Rz. 5
§ 28 Abs. 1 sieht die dem Vertragsarzt zukommende Tätigkeit nicht nur in der Feststellung des Eintritts des Versicherungsfalls Krankheit, sondern gerade auch in der von ihm zu verantwortende Einleitung, Durchführung und Überwachung einer den Zielen des § 27 Abs. 1 gerecht werdenden Behandlung. Die gesetzliche Krankenversicherung stellt den Versicherten insoweit Leistungen nach Maßgabe eines allgemeinen Leistungskatalogs (§ 11) nur unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung. Die nähere Konkretisierung der durch unbestimmte Gesetzesbegriffe festgelegten Leistungsverpflichtung obliegt im Einzelfall im Rahmen der kassenärztlichen Vorgaben, insbesondere der kassenärztlichen Verträge (§§ 82 ff., 87, 125, 127, 131 SGB V) und hierbei insbesondere den Anforderungen des BMV-Ä gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 den Ärzten, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen (BVerfG, Beschluss v. 6.12.2006, 1 BvR 347/98). Nach § 2 Abs. 1 BMV-Ä umfasst die vertragsärztliche Versorgung
1. die ärztliche Behandlung,
2. die ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
3. die ärztlichen Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
4. die ärztlichen Maßnahmen zur Empfängnisregelung, Sterilisation und zum Schwangerschaftsabbruch, soweit die Leistungspflicht nicht durch gesetzliche Regelungen ausgeschlossen ist,
5. die ärztlichen Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit sowie die medizinischen Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft,
6. die Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln von digitalen Gesundheitsanwendungen, von Krankentransporten, von Krankenhausbehandlung, von Behandlung in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen sowie die Veranlassung von ambulanten Operationen, auch soweit sie im Krankenhaus durchgeführt werden sollen,
7. die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit,
8. die ärztliche Verordnung von ambulanten Vorsorgeleistungen in anerkannten Kurorten,
9. die Ausstellung von Bescheinigungen und Erstellung von Berichten, welche die Krankenkassen oder der Medizinische Dienst zur Durchführung ihrer gesetzlichen Aufgaben oder welche die Versicherten für den Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts benötigen,
10. die Verordnung von häuslicher Krankenpflege,
11. die Verordnung von medizinischen Leistungen der Rehabilitation, Belastungserprobung und Arbeitstherapie,
12. die vom Arzt angeordneten und unter seiner Verantwortung erbrachten Hilfeleistungen anderer Personen,
13. die psychotherapeutische Behandlung einer Krankheit durch Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten und Vertragsärzte im Rahmen des SGB V und der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses,
14. die Verordnung von Soziotherapie,
15. die Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung.
Zur ärztlichen Behandlung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung gehören nach § 2 Abs. 2 auch die belegärztlichen Leistungen i. S. v. § 121, die ambulante ärztliche Behandlung als medizinische Vorsorgeleistung i. S. v. § 23 Abs. 1, ärztliche Leistungen bei interkurrenten Erkrankungen während ambulanter Vorsorgeleistungen in anerkannten Kurorten sowie ambulant ausgeführte Leistungen, die während einer stationären Rehabilitation erforderlich werden und nicht mit dem Heilbehandlungsleiden im Zusammenhang stehen, die in Notfällen ambulant ausgeführten ärztlichen Leistungen durch nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, die ärztlichen Leistungen bei vorübergehender Erbringung von Dienstleistungen gemäß § 8.
Die vor diesem rechtsmaßgeblichen Hintergrund zu verstehende Behandlungsfreiheit und Tätigkeit des Arztes muss sich nach Abs. 1 Satz 1 qualitativ an den Regeln der ärztlichen Kunst orientieren. Ferner muss sie ausreichend und zweckmäßig sein.
Rz. 5a
Damit hat der Gesetzgeber die bereits in anderem Zusammenhang diskutierten unbestimmten Rechtsbegriffe (vgl. § 27) neben dem Merkmal der Notwendigkeit in der Krankenbehandlung wieder aufgegriffen und lediglich in einen etwas engeren Zusammenhang als die frühere Vorschrift des § 182 Abs. 2 RVO gestellt.
Rz. 5b
Die Auslegung des Begriffs Regeln der ärztlichen Kunst orientiert sich in erster Linie am allgemein-ärztlichen Berufsrecht, das entsprechend der fortschreitenden Entwicklung der ärztlichen Wissenschaft und ihrer Anwendung in der Behandlungstätigkeit des Arztes einem ständigen Wandel unterworfen ist (vgl. schon BSG, Urteil v. 14.7.1965, 6 RKa 50/64). Maßstab ist grds. der allgemein anerkannte Stand der medizinischen Erkenntnisse in § 2 Abs. 1 Satz 3 unter Beachtung des medizinischen Fortschritts (vgl. auch § 16 Satz 1 BMV-Ärzte, Stand 1.1.2025). Die Therapiefreiheit des Arztes ist schon vom Ansatz her nicht auf die Schulmedizin beschränkt (vgl. etwa LSG Bayern, Urteil v. 12.2.1998, L 4 KR 67/96; Lang/Niggehoff, in: Becker/Kingreen, Gesetzliche Krankenversicherung, 9. Aufl. 2024, § 28 Rz. 9f.). Maßgeblich ist vor allem die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Untersuchung...