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Schwarz/Pahlke/Keß, AO § 110 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

Prof. Dr. Bernhard Schwarz †
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1 Wesen und Anwendungsbereich

1.1 Wesen

 

Rz. 1

Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (zuvor in § 86 RAO Nachsicht genannt) ist die Beseitigung eines durch Versäumung einer Frist erwachsenen Rechtsnachteils. Die Wiedereinsetzung hebt die durch die Fristversäumung eintretenden negativen Folgen für den Betroffenen auf, der an der Fristeinhaltung unverschuldet gehindert war. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nur die Versäumung einer Frist heilen, dagegen nicht andere Zulässigkeitsmängel[1]. Die Vorschrift schränkt im Interesse des Grundsatzes der Gerechtigkeit den mit Ablauf der Frist an sich gegebenen Vorrang des Grundsatzes der Rechtssicherheit ein. Die Regelung der Wiedereinsetzung ist Bestandteil jedes deutschen Verwaltungs- oder Gerichtsverfahrensgesetzes. BVerfG v. 5.2.1980, 2 BvR 914/79, BVerfGE 53, 148 und BVerfG v. 19.4.1995, 2 BvR 2295/94, HFR 1996, 210 hat zu erkennen gegeben, dass diese durch die Wiedereinsetzung vorgesehene Einschränkung des Vorrangs der Rechtssicherheit auch bei der Auslegung des § 110 AO zu berücksichtigen sei, wenn durch Wiedereinsetzung der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG Genüge geleistet werden müsse. Der BFH spricht in diesem Zusammenhang vom "Grundsatz der rechtsschutzgewährenden Auslegung"[2]. Bei der Anwendung und Auslegung der Regelungen über die Wiedereinsetzung dürfen die Anforderungen zur Erlangung der Wiedereinsetzung auch nicht überspannt werden[3]. Praktische Bedeutung hat dies insbesondere bei Verzögerungen in der Briefbeförderung und -zustellung durch die Post und ähnliche Postbeförderer, die grundsätzlich nicht dem Stpfl. als Verschulden zugerechnet werden sollen[4]. Allerdings soll in diesem Fall der Stpfl. zum Vortrag konkreter Gründe zur Glaubhaftmachung eines späteren Zugangs unter Abweichung von der üblichen Postlaufzeit verpflichtet sein[5]. Das soll nach BGH v. 25.1.1993, II ZB 18/92, MDR 1993, 557 allerdings nicht gelten, wenn die normalerweise zu unterstellende Dienstleistungsbereitschaft der Post als Monopolunternehmen durch Streikmaßnahmen oder andere besondere Umstände erheblich ­gestört ist (vgl. Rz. 61). Hier soll der berufsmäßige Vertreter des Stpfl. bei Absendung des Schriftstücks eine Woche vor Ablauf der Frist verpflichtet sein, sich nach dem rechtzeitigen Eingang zu erkundigen[6]. In der Praxis empfiehlt es sich ohnehin gerade auch in solchen Fällen, neben der Postübersendung die Fristwahrung durch Faxsendung sicherzustellen.

 

Rz. 2

Das BVerfG sieht darüber hinaus den in Art. 19 Abs. 4 GG garantierten gerichtlichen Rechtsschutz als ein so hohes Rechtsgut an, dass im Fall der Verletzung des rechtlichen Gehörs vor Erlass eines Verwaltungsakts eine Wiedereinsetzung wegen der Versäumung der Frist für die Anfechtung des Verwaltungsakts zu gewährleisten sei [7]. Das kann in Fällen der Verletzung des § 91 AO Bedeutung haben[8]. Im Übrigen ist der sehr strenge Umgang der Gerichte, insbesondere auch der des BFH, mit der Frage der Wiedereinsetzung, die die Appelle des BVerfG und die Mahnungen im Schrifttum (Tipke, in Tipke/Kruse § 56 FGO Rz. 2, Wagner, in Kühn/v. Wedelstädt AO § 110 Rz. 2) kaum wahrnehmen, bedauerlich. Tipke spricht sogar davon, dass der Anwalt oder sonstige Rechtsberater zum Erbsenzähler gemacht wird. Der BGH hat aus diesem Grund in neuerer Rechtsprechung immer wieder darauf hingewiesen, dass die Anforderungen an eine Partei oder deren Vertreter nicht überspannt werden dürfen[9]. Dies gilt auch für die Wiedereinsetzung gem. § 110 AO, deren Voraussetzungen im Einzelfall von den Finanzgerichten überprüft werden.

Der durch die Wiedereinsetzung zu behebende Rechtsnachteil ist beim Ablauf einer Rechtsbehelfsfrist die Unanfechtbarkeit des – möglicherweise rechtswidrigen – Verwaltungsakts, bei Ablauf einer Antragsfrist der Verlust des durch den Antrag erstrebten Ziels. Bei Zahlung nach Ablauf einer gesetzlichen Zahlungsfrist[10] sind Säumniszuschläge die Folge[11].

 

Rz. 3

Auf die Wiedereinsetzung besteht beim Vorliegen der Voraussetzungen ein Rechtsanspruch. Die Entscheidung über sie ist also keine Ermessensentscheidung. Der Anspruch auf Wiedereinsetzung kann daher auch vor den Gerichten verfolgt werden. Die Praxis der Finanzbehörden ist allerdings häufig großzügiger als die Auslegung der Vorschrift durch die Gerichte. Insbesondere bei der Erfüllung der formellen Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung ist deshalb Sorge dafür zu tragen, dass nicht in einem sich anschließenden gerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren die ohne Weiteres von der Behörde gewährte Wiedereinsetzung zweifelhaft erscheint, also nicht anerkannt wird, So kann also z. B. das FG eine Klage als unbegründet zurückweisen, weil der Einspruch wegen Fristversäumung und Nichtvorliegen von Wiedereinsetzungsgründen unzulässig gewesen ist.

 

Rz. 4

Ein Rechtsanspruch auf Wiedereinsetzung kann u. a. auch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben abzuleiten sein. Verletzt z. B. die Finanzbehörde ihre Verpflichtung zu einem Hinweis gemäß § 89 S. 1 AO, so kann die versäumte Fristeinhaltung durch Wiedereinsetzung ...

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