
Wohnungspolitische Themen wie Mietendeckel oder Enteignung sind medial präsent und polarisieren. Tatsächlich sind die Kenntnisse der Mieter und Eigentümer über den deutschen Immobilienmarkt und seine Akteure eher gering. Die Wahrnehmung entspricht selten den Fakten, wie eine Forsa-Umfrage zeigt.
So gehen 46 Prozent der vom Meinungsforschungsinstitut Forsa im Auftrag des BFW Bundesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen befragten rund 2.000 Mieter und Eigentümer davon aus, dass börsennotierte Wohnungsunternehmen mehr als 25 Prozent des Wohnungsbestandes in Deutschland halten. Elf Prozent glauben sogar, es seien mehr als 50 Prozent. Tatsächlich sind es aber nur 2,2 Prozent. Knapp 77 Prozent des Wohnungsbestandes werden von Selbstnutzern oder privaten Kleinvermietern und 21 Prozent von gewerblichen Anbietern gehalten.
Wer baut die meisten Miet- und Sozialwohnungen in Deutschland?
40 Prozent der befragten Umfrageteilnehmer glauben, dass Genossenschaften die meisten Mietwohnungen bauen. Tatsächlich bauen diese aber nur neun Prozent der neuen Mietwohnungen. 91 Prozent der Wohnungen werden von privaten Nutzern oder gewerblichen Unternehmen gebaut. So übernehmen der Umfrage zufolge alleine die derzeit rund 1.600 mittelständischen Immobilienunternehmen des BFW in den sieben größten deutschen Städten (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München, Stuttgart) 50 Prozent des Wohnungsneubaus.
"Die verschobene Wahrnehmung über die Akteure des Immobilienmarktes ist auch einem zunehmenden, irreführenden Populismus verschiedenster Akteure geschuldet, die damit gesellschaftliche Experimente am Wohnungsmarkt durchsetzen wollen." BFW-Präsident Andreas Ibel
Darüber hinaus gehen 78 Prozent der Umfrageteilnehmer davon aus, dass kommunale Wohnungsgesellschaften und Wohnungsbaugenossenschaften die meisten Sozialwohnungen errichten. Auch das das sei ein Trugschluss, so die Studienautoren. Beispiel: Im Jahr 2017 hatten etwa in Nordrhein-Westfalen die privaten Wohnungsinvestoren mit 55 Prozent den Hauptanteil am sozialen Wohnungsbau.
66 Prozent halten Mietpreisbremse für ein wirksames Instrument
Obwohl 83 Prozent der Mieter (80 Prozent der Eigentümer) angaben, dass sie den Wohnungsneubau für das wirksamste Instrument gegen steigende Mieten und Wohnraummangel sehen, halten laut Umfrage 68 Prozent der Mieter (55 Prozent der Eigentümer) einen Mietendeckel und 56 Prozent der Mieter (51 Prozent der Eigentümer) die Mietpreisbremse für ein wirksames Instrument.
Gleichzeitig empfinden lediglich 18 Prozent der Mieter ihre aktuelle Miete als zu hoch. Nur etwa ein Prozent glaubt, selbst konkrete Vorteile durch diese wohnungspolitischen Instrumente zu haben. 25 Prozent antworteten mit "Weiß nicht", während 68 Prozent angaben, keine Vorteile zu haben, da sie nicht in einem Gebiet mit Mietobergrenzen wohnen.
Thema "Wohnen": Was wird in den Medien wahrgenommen?
Obwohl 83 Prozent aller Umfrageteilnehmer im Wohnungsneubau ein "eher wirksames" Instrument gegen steigende Mieten sehen, nehmen dieses Thema nur neun Prozent der Befragten in den Medien wahr. Das Thema "steigende Mieten" in der medialen Berichterstattung nehmen hingegen 33 Prozent der befragten Mieter und 40 Prozent der befragten Eigentümer wahr.
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass sich 55 Prozent der befragten Mieter und 32 Prozent der Eigentümer "große Sorgen" machen, ob ihr Einkommen im Alter noch ausreichen wird, den aktuellen Wohnstandard zu halten. Von diesen beiden Gruppen gehen insgesamt 49 Prozent davon aus, dass die Wohnungsmieten weiter steigen werden.
Die Studienautoren kommen zu dem Schluss: Nicht nur Teile der Politik, sondern auch Medien und Öffentlichkeit messen Maßnahmen zur Symptombekämpfung größere Aufmerksamkeit bei als der Ursachenbekämpfung. Es sei Zeit für eine Rückkehr zu Sachlichkeit, forderte Ibel bei Vorstellung der Umfrage "Wie wohnt Deutschland?", die er in Berlin gemeinsam mit Prof. Manfred Güllner, dem Leiter des Forsa-Instituts, vorgestellt hat. Und für "zielgenaue wohnungspolitische Instrumente", etwa um durch mehr Wohneigentum Zukunftsängste abzubauen.
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