
Immer mehr Anleger setzen auf Alternative Real Estate Investments. Das wird auch auf der Expo Real in München thematisiert. Sie bieten höhere Renditechancen und das Immobilienvermögen kann effektiver strukturiert werden. Mit Know-how kann es sinnvoll sein, verstärkt auf Sozialimmobilien zu setzen.
Die Europäische Zentralbank (EZB) drückt mit ihrer Niedrigzinspolitik die Anleihenrenditen auf historische Tiefs. Investoren suchen verzweifelt nach Anlagealternativen. Immobilien stehen hierbei weit oben auf der Prioritätenliste. Sie bieten ein hohes Maß an Sicherheit und vergleichsweise passable Renditen. Doch beim Wettbieten um Objekte wird es immer schwieriger, überhaupt zum Zuge zu kommen.
„Wenn zum Beispiel Büros in Toplagen offeriert werden, gehen mitunter acht bis zehn Interessenten leer aus“, hat Ralf Kemper, Head of Valuation & Transaction Advisory Germany beim Immobiliendienstleister JLL, beobachtet. Deshalb halten sie verstärkt Ausschau nach Immobilien abseits der traditionellen Nutzungsarten Büro, Einzelhandel, Wohnen und Logistik – im Segment der Alternative Real Estates. Gemeint sind etwa Gesundheitsimmobilien wie Pflegeheime und Krankenhäuser, Serviced Appartements, Parkhäuser und Data Centers.
Bei Büros in Spitzenlagen der Top-Sieben-Städte sind dem Branchenkenner zufolge mitunter Renditen von nicht einmal mehr drei Prozent erzielbar. Selbst bei Logistikimmobilien haben sich diese innerhalb von zehn Jahren fast halbiert – auf weniger als vier Prozent. Vor wenigen Jahren zählten sie wie Hotels noch zur Kategorie der Alternative Real Estates.
Investmentumsatz mit Hotels von 2012 bis 2018 mehr als verdreifacht
Laut Christoph Schumacher, Global Head of Real Estate Credit Suisse Asset Management, sind für Alternative Assets unter anderem Folgendes typisch: Die Rendite sollte in der Regel höher sein als von klassischen Investmentansätzen. Außerdem sollten Alternative Assets volumenmäßig, risikoseitig und strukturell erkennen lassen, dass eine eigene Assetklasse mit hinreichend fungiblem Mark am entstehen ist. Dann kommen sie auch für institutionelle Anleger als Investment in Frage.
Paradebeispiel Hotel: Dort sei das Investoreninteresse durch den boomenden Städtetourismus und die Professionalisierung der Branche entfacht worden, erklärt Roman Tkaczenko, Manager bei Engel & Völkers Hotel Consulting. Der Investmentumsatz habe sich von 2012 bis 2018 – von 1,2 auf rund vier Milliarden Euro – mehr als verdreifacht. Hotels seien daher nicht mehr als Alternative Real Estates einzustufen, sondern als etablierte Nutzungsart.
Serviced Apartements und Micro-Living: Neue Wohntrends in den Städten
Das Segment ist dabei, sich auszudifferenzieren. Serviced Apartments und Micro-Living sind neue Wohntrends im urbanen Raum. Interessant aus Anlegersicht sei vor allem der geringere Managementaufwand im Vergleich zu Hotels, stellt Maximilian Ludwig, Head of Retail and Hotel der Real I.S., fest. Daher seien Investoren bereit, sich mit niedrigeren Renditen als bei Hotelinvestments zu begnügen. Zumal die Verfügbarkeit noch begrenzt ist.
Das sieht bei Gesundheitsimmobilien anders aus. „Der Investmentmarkt ist reifer, und viele Anlegergruppen haben das Segment längst im Visier“, sagt Claudius Meyer, Geschäftsführer der CR Investment Management. Zu den führenden Investmenthäusern in diesem Segment zählt AviaRent. Die Frankfurter konzipieren Spezialfonds für Pensionskassen, Versorgungswerke und Versicherungen (verwaltetes Vermögen: 1,5 Milliarden Euro).
Sozialimmobilien: Cashflow lässt sich auf Jahre hinaus im Voraus prognostizieren
Investiert wird bevorzugt in Pflegeheime und Immobilien für betreutes Wohnen – Nettoausschüttung: 4,75 Prozent. Das Segment biete beste Wachstumsperspektiven, ist AviaRent-Vorstand Hannes Ressel überzeugt. Bis 2030 müssten aufgrund der demografischen Entwicklung allein in Deutschland rund 80 Milliarden Euro in Neu- und Modernisierungsbauten von Pflegeheimen investiert werden.
