Verkehrssicherungspflicht: Wer haftet bei Sturmschäden?

Die ersten Herbststürme fegen über das Land, und Meteorologen warnen vor schweren Orkanböen. Von Schäden sind oft auch Gebäude betroffen. In der Regel haften die Eigentümer. Doch auch Verwalter können Pflichten haben.

Was passiert, wenn lose Dachziegel bei starkem Wind auf andere Gebäude oder Autos fallen, wenn Bäume oder Äste dem Sturm nicht standhalten und Personenschäden verursachen?

In der Regel obliegt dem Eigentümer die Verkehrssicherungspflicht – er ist für den ordnungsgemäßen und gefahrlosen Zustand des Gebäudes verantwortlich – und die Kontrollpflicht.

Häuser sturmfest machen: Wer ist in der Pflicht?

Zu den Maßnahmen zur Sicherung von Gebäuden oder zur vorbeugenden Schadensminderung gehört das regelmäßige Überprüfen von Dachziegeln, Regenrinnen, Schornsteinen, Solaranlagen oder Satellitenschüsseln sowie von Zäunen und Bäume auf einem Grundstück, vor und nach dem Sturm. Sichtbare Hinweise auf mögliche Gefahrenquellen könnten etwaige Haftungsansprüche reduzieren.

Vermieter können die Verkehrssicherungspflicht durch Vereinbarung im Mietvertrag oder in der Hausordnung auf Mieter übertragen. Dann muss kontrolliert werden.

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) kann einen Verwalter bestellen und ihm die Pflicht übergeben – der fungiert gemäß § 9b Wohnungseigentumsgesetz (WEG) als ausführendes Organ. Seit der WEG-Reform, die am 1.12.2020 in Kraft getreten ist, obliegt die originäre Verkehrssicherungspflicht der Gemeinschaft, die haftet für Pflichtverletzungen der Verwaltung.

Haftung des WEG-Verwalters im Innenverhältnis

Bei manch einem eingetretenen Schaden ist Eile geboten: Etwa, wenn ein Sturm das Dach beschädigt hat und es schon ins Haus regnet. Im Notfall kann und muss der Verwalter nach § 27 Abs 1. Nr. 2 WEG ohne eine vorherige Einberufung einer Eigentümerversammlung handeln und dafür sorgen, dass die Gefahrenlage beseitigt wird und sich der Schaden somit nicht vergrößert. Darauf weist der Verband der Immobilienverwalter Deutschland (VDIV) hin.

Für Maßnahmen, die der dauernden Behebung der Schadensursache dienen, kommt es demnach darauf an, ob diese von § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG umfasst sind – beziehungsweise ob die Gemeinschaft dem Verwalter über § 27 Abs. 2 WEG die notwendige Entscheidungskompetenz eingeräumt hat.

Im WEG ist zudem geregelt, dass die Verwaltung verpflichtet ist, für eine angemessene Versicherung der Eigentümer gegen Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht-Ansprüche zu sorgen. Der Verwalter kann im Innenverhältnis zur Eigentümergemeinschaft haften, wenn er seiner Aufgabenerfüllung schlecht oder gar nicht nachkommt.

Was müssen Verwalter der Versicherung mitteilen?

Immobilienverwalter sollten für aussagefähige Dokumentation und Beweissicherung durch Fotos sorgen. Für die Schadensbegleichung durch die Versicherung könnten auch Zeugenaussagen dokumentiert werden, heißt es beim VDIV. Bei der Meldung sollten Schadensumfang und -zeitpunkt möglichst exakt beschrieben und alle beschädigten Gegenstände aufgelistet werden. Ratsam kann auch sein, beschädigten Gegenstände bis zum Abschluss der Schadensbearbeitung oder einer Entsorgungsfreigabe des Versicherers aufzubewahren.

