbestände der 18 offenen Immobilienfonds in Abwicklung auf rund 2,5 Milliarden Euro.
Keine gesetzliche Frist für Abwicklung
Deshalb gibt es keine gesetzliche Frist für die Dauer der Abwicklung offener Immobilienfonds. Das findet auch Beyerle vernünftig: "Dass der BaFin als Aufsichtsbehörde freiere Hand gelassen wird, hat sich bislang bewährt." Eigentlich hätte bereits die erste Abwicklungsphase – das heißt, bevor die Verwaltung des Immobilienvermögens eines Fonds von der Investmentgesellschaft auf deren Depotbank übertragen wird – binnen drei Jahren beendet sein sollen.
Wenn die BaFin strikter auf die Einhaltung dieser Frist gepocht hätte, dann hätte das wohl vor allem die ganz großen Fonds wie den CS Euroreal (Fondsvermögen bei endgültiger Schließung: 5,8 Milliarden Euro) und den SEB ImmoInvest (sechs Milliarden Euro) beim Verkauf ihrer Bestände stärker unter Druck gesetzt. "Denn dem Fondsmanagement wäre weniger Zeit geblieben, um auf eine Markterholung zu warten sowie nötige und sinnvolle Sanierungs-, Modernisierungs- und Revitalisierungsmaßnahmen durchzuführen", gibt Fondsanalystin Knorr zu bedenken.
Darüber hinaus hätte sie dessen Position bei Verkaufsverhandlungen geschwächt. Potenzielle Kaufinteressenten hätten darauf spekulierten können, dass gerade die großen Fonds wegen der knapp bemessenen Verkaufsfrist eher zu Preiszugeständnissen bereit gewesen wären. "Das wäre nicht im Sinne der Anleger gewesen", so Knorr. Daher räumte die Aufsichtsbehörde den großen Fonds fünf Jahre Zeit zur Veräußerung ihrer Bestände ein.
Die längere Abwicklungsfrist reichte allerdings nicht, um für alle Objekte einen Käufer zu finden. Beispiel: Das zweitgrößte Immobilien-Restportfolio ist das des SEB ImmoInvest. Es umfasst 21 Immobilien, deren Verkehrswert sich Scope zufolge – Ende März 2018 – auf knapp 600 Millionen Euro summiert.
Übrig sind schwer verkäufliche Immobilien
"Das, was jetzt noch übrig ist, sind oftmals schwerer veräußerbare Immobilien, also solche, die, vor allem was Lage und Vermietungsstand betrifft, mitunter erhebliche Defizite aufweisen", sagt Knorr. Über Portfolioverkäufe sei es zwar gelungen, in Immobilienpaketen das eine oder andere Problemobjekt loszuwerden. Für die Restbestände sei es aber schwieriger, an so einer Strategie festzuhalten, fügt sie hinzu, da der Anteil der Ladenhüter immer größer werde.
Beim SEB ImmoInvest ist für die letzte Phase der Abwicklung die Depotbank Caceis federführend. Ihre Aufgabe ist es, das Sondervermögen aufzulösen und die dadurch erwirtschafteten Erlöse an die Anleger zu verteilen. "Die Depotbank erledigt die Verkäufe jedoch nicht selbst, sondern beauftragt einen Immobiliendienstleister – die vorher verantwortliche Kapitalverwaltungsgesellschaft – mit dieser Aufgabe", präzisiert Knorr.
Im Fall des SEB ImmoInvest ist es Savills Investment Management, das die Verkäufe vorbereitet und die Angebote Caceis zur Entscheidung vorlegt. Nach diesem Prinzip läuft das auch bei den übrigen nicht abgewickelten Fonds mit Immobilien-Restvermögen ab. "Die verbliebenen Objekte der Abwicklungsfonds gut zu verkaufen, dürfte wohl einer der größten Herausforderungen sein", stellt Knorr fest.
Zumindest in diesem Jahr kann dazu die gute Immobilienkonjunktur genutzt werden. 2019 ist das womöglich schon schwieriger.
Das könnte Sie auch interessieren:
Offene Immobilienfonds: Mit Hotelinvestments die Rendite aufpäppeln