II.1. Einstufungskriterien
Anderen Kunden als den in Abschnitt I genannten, einschließlich öffentlich-rechtlicher Körperschaften, kommunaler Behörden und Gebietskörperschaften und individueller privater Anleger, kann es ebenfalls gestattet werden, auf das Schutzniveau zu verzichten, das von den Wohlverhaltensregeln geboten wird.
Wertpapierfirmen wird folglich gestattet, diese Kunden als professionelle Kunden zu behandeln, sofern die nachstehend genannten einschlägigen Kriterien und Verfahren eingehalten werden. Bei diesen Kunden wird allerdings nicht davon ausgegangen, dass sie über Marktkenntnisse und -erfahrungen verfügen, die denen der Kunden nach Abschnitt I vergleichbar sind.
Eine Senkung des normalerweise von den Wohlverhaltensregeln gebotenen Schutzniveaus ist nur dann zulässig, wenn die Wertpapierfirma sich durch eine angemessene Beurteilung des Sachverstands, der Erfahrungen und der Kenntnisse des Kunden davon vergewissert hat, dass dieser in Anbetracht der Art der geplanten Geschäfte oder Dienstleistungen nach vernünftigem Ermessen in der Lage ist, Anlageentscheidungen zu treffen und die damit einhergehenden Risiken versteht.
Der Eignungstest, der auf Manager und Führungskräfte von Unternehmen angewandt wird, die aufgrund von Finanzrichtlinien zugelassen sind, könnte als ein Beispiel für die Beurteilung des Sachverstands und der Kenntnisse angesehen werden. Im Falle kleiner Unternehmen wird die Person, die befugt ist, Geschäfte im Namen des Unternehmens zu tätigen, der dieser Beurteilung unterzogen.
Diese Beurteilung muss ergeben, dass mindestens zwei der folgenden Kriterien erfüllt werden:
- Der Kunde hat an dem relevanten Markt während der vier vorhergehenden Quartale durchschnittlich pro Quartal 10 Geschäfte von erheblichem Umfang abgeschlossen.
- Das Finanzinstrument-Portfolio des Kunden, das definitionsgemäß Bardepots und Finanzinstrumente umfasst, übersteigt 500 000 EUR.
- Der Kunde ist oder war mindestens ein Jahr lang in einer beruflichen Position im Finanzsektor tätig, die Kenntnisse über die geplanten Geschäfte oder Dienstleistungen voraussetzt.
Die Mitgliedstaaten können spezifische Kriterien für die Beurteilung des Sachverstands und der Kenntnisse von Gebietskörperschaften und kommunalen Behörden festlegen, die eine Einstufung als professionelle Kunden beantragen. Diese Kriterien können alternativ oder zusätzlich zu den in Absatz 5 aufgeführten Kriterien herangezogen werden.
II.2. Verfahren
Diese Kunden können nur dann auf den Schutz durch die Wohlverhaltensregeln verzichten, wenn folgendes Verfahren eingehalten wird:
- Sie müssen der Wertpapierfirma schriftlich mitteilen, dass sie generell oder in Bezug auf eine bestimmte Wertpapierdienstleistung oder ein bestimmtes Wertpapiergeschäft oder in Bezug auf eine bestimmte Art von Geschäft oder Produkt als professioneller Kunde behandelt werden möchten.
- Die Wertpapierfirma muss sie schriftlich klar darauf hinweisen, welches Schutzniveau und welche Anlegerentschädigungsrechte sie gegebenenfalls verlieren.
- Die Kunden müssen schriftlich in einem vom jeweiligen Vertrag getrennten Dokument bestätigen, dass sie sich der Folgen des Verlustes dieses Schutzniveaus bewusst sind.
Wertpapierfirmen müssen verpflichtet sein, durch angemessene Vorkehrungen sicherzustellen, dass ein Kunde, der als professioneller Kunde behandelt werden möchte, die einschlägigen Kriterien gemäß Abschnitt II.1 erfüllt, bevor sie einem Antrag auf Verzicht auf den Schutz stattgeben.
Wurden Kunden hingegen aufgrund von Parametern und Verfahren, die den obengenannten vergleichbar sind, bereits als professionelle Kunden eingestuft, ändert sich ihr Verhältnis zu den Wertpapierfirmen durch neue, aufgrund dieses Anhangs angenommene Regeln nicht.
Die Firmen müssen zweckmäßige schriftliche interne Strategien und Verfahren einführen, anhand deren die Kunden eingestuft werden können. Die professionellen Kunden sind dafür verantwortlich, die Wertpapierfirma über alle Änderungen zu informieren, die ihre Einstufung beeinflussen könnten. Gelangt die Wertpapierfirma zu der Erkenntnis, dass der Kunde die Bedingungen nicht mehr erfüllt, die ihn anfänglich für eine Behandlung als professioneller Kunde in Frage kommen ließen, so muss sie entsprechende Schritte in die Wege leiten.