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Inhaltsübersicht
1. Allgemeines
2. Sachlicher und zeitlicher Geltungsbereich
3. Zinsschuldner/-gläubiger
4. - 9. Zinslauf
10. Zinslaufbeginn bei rückwirkenden Ereignissen und Verlustrückträgen
11. - 13. Grundsätze der Zinsberechnung
14. - 40. Zinsberechnung bei der erstmaligen Steuerfestsetzung
41. - 59. Zinsberechnung bei einer Korrektur der Steuerfestsetzung oder der Anrechnung von Steuerbeträgen
60. Zinsberechnung bei sog. NV-Fällen
61. Zinsberechnung bei der Vermögensteuer
62. Zinsberechnung bei Vorsteuer-Vergütungsansprüchen
63. - 68. Verhältnis zu anderen steuerlichen Nebenleistungen
69. - 70. Billigkeitsmaßnahmen
71. - 73 Rechtsbehelfe
74. Berücksichtigung rückwirkender Ereignisse in Grundlagenbescheiden
1. Allgemeines
1Die Verzinsung nach § 233a (Vollverzinsung) soll im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen einen Ausgleich dafür schaffen, dass die Steuern trotz gleichen gesetzlichen Entstehungszeitpunkts, aus welchen Gründen auch immer, zu unterschiedlichen Zeitpunkten festgesetzt und erhoben werden. 2Die Verzinsung ist gesetzlich vorgeschrieben; die Zinsfestsetzung steht nicht im Ermessen der Finanzbehörde. 3Die Zinsen werden grundsätzlich im automatisierten Verfahren berechnet, festgesetzt und zum Soll gestellt. 4Die Zinsfestsetzung wird regelmäßig mit dem Steuerbescheid oder der Abrechnungsmitteilung verbunden.
2. Sachlicher und zeitlicher Geltungsbereich
1Die Verzinsung nach § 233a ist beschränkt auf die Festsetzung der Einkommen-, Körperschaft-, Vermögen-, Umsatz- und Gewerbesteuer (§ 233a Abs. 1 Satz 1). 2Zu verzinsen ist auch der Steuervergütungsanspruch nach § 18 Abs. 9 UStG i.V.m. §§ 59 ff. UStDV (BFH-Urteil vom 17.4.2008 - V R 41/06 - BStBl 2009 II, S. 2); zur Zinsberechnung vgl. auch Nr. 62. 3Von der Verzinsung ausgenommen sind die übrigen Steuern und Abgaben sowie Steuervorauszahlungen und Steuerabzugsbeträge (§ 233a Abs. 1 Satz 2); vgl. auch BFH-Beschluss vom 18.9.2007 - I R 15/05 - BStBl 2008 II, S. 332, und BVerfG-Beschluss vom 3.9.2009 - 1 BvR 1098/08 - BFH/NV, S. 2115. 4Auch bei der Nachforderung von Abzugsteuern gegenüber dem Arbeitnehmer (vgl. BFH-Urteil vom 17.11.2010 - I R 68/10 - BFH/NV 2011, S. 737), der Festsetzung der vom Arbeitgeber übernommenen Lohnsteuer sowie der Festsetzung der Umsatzsteuer im Abzugsverfahren erfolgt keine Verzinsung nach § 233a. 5Kirchensteuern werden nur verzinst, soweit die Landeskirchensteuergesetze dies vorsehen. 6Als Einfuhrabgabe unterliegt die Einfuhrumsatzsteuer den sinngemäß geltenden Vorschriften für Zölle, weshalb ein sich bei der Festsetzung von Einfuhrumsatzsteuer ergebender Unterschiedsbetrag nicht nach § 233a zu verzinsen ist (BFH-Urteil vom 23.9.2009 - VII R 44/08 - BStBl 2010 II, S. 334). 7Der AO lässt sich im Übrigen kein allgemeiner Grundsatz des Inhalts entnehmen, dass Ansprüche des Steuerpflichtigen aus dem Steuerschuldverhältnis auch ohne einzelgesetzliche Grundlage stets zu verzinsen sind (vgl. BFH-Urteil vom 16.12.2009 - I R 48/09 - BFH/NV 2010, S. 827).
3. Zinsschuldner/-gläubiger
1Bei der Verzinsung von Steuernachzahlungen ist der Steuerschuldner auch Zinsschuldner. 2Schulden mehrere Personen die Steuer als Gesamtschuldner, sind sie auch Gesamtschuldner der Zinsen. 3Bei der Verzinsung von Erstattungsansprüchen ist grundsätzlich der Gläubiger des Erstattungsanspruchs Zinsgläubiger. 4Die Aufteilung der Zinsen nach §§ 268ff. hat für die Zinsberechnung keine Bedeutung. 5Zur Abtretung eines Anspruchs auf Erstattungszinsen vgl. zu § 46, Nr. 1.
4. Zinslauf
1Der Zinslauf beginnt im Regelfall 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist (Karenzzeit nach § 233a Abs. 2 Satz 1). 2Er endet mit Ablauf des Tages, an dem die Steuerfestsetzung wirksam wird (§ 233a Abs. 2 Satz 3). 3Sind Steuern zu verzinsen, die vor dem 1.1.1994 entstanden sind, endet der Zinslauf spätestens vier Jahre nach seinem Beginn (Art. 97 § 15 Abs. 8 EGAO). 4Der Zeitpunkt der Zahlung oder der Fälligkeit der Steuernachforderung oder der Steuererstattung ist grundsätzlich unbeachtlich.
5.
1Bei Steuerfestsetzungen durch Steuerbescheid endet der Zinslauf am Tag der Bekanntgabe des Steuerbescheids (§ 124 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 122). 2Bei Umsatzsteuererklärungen mit einem Unterschiedsbetrag zuungunsten des Steuerpflichtigen endet der Zinslauf grundsätzlich am Tag des Eingangs der Steueranmeldung (§ 168 Satz 1). 3Bei zustimmungsbedürftigen Umsatzsteuererklärungen mit einem Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen endet der Zinslauf grundsätzlich mit Ablauf des Tages, an dem dem Steuerpflichtigen die Zustimmung der Finanzbehörde bekannt wird (vgl. zu § 168, Nrn. 3 und 4). 4Dies gilt auch in den Fällen, in denen die Zustimmung allgemein erteilt wird (vgl. zu § 168, Nr. 9).
6.
1Ein voller Zinsmonat (§ 238 Abs. 1 Satz 2) ist erreicht, wenn der Tag, an dem der Zinslauf endet, hinsichtlich seiner Zahl dem Tag entspricht, der dem Tag vorhergeht, an dem die Frist begann (BFH-Urteil vom 24.7.1996 – X R 119/92 – BStBl 1997 II, S. 6 ). 2Begann der Zinslauf z. B. am 1.4. und wurde die Steuerfestsetzung am 30.4. bekannt ge...