Auch der dritte allgemeine schwedische Pensionsfonds – über seine Tochter Hemsö (verwaltetes Immobilienvermögen: fünf Milliarden Euro) – setzt auf dieses Segment. „Es gibt keine gewerbliche Nutzungsart, deren Cashflow sich so exakt auf Jahre hinaus im Voraus prognostizieren lässt wie der von Sozialimmobilien“, weiß Hemsö Deutschland-Geschäftsführer Jens Nagel. Dazu gehören neben Pflegeheimen unter anderem Kindergärten, Schulen und Universitäten. Obwohl die Vorzüge eigentlich auf der Hand liegen, kann es dennoch eine Zeitlang dauern, bis sie bei Assetmanagern auf Resonanz stoßen.
Große Publikumsfonds bleiben bei Büro- und Einzelhandelsobjekten
Große, lange bestehende Publikumsfonds haben nach wie vor insbesondere zwei Nutzungsarten im Fokus – Büro- und Einzelhandelsobjekte, sagt Michael Schneider, Geschäftsführer der IntReal International Real Estate Kapitalverwaltungsgesellschaft (Intreal). Ihr Portfolioanteil betrage im Schnitt mehr als 70 Prozent. Selbst etablierte Nutzungsarten wie Wohnen und Logistik brächten es allenfalls auf marginale Quoten. Spezialfonds für institutionelle Investoren griffen neue Investmentthemen meist weit schneller und beherzter auf.
Der Entdeckungsprozess eines neuen Anlagesegments läuft meist nach folgendem Muster ab: Zunächst zeigen wenige Investoren, die First Mover, Interesse an Investments. Später, wenn auch andere Marktteilnehmer Chancen und Risiken der Assetklasse einzuschätzen verstünden, stiegen dort Nachfrage und Preise, die Renditen würden sinken, so Kemper.
Alternative Real Estate erfordern Know-how
Viele Alternative Real Estates sind Betreiberimmobilien, für deren Beurteilung umfangreiches Know-how erforderlich ist. „Qualität und Lage eines Objekts sind zu bewerten sowie die Professionalität des Betreibers und sein Vermarktungskonzept“, sagt Jan Linsin, Head of Research Germany beim Immobiliendienstleister CBRE. Dieses Wissen ist zur Beurteilung von Investments in Sozialimmobilien ebenso nötig wie in Parkhäuser oder Data Centres.
„Das institutionelle Anleger an Parkhäusern Gefallen finden, mag angesichts der Klimadebatte verwundern“, räumt Schumacher ein. Doch die Parknot in den Städten sei groß. Frank van der Sant, Chief Commercial Officer der Apcoa Parking Group, die in Deutschland 300 Parkhäuser betreibt, sieht in der E-Mobilitätswende große Chancen für seine Branche.
Zukunftstrend: Vernetzte Mobilität
„Der vernetzten Mobilität gehört die Zukunft“, prophezeit van der Sant. Davon würden auch Parkraumdienstleister wie Apcoa profitieren, etwa als Service-Station für Carsharing-Dienstleister, E-Bike- und E-Scooter-Anbieter. Die Digitalisierung führt nicht nur im Verkehr zu einer Explosion des Datenaufkommens. „Der Bedarf an Speicherkapazitäten und Data Centers verzeichnet enorme Wachstumsraten“, sagt Schumacher. Die Entwicklung zu einer eigenständigen institutionellen Anlageklasse stehe in Europa allerdings noch am Anfang.
Veranstaltungstipps zum Thema:
Alternative Real Estate Investment: Jenseits von Büro-, Einzelhandels, Wohn- und Logistikimmobilien
8. Oktober 2019
11:15 - 12:15 Uhr
Halle B2, Konferenzraum B21
Moderator: Achille Simo, Jones Lang LaSalle SE
Teilnehmer: Amal Del Monaco, AXA IM - Real Assets, Thomas Kallenbrunnen, PGIM Real Estate Germany AG, Ralf Kemper, Jones Lang LaSalle SE, Ollie Saunders, Jones Lang LaSalle Limited, Francisca Farina Fischer, Credit Suisse Asset Management (Switzerland) Ltd., Tina Störmer, Swiss Life Asset Managers