PropTech-Report: Auswirkungen der Krise werden messbar

Viele PropTechs leiden unter der Immobilienkrise. Die Pleitewelle ist bisher ausgeblieben, aber es gibt mehr Insolvenzen, wie der neue Blackprint-Report zeigt. Die Finanzierungslage ist vor allem für Early Stager düster. Lieblingsthema der Wagniskapitalgeber ist Energieeffizienz.

Zum Stichtag 30.6.2023 sind 803 wirtschaftsaktive Startups mit Hauptsitz in Deutschland im PropTech-Segment tätig – das sind 2,4 Prozent mehr Unternehmen als Ende 2022. Ende Juni 2023 waren 70 neue Startups registriert, was einer Neugründungsquote von 8,7 Prozent entspricht und nahezu das Niveau des gesamten Vorjahres (73 PropTechs) erreicht. Das ist ein Ergebnis des aktuellen Blackprint PropTech Reports.

Trotz der Neugründungen: Erstmals werden laut Blackprint die wirtschaftlichen Folgen der Krise ablesbar, auch wenn die befürchtete Pleitewelle bisher ausgeblieben ist. Im Vergleich zu 2022 sind bereits im Halbjahr 2023 rund 55 Prozent mehr PropTechs durch Insolvenz oder Liquidation in wirtschaftlicher Schieflage geraten. Was handelsregisterliche Löschungen betrifft, ist schon jetzt die Zahl von 2021 erreicht. Blackprint erwartet, dass in diesem Jahr die meisten Marktabgänge seit Beginn der Analyse im Jahr 2016 verzeichnet werden.

Ballungstrend gestoppt – aber noch trenden die "Top 7"

Insgesamt befinden sich zum Stichtag Ende Juni 2023 schon mehr als zwei Drittel (72) PropTech-Startups in wirtschaftlicher Not – davon sind 28 seit Anfang Januar angeschlagen, 41 haben innerhalb der vergangenen zwölf Monaten Probleme. Von den seit 2013 gegründeten und als Startups definierten PropTechs sind seitdem insgesamt 35 gelöscht, davon allein sieben im ersten Halbjahr 2023. Zum Vergleich: 2022 waren es 13 und im Jahr 2021 insgesamt sieben PropTech-Unternehmen.

Die Ballungstendenzen bei der Ansiedelung von PropTech Startups weisen einen messbaren Stillstand auf, auch wenn die deutschen "Top 7-Städte" (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main Hamburg, Köln, München, Stuttgart) auch 2023 die bevorzugten Standorte bleiben. Von den neugegründeten PropTechs sind knapp die Hälfte (48,6 Prozent) in den Metropolen angesiedelt – allein 41,4 Prozent in Berlin, München und Hamburg.

Berlin bleibt die PropTech-Stadt Nummer eins

Insgesamt haben dem Report zufolge 455 (56,7 Prozent) der PropTechs den Sitz in den sieben größten deutschen Städten – im Jahr 2022 waren es 58 Prozent. Berlin ist mit 24,4 Prozent aller deutschen PropTechs Spitzenreiter, verliert aber 1,4 Prozent zum Vorjahr. München als beliebter Innovationsstandort verteidigt mit 11,8 Prozent den zweiten Platz (plus 0,1 Prozent) und Hamburg den dritten Platz, vor Köln und Stuttgart im Ranking. Frankfurt ist mit 3,1 Prozent auf Platz sechs und Düsseldorf mit 1,7 Prozent auf Platz sieben.

Rund 73 Prozent der PropTech-Unternehmen haben den Sitz in den Bundesländern Berlin, Bayern, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg.

Zwei von drei PropTech-Startups sind Early Stager

Ein Drittel der deutschen Startups im Blackprint-Report sind in der Planungs- und Errichtungsphase tätig. Die meisten (knapp 19 Prozent) – wie bereits im Vorjahr – in der Kategorie "Bauen & Sanieren". Die Fokustendenzen sind deutlich erkennbar. Die Zahl der PropTechs im Bereich "Energieeffizienz" steigt im ersten Halbjahr 2023 um zwei Prozentpunkte gegenüber dem vorigen Report auf nun 10,5 Prozent. "Smarte Gebäudeeffizienz" legt von 8,8 Prozent auf 9,8 Prozent zu.