Der VDIV weist zudem darauf hin, dass ein ersatzpflichtiger Sturmschaden nur bei mindestens "Windstärke 8" entsteht – das entspricht einer Windgeschwindigkeit von 62 Kilometern pro Stunde. Nachweisbar ist die Windstärke am einfachsten durch Wetterdaten. Hilfsweise kann der Versicherungsnehmer in der Umgebung entsprechende Schäden an baulich einwandfreien Gebäuden und widerstandsfähigen Sachen zum Vergleich heranziehen, um zu beweisen, dass der Schaden am eigenen Gebäude ebenfalls nur durch den Sturm entstanden sein konnte.

Grundsätzlich ist der entstandene Schaden schnellstmöglich dem Versicherungsmakler respektive dem Versicherer zu melden. Für die tatsächliche Reparatur der Schäden müssten Verwalter Kostenvoranschläge einholen und der Versicherung nachreichen.

Sturm Regenschirm

Was sollten Immobilienverwalter präventiv tun?

Zu den dem Verwalter übertragenen Aufgaben im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht gehört es, Mängel am Gebäude festzustellen, die Wohnungseigentümer über diese zu unterrichten und ihre Entscheidung über das weitere Vorgehen herbeizuführen. Das passiert durch regelmäßige Begehungen der Wohnanlage, um sicherzustellen, dass sie sich in einem ordnungsgemäßen Zustand befindet.

Der Verwalter kann Hilfskräfte hinzunehmen oder Wartungsfirmen beauftragen. Zur Kontrolle gehört auch, dass der Verwalter Hinweisen von Eigentümern oder anderen Dritten zeitnah nachgehen muss. In Bezug auf Sturmschäden wird häufig das Dach zur Gefahrenquelle. Dieses Risiko kann er durch eine jährliche Wartung, etwa in Kombination mit einer Dachrinnenreinigung im Herbst verringern.

Im Gemeinschaftseigentum befindliche Gehölzen wie Bäume sollten laut VDIV am besten regelmäßig vom Fachmann inspiziert und von Totholz befreit werden.

Welche Versicherung zahlt bei Sturmschäden?

Je nach Schaden kommen unterschiedliche Versicherungen in Frage. Die Gebäudeversicherung zahlt Schäden am Haus. Dazu gehören auch das gemeinschaftliche Eigentum oder im Sondereigentum stehende Gebäudeteile. Der Klassiker bei Stürmen sind abgedeckte oder beschädigte Dächer.

Die Gebäudeversicherung kommt grundsätzlich auch für Folgeschäden wie durchfeuchtete Wände oder Fußböden auf. In der Regel werden Gebäude neben der Feuergefahr auch gegen Sturm, Hagel und Leitungswasser versichert. Dabei empfiehlt es sich, den Versicherungsschutz auf Nebengebäude und Gebäudebestandteile – wie Zäune – zu erweitern und die Beseitigung durch vom Sturm umgestürzte Bäume zu prüfen. Gerade Letzteres kann kostspielig werden.

Je nach baulicher Situation sollte die Gebäudeversicherung zudem durch weitere Bausteine ergänzt werden: Bei einem besonders hohen Glasanteil der Architektur ist eine Glasversicherung eine Überlegung wert. Eine Photovoltaikanlage erfordert in vielen Fällen ebenfalls eine eigene Versicherung.

Ergänzende Hinweise des VDIV:

  • Verursacht ein Sturm eine Überschwemmung im Keller, dann zahlt die Gebäudeversicherung in der Regel nur, wenn extra eine Elementarschadenversicherung abgeschlossen wurde.
  • Die Hausratversicherung des einzelnen selbstnutzenden Wohnungseigentümers oder Mieters deckt Schäden an dessen beweglichem Hab und Gut ab, also etwa den zerfetzten Sonnenschirm auf dem Balkon. Hiermit hat der WEG-Verwalter nichts zu tun.
  • Die (Teil-)Kaskoversicherung ist der richtige Ansprechpartner, wenn es um Schäden an Fahrzeugen auf dem Stellplatz der Wohnanlage geht. Auch das ist nicht Aufgabe des WEG-Verwalters.


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