BGH: Rechtzeitige Zahlung der Gerichtskosten bei Anfechtungsklage

Für die Einzahlung der Gerichtskosten für eine Anfechtungsklage hat ein Wohnungseigentümer in der Regel eine Woche ab Erhalt der Kostenrechnung Zeit, zuzüglich maximal 14 Tage. Verzögerungen zwischen Klageeinreichung und Ablauf der Anfechtungsfrist bleiben außer Betracht.

Hintergrund

In einer Eigentümerversammlung am 16.6.2016 fassten die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft mehrere Beschlüsse. Am 13.7. reichte ein Wohnungseigentümer beim Amtsgericht eine Anfechtungsklage gegen einige der Beschlüsse ein. Mit Schreiben vom 15.7. forderte das Gericht den klagenden Eigentümer auf, den Gerichtskostenvorschuss einzuzahlen. Ob der Eigentümer das Schreiben des Gerichts bereits am Montag, 18.7. oder erst am Mittwoch, 20.7. erhalten hat, ist unklar.

Am Dienstag, 9.8. ging der Gerichtskostenvorschuss bei der Gerichtskasse ein, woraufhin die Klage dem Verwalter am 17.8. zugestellt wurde.

Amts- und Landgericht haben die Anfechtungsklage bereits deshalb abgewiesen, weil die einmonatige Klagefrist nach § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG nicht eingehalten worden sei. Die Klage sei auch nicht „demnächst“ im Sinne von § 167 ZPO zugestellt worden.

Entscheidung

Der BGH teilt die Auffassung von Amts- und Landgericht nicht. Der Eigentümer hat die Klagefrist gewahrt.

Zwar wurde die Klage nicht innerhalb eines Monats nach Beschlussfassung am 16.6. zugestellt, sondern erst im August. Die Zustellung ist allerdings „demnächst“ im Sinne von § 167 ZPO erfolgt und wirkt daher auf den Tag der Klageeinreichung am 13.7. zurück, an dem die Anfechtungsfrist noch nicht abgelaufen war.

Das Merkmal „demnächst“ ist erfüllt, wenn sich die der Partei zuzurechnenden Verzögerungen in einem hinnehmbaren Rahmen halten. Bei der Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses ist dies der Fall, wenn sich der für die Zustellung der Klage ohnehin erforderliche Zeitraum infolge Nachlässigkeit des Klägers um nicht mehr als 14 Tage verzögert hat, wie der BGH bereits 2015 klargestellt hat.

Dass hier zwischen dem Zugang der Zahlungsaufforderung der Gerichtskasse beim Anfechtungskläger am 18. oder 20.7. und dem Eingang des Kostenvorschusses bei Gericht mehr als 14 Tage gelegen haben, steht der Annahme einer „demnächstigen“ Zustellung nicht entgegen. Entscheidend ist vielmehr, ob dem Kläger eine Verzögerung des Verfahrens von mehr als 14 Tagen vorgeworfen werden kann. Das ist nicht der Fall.

Eine Prozesspartei muss nämlich nicht an demselben Tag tätig werden, an dem sie die Anforderung der Gerichtskosten erhält. Vielmehr hat sie in der Regel eine Woche Zeit, um für eine ausreichende Kontodeckung zu sorgen und den Vorschuss zu überweisen.

Wenn der Kläger die Gerichtskostenrechnung am 20.7. bekommen haben sollte, kann ihm deshalb ein Untätigbleiben bis einschließlich 27.7. nicht vorgeworfen werden. Der 14-Tages-Zeitraum hätte dann am 28.7. begonnen und wäre erst am 10.8. abgelaufen.

Auch wenn der Eigentümer die Gerichtskostenrechnung schon am 18.7. bekommen haben sollte, kann ihm keine über 14 Tage hinausgehende Verzögerung zugerechnet werden. Zwar wäre bei einem Zugang am 18.7. und unter Berücksichtigung einer dem Kläger zuzubilligenden Wochenfrist für die Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses bis zum 25.7. (Montag) der Zeitraum von 14 Tagen grundsätzlich bereits am 8.8. (Montag) abgelaufen, so dass die Zahlung am 9.8. eigentlich verspätet wäre. Einer Partei kann aber nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass sie in der Zeit von der Einreichung der Klage bis zum Ablauf der Klagefrist nichts unternommen hat. Wenn eine Klage bereits vor Ablauf einer durch Zustellung zu wahrenden Frist eingereicht worden ist, die Zustellung der Klage aber erst nach Ablauf der Frist erfolgt ist, sind bis zum Fristablauf eingetretene Versäumnisse in die maßgebliche 14-Tages-Frist nicht mit einzurechnen.

Das ist hier der Fall. Die Klagefrist lief erst am Montag, 18.7. ab, weil der 16.7., der Tag des datumsmäßigen Fristablaufs, ein Samstag war. Die bis dahin eingetretenen Versäumnisse sind dem klagenden Eigentümer nicht zuzurechnen. Es kommen daher nur Verzögerungen ab dem 19.7., also dem Tag nach Ablauf der Klagefrist, in Betracht. Bei einer Erledigungsfrist von einer Woche bis 26.7. wäre die Einzahlung am 9.8. noch innerhalb des 14-Tage-Zeitraums erfolgt und damit rechtzeitig.

(BGH, Urteil v. 17.5.2019, V ZR 34/18)

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