Dieter Zens, Andreas Haßlbeck
Rz. 9a
Kraftfahrzeuge mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 6 km/h und ihre Anhänger dürfen auf öffentlichen Straßen grundsätzlich nur in Betrieb gesetzt werden, wenn sie zum Verkehr zugelassen sind. Die Zulassung wird auf Antrag erteilt, wenn das Fahrzeug einem genehmigten Typ entspricht oder eine Einzelgenehmigung erteilt ist und eine dem Pflichtversicherungsgesetz entsprechende Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung besteht. Die Zulassung erfolgt durch Zuteilung eines Kennzeichens, Abstempelung der Kennzeichenschilder und Ausfertigung einer Zulassungsbescheinigung (§ 3 Abs. 1 i. V. m. § 1 FZV, vgl. Anh. A 1; vgl. auch § 1 KraftStG Rz. 27).
Ausnahmen von der Vorschrift über die Zulassungspflicht (§ 3 Abs. 1 FZV) können gem. § 76 FZV genehmigen:
Die zuständigen obersten Landesbehörden oder die von ihnen bestimmten oder nach Landesrecht zuständigen Stellen in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte einzelne Antragsteller; sofern die Ausnahmen erhebliche Auswirkungen auf das Gebiet anderer Länder haben, ergeht die Entscheidung im Einvernehmen mit den zuständigen Behörden dieser Länder.
Einvernehmlich mit dem BMVBS vertraten die obersten Finanzbehörden der Länder die Auffassung, dass eine Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer nach § 3 Nr. 1 KraftStG für das Halten derjenigen Fahrzeuge nicht gewährt werden kann, die zwar im Wege einer Ausnahmegenehmigung nach § 76 Abs. 1 FZV (vgl. Anh. A 1) von der Zulassungspflicht ausgenommen sind, deren Halter aber durch Auflagen zur Erfüllung von Vorschriften verpflichtet werden, die für die Erteilung einer Zulassung maßgeblich sind. Diese Beurteilung war weiterhin gültig (vgl. Einf., Rz. 99b). Fahrzeuge, die nach § 76 Abs. 1 FZV von der Zulassungspflicht des § 3 Abs. 1 FZV ausgenommen sind, für den Betrieb auf öffentlichen Straßen jedoch einer allgemeinen Betriebserlaubnis und eines amtlichen Kennzeichens bedürfen, unterliegen daher nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG der KraftSt. Auf die Festsetzung der KraftSt für Zeiträume vor dem 1.9.1995 wurde aus Billigkeitsgründen verzichtet. Diese Auffassung wird von der finanzgerichtlichen Rechtsprechung nicht uneingeschränkt geteilt. Nach dem rechtskräftigen Urteil des FG München v. 24.8.2005, 4 K 1778/05, EFG 2006, 217, ist in den Fällen, in denen ein (Sonder-)Fahrzeug im Wege einer Ausnahmegenehmigung von der Zulassungspflicht befreit ist und für den Betrieb auf öffentlichen Verkehrsflächen einer Betriebserlaubnis und der Zuteilung eines amtlichen Kennzeichens bedarf, die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 1 KraftStG aus Rechtsgründen zu gewähren. In solchen Fällen sind – so das FG – die Befreiungsvoraussetzungen nach dem eindeutigen Wortlaut des § 3 Nr. 1 KraftStG erfüllt, weil das betroffene Fahrzeug unstreitig von der Zulassungspflicht befreit ist.
Kraftfahrzeuge mit einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von bis zu 6 km/h und die von ihnen mitgeführten Anhänger sind nicht steuerbar und damit nicht steuerpflichtig, weil sie nach § 1 FZV (vgl. Anh. A 1) nicht dem Zulassungsverfahren unterliegen. Die genannten Fahrzeuge werden auch nicht widerrechtlich (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 und § 2 Abs. 5 KraftStG) benutzt.
Allgemeine besondere Ausnahmen
Rz. 10
Nach § 1 Abs. 1 der Zweiten VO über Ausnahmen von straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften vom 28.2.1989 (BGBl I 1989, 481), zuletzt geändert durch Art. 6 der Verordnung vom 20.7.2023 (BGBl I 2023 Nr. 199), sind Zugmaschinen mit einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 60 km/h und Anhänger hinter diesen Zugmaschinen von der Zulassungspflicht nach § 3 Abs. 1 FZV (vgl. Anh. A 1) ausgenommen, wenn sie
- auf örtlichen Brauchtumsveranstaltungen
- für nicht gewerbsmäßig durchgeführte Altmaterialsammlungen oder Landschaftssäuberungsaktionen
- zu Feuerwehreinsätzen oder Feuerwehrübungen
- von Feldgeschworenen im Rahmen ihrer Tätigkeit oder
- auf den An- oder Abfahrten zu den genannten Einsätzen
verwendet werden.
Die entsprechenden Fahrzeugeinsätze von Feldgeschworenen wurden durch die Dritte Verordnung zur Änderung der Zweiten Verordnung über Ausnahmen von straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften v. 30.11.2018 (BGBl I 2018, 2245) mit Wirkung ab 7.12.2018 in den Katalog der begünstigten (zulassungsfreien) Verwendungszwecke aufgenommen. Feldgeschworene wirken im ländlichen Raum i. d. R. ehrenamtlich an der Abmarkung (Vermessung) von Grundstücken mit (vgl. § 12 des Gesetzes über die Abmarkung von Grundstücken, Abmarkungsgesetz – AbmG, v. 6.8.1981, BayRS III S. 690, zuletzt geändert durch § 1 der Verordnung v. 26.3.2019 (GVBl., 98). Sie unterstützen die Vermessungsverwaltung, indem sie bei der Abmarkung mitwirken sowie auf die Erhaltung der Grenzzeichen hinwirken und ihren Zustand überwachen. Feldgeschworene sichern auch gefährdete Grenzzeichen und wechseln diese ggf. aus. Die ab 7.12.2018 geltende Regelung aufgrund der genannten Änderungsverordnung v. 30.11.2018 zielt primär auf land- und forstwirtschaftliche Fahrzeughalter ab, die ihre (steuerbefr...