Sie verwenden eine veraltete Browser-Version. Dies kann unter Umständen zu Einschränkungen in der Funktion sowie Darstellung führen. Daher empfehlen wir Ihnen, einen aktuellen Browser wie z.B. Microsoft Edge zu verwenden.
Personal
Steuern
Finance
Immobilien
Controlling
Themen
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Haufe.de
Shop
Service & Support
Newsletter
Kontakt & Feedback
Login

Personal Steuern Finance Immobilien Controlling Öffentlicher Dienst Recht Arbeitsschutz Sozialwesen
Immobilien
Controlling
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Themen

Prütting/Wegen/Weinreich, BGB - Kommentar, BGB § 912 BGB – Überbau; Duldungspflicht.

Dr. Reiner Lemke
Sie haben bereits ein Haufe Produkt? Hier anmelden

Gesetzestext

 

(1) Hat der Eigentümer eines Grundstücks bei der Errichtung eines Gebäudes über die Grenze gebaut, ohne dass ihm Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt, so hat der Nachbar den Überbau zu dulden, es sei denn, dass er vor oder sofort nach der Grenzüberschreitung Widerspruch erhoben hat.

(2) 1Der Nachbar ist durch eine Geldrente zu entschädigen. 2Für die Höhe der Rente ist die Zeit der Grenzüberschreitung maßgebend.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Im Vordergrund der Vorschrift steht der Gedanke der Werterhaltung von Gebäuden (BGH WM 17, 451, 453). Dazu legt das Gesetz dem beeinträchtigten Grundstückseigentümer nicht nur eine Duldungspflicht auf, welche sowohl seine positiven als auch seine negativen Eigentümerbefugnisse nach § 903 (§ 903 Rn 2) einschränkt; es verhindert auch den nach den allg Vorschriften (§§ 93, 94 I, 946) an sich eintretenden Eigentumserwerb an dem