Gemessen am Reifeindikator Mitarbeitercluster ist erkennbar, dass die Anzahl der PropTechs mit steigenden Mitarbeiterzahlen abnimmt. Der Großteil (64 Prozent) der deutschen PropTech Startups muss laut Blackprint als Early Stager mit maximal zehn Mitarbeitern definiert werden. Trotzdem lässt sich ein steigender Reifegrad am zunehmenden Anteil der PropTechs mit großer Belegschaft feststellen: Neun Prozent (2022: 7,5 Prozent) haben 51 oder mehr Beschäftigte, was auf Wachstumspotenzial hinweist. Von den großen PropTechs entfällt der höchste Anteil (26,4 Prozent) auf die Kategorien smarte Gebäudeeffizienz oder Energieeffizienz.

Zahl der Finanzierungsrunden sinkt

Das Vorjahr war trotz Krisenstimmung für den deutschen PropTech-Sektor in punkto Wagniskapital (Venture Capital) ein Rekordjahr. Mehr als 767 Millionen Euro wurden in Startups mit Immobilienlebenszyklus-Bezug investiert. Bereits in der ersten Jahreshälfte 2023 steht der Sektor mit stichtagsbezogenen 644 Millionen Euro nach offiziellen Zahlen bei knapp 84 Prozent des Gesamtvorjahresvolumens.

Insgesamt ist die Zahl der Finanzierungsrunden aber gesunken. Während im ersten Halbjahr 2023 insgesamt 28 Finanzierungsrunden bekannt wurden, waren dies im Vergleichszeitraum des Vorjahres 39. Es zeigt sich eine deutliche Zurückhaltung bei den Investoren, wie erstmals im Report eingeholten Lageeinschätzungen von Experten aus dem PropTech-Wagniskapitalsektor. Der Markt verzeichnet einen höheren Anteil von Later-Stage-Finanzierungen bei gleichzeitig massiv gesunkener Quote an frühphasigen Pre-Seed- und Seed-Investments.

Wagniskapital: Investoren lieben Energieeffizienz

Die Wagniskapitaltöpfe werden nur sehr fokussiert allokiert: Sowohl das höchste Investitionsvolumen (83 Prozent des Gesamtanteils), als auch mehr als ein Drittel aller Investitionsrunden im Jahr 2023, entfallen im ersten Halbjahr auf PropTechs mit einem nachhaltigen und auf Energie fokussiertem Geschäftsmodell. Energieeffizienz und Dekarbonisierung sind laut Blackprint messbar das neue Lieblingsthema von PropTech-Investoren: Von den acht höchsten Finanzierungsrunden mit mindestens zweistelligen Millioneninvestments entfallen fünf auf diese Wertschöpfungsstufe.

Für die meisten anderen PropTechs, insbesondere frühphasige Startups, zeigt die Analyse, dass sich die schwierige Lage des Sektors aus dem Report von 2022 im ersten Halbjahr 2023 fortsetzt. "Die negativen Auswirkungen auf den PropTech-Sektor sind allerdings kein Startup- sondern ein Branchenproblem", sagt Sarah Schlesinger, Managing Partner von Blackprint.

Blackprint PropTech Report

Mit dem seit 2021 halbjährlich erscheinenden PropTech Report dokumentiert und analysiert die auf Digitalisierung am Bau und im Immobiliensektor spezialisierte Blackprintpartners GmbH anhand messbarer Indikatoren die Entwicklungen des deutschen Startup- und -Wagniskapitalsektors als Treiber für den Innovationsreifegrad der Branche.

Blackprint PropTech Report zum ersten Halbjahr 2023


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Schlagworte zum Thema:  PropTech, Immobilienwirtschaft