Rz. 44
Die Mindesteinnahmegrenze nach Abs. 4 Satz 1 gilt nicht für eine bestimmte Gruppe von Rentnern, die freiwillig versichert sind. Hier sind Personen gemeint, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens 9/10 der 2. Hälfte dieses Zeitraums Mitglied oder nach § 10 versichert waren. Seit dem 1.1.1993 konnte die maßgebliche Vorversicherungszeit für die beitragsbegünstigte Pflichtversicherung in der Krankenversicherung der Rentner nur mit Zeiten einer Pflichtversicherung oder einer daraus abgeleiteten Familienversicherung erfüllt werden. Langjährige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung, die z. B. als Überschreiter der Jahresarbeitsentgeltgrenze freiwillig versichert waren, wurden so im Rentenalter von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung der Rentner nicht mehr erfasst; sie mussten sich weiterhin freiwillig versichern und hatten Beiträge mindestens nach der Mindesteinnahmengrenze nach Abs. 4 Satz 1 zu zahlen. Die Neuregelung bewirkt, dass freiwillig versicherte Rentner (in erster Linie Kleinrentner), die mit ihren Einnahmen die Grenze der beitragsfreien Familienversicherung überschreiten, einkommensproportionale Beiträge zu zahlen haben. Für die Beitragsberechnung freiwillig versicherter Kleinrentner wird an die frühere Vorversicherungszeitregelung angeknüpft, um Härten für diejenigen zu vermeiden, die langjährig (9/10 der 2. Hälfte des Erwerbszeitraums) der gesetzlichen Krankenversicherung angehört haben (BT-Drs. 14/1245 S. 97 f.). Hierzu zählt eine eigene freiwillige Mitgliedschaft oder freiwillige Mitgliedschaft des Ehegatten bzw. daraus abgeleitete Familienversicherung sowie Ehezeiten mit einem freiwilligen Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. BT-Drs. 14/1245 S. 111b f.). Durch den Verweis auf § 5 Abs. 2 Satz 1 wird die dort enthaltene Regelung für zusätzliche Vorversicherungszeiten entsprechend angewandt.
Rz. 44a
Das BVerfG entschied mit seinem Beschluss v. 15.3.2000 (1 BvL 16/96), dass es mit dem Grundgesetz unvereinbar sei, Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung von der Krankenversicherung der Rentner auszuschließen, sofern sie die hierfür erforderliche Vorversicherungszeit nicht aufgrund einer Pflichtversicherung erfüllen konnten. Der Gesetzgeber wurde aufgefordert, bis zum 31.3.2002 eine Neuregelung über den Zugang zur Krankenversicherung der Rentner sowie auch entsprechende Änderungen im Beitragsrecht herbeizuführen. Mit Wirkung zum 1.4.2002 wurde § 5 Abs. 1 Nr. 11 dahingehend geändert, dass bei der Ermittlung der Vorversicherungszeit für die Pflichtversicherung der Krankenversicherung der Rentner auch Zeiten einer freiwilligen Versicherung berücksichtigt werden. § 9 Abs. 1 Nr. 6 räumte ab diesem Zeitpunkt den von der Änderung betroffenen Rentnern das Optionsrecht ein, freiwilliges Mitglied zu werden bzw. zu bleiben (sog. Optionsrentner, vgl. hierzu auch Komm. zu § 9). Daher findet Satz 3 seit diesem Zeitpunkt nur noch Anwendung für Rentner, die von diesem Recht Gebrauch gemacht haben.
Rz. 45
Anzumerken bleibt, dass durch Satz 3 sicherlich eine Annäherung der Beitragsbelastung der freiwillig versicherten Rentner an die versicherungspflichtigen Rentner erreicht wird. Auch wird hierdurch eine Benachteiligung der Rentner mit geringen Einnahmen im Vergleich zu Rentnern mit Einnahmen in der Höhe der Mindesteinnahmengrenze vermieden. Allerdings wird den Rentnern hier ein Sonderrecht gegenüber anderen freiwilligen Mitgliedern, die aus der Familienversicherung wegen Überschreitens der Gesamteinkommensgrenze ausgeschieden sind, eingeräumt. Ebenso bleibt zu bedenken, dass für freiwillige Mitglieder, die die Voraussetzungen der KVdR auch nicht durch Zeiten einer freiwilligen Versicherung erfüllen, oder für Mitglieder ohne Rentenbezug ebenfalls die Mindesteinnahmengrenze nach Abs. 4 Satz 1 anzuwenden ist. Seit dem 1.1.2004 ist für alle freiwillig versicherten Rentner für Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, Versorgungsbezüge und Arbeitseinkommen der allgemeine Beitragssatz anzuwenden. Die bisherige Besitzstandsregelung des Abs. 3a wurde zu diesem Zeitpunkt aufgegeben (vgl. Rz. 40). Im Ergebnis kann dies dazu führen, dass bei Rentnern mit weiteren beitragspflichtigen Einnahmen unterschiedliche Beitragssätze zugrunde zu legen sind.