
Die Corona-Pandemie wirkt sich auch auf das Finanzierungsverhalten von Banken aus. Selbst vor der Krise gestartete Projekte sähen sich mit verschärften Bedingungen konfrontiert oder würden auf Halt gesetzt, klagen Projektentwickler.
Betroffen sind vor allem die – durch Corona besonders stark gebeutelten – Hotel- und Einzelhandelsimmobilien, aber auch andere Assetklassen.
Noch läuft die Arbeit auf den meisten Baustellen und auch die Behörden genehmigen weiterhin neue Projekte, wenngleich oftmals mit zeitlicher Verzögerung. Gleichzeitig melden die Immobilienunternehmen erste Alarmzeichen. Das sagt der Landesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) in Baden-Württemberg, der am Mittwoch einen Sechs-Punkte-Plan mit Forderungen zur Stützung der Branche vorlegt hat, in dem er unter anderem die Senkung der Grunderwerbsteuer, den Abbau von Restriktionen und eine Vereinfachung der Verfahren fordert. Auch "erste Schwierigkeiten mit der Finanzierung von Bauprojekten" hat der Verband ausgemacht.
BFW-Umfrage: 55 Prozent beklagen schlechtere Finanzierungsbedingungen
Bei einer Umfrage des BFW-Landesverbands Nord unter seinen Mitgliedsunternehmen zeigt sich ebenfalls, dass etwas mehr als die Hälfte der befragten Firmen (55 Prozent) feststellt, dass sich die Finanzierungsbedingungen verschlechtern: Entscheidungen bei den Banken dauerten länger, sagen 61 Prozent der insgesamt 50 Unternehmen, die Anforderungen an die Kreditsicherheit würden erhöht (28 Prozent) und bereits erfolgte Kreditzusagen zurückgezogen (9 Prozent). Projektentwickler und Bauträger klagen zudem zu 85 Prozent über Beeinträchtigungen durch Corona und fast zwei Drittel sagen, dass die Pandemie bei ihnen zu Umsatzeinbußen führen werde – jeder Fünfte rechnet mit einem Rückgang von 20 Prozent oder mehr.
Mehr Eigenkapital, andere Konditionen, Abbruch von Gesprächen
Eine "äußerst zurückhaltende Finanzierungsbereitschaft der Banken" hat auch Götz U. Hufenbach, geschäftsführender Gesellschafter des Projektentwicklers benchmark.Real Estate aus Frankfurt am Main, festgestellt: "Selbst in Prozessen, die schon länger laufen." Zum Teil forderten die Banken andere Konditionen, etwa mehr Eigenkapital oder höhere Zinsmargen. Vor allem aber beendeten sie Finanzierungsgespräche "relativ abrupt" oder stellten sie "on hold". Je nach Stadium der Projektentwicklung könne dies zu mehr oder weniger deutlichen Problemen führen, vor allem aber "kommt es zu Bremseffekten".
"Die Finanzierung wird zum Flaschenhals."
Götz U. Hufenbach, geschäftsführender Gesellschafter des Projektentwicklers benchmark.Real Estate
Hufenbach kann das Verhalten der Banken nur bedingt verstehen. "Was Anfang des Jahres ein gutes Projekt war, ist doch jetzt immer noch ein gutes Projekt", meint er. Nachvollziehen könne er die Zurückhaltung allenfalls bei Hotelinvestments, weil die Branche durch Corona besonders stark betroffen sei. "Aber das zieht sich durch alle Assetklassen", berichtet er. Kritisch findet er auch, dass die Banken Parallelen zur Finanzkrise ziehen – dabei sei die Corona-Pandemie eine völlig andere Situation, da sie nicht strukturell bedingt sei, sondern eine Folge von "höherer Gewalt". Hufenbach würde sich wünschen, dass die Banken differenzierter hinschauen.
Unsicherheit unter Projektentwicklern ist groß
Hufenbach hat von Mitbewerbern gehört, dass sie ähnliche Erfahrungen mit den Banken gemacht haben. Gegenüber Haufe-Online wollten sich andere Projektentwickler jedoch nicht äußern: Auf Anfragen antworteten alle ausweichend. Verena Herfort, Geschäftsführerin des BFW Landesverbands Nord, kann sich diese Zurückhaltung durch die derzeit sehr weit verbreitete Verunsicherung erklären – viele Projektentwickler und Bauträger wüssten nicht so recht, wie es weitergehe, sagt sie.
Das hat auch die Berlin Hyp als Finanzierungsbank beobachtet.
"Wir sehen derzeit, dass ein Großteil der Marktakteure, insbesondere Projektentwickler, die Entwicklung ebenfalls eher abwarten."
Berlin-Hyp-Sprecherin Elisabeth Jenne
Wegen der aktuellen Marktlage werde "langfristig mit steigenden Risikoaufschlägen beziehungsweise höheren Eigenkapitalanforderungen zu rechnen sein", so Jenne. Generell sei davon auszugehen, "dass sich Finanzierungen, bedingt durch die Krise, in absehbarer Zeit in vertretbarem Maße verteuern werden".
JLL: Banken offen für Neugeschäft, aber zu anderen Konditionen
Die Rahmenbedingungen für Finanzierungen seien bereits zum Jahresanfang 2020 eingetrübt gewesen, hat der Immobiliendienstleister JLL festgestellt. Zur aktuellen Lage am Finanzierungsmarkt hat er im Mai 27 Institute (Pfandbriefbanken, Sparkassen, Volksbanken, Versicherer und alternative Finanzierer) befragt. Die Ergebnisse zeichnen ein gemischtes Bild.
Zwei Drittel der Befragten planen demnach, die Kreditbücher stabil zu halten oder auszubauen. „Im Gegensatz zur Finanzkrise 2008 sind die Institute zum Zeitpunkt der Befragung trotz der schwer zu quantifizierenden Unsicherheiten grundsätzlich zwar offen für Neugeschäft, aber zu anderen Konditionen, um einem tendenziell niedrigeren Beleihungsauslauf sowie tendenziell gestiegenen Finanzierungskosten Rechnung zu tragen“, so Anke Herz, Team Leader Debt Advisory JLL Germany.
„Unter den befragten Marktteilnehmern ist keiner, der sich dem Neugeschäft verschließt. Ob hier der Wunsch Vater des Gedankens ist, bleibt abzuwarten. Das kann sich in Corona-Zeiten schnell ändern, je nach Stärke und Dauer der Krise.“
Anke Herz, Team Leader Debt Advisory JLL Germany
Festzustellen sei, dass die Kreditvergaberichtlinien gegenwärtig konservativer interpretiert und nicht ausgereizt würden. Das betreffe unter anderem die Beleihungsausläufe und die finanzierten Assetklassen. Die Assetklassen Hotel und Einzelhandel seien "nur noch sehr eingeschränkt finanzierbar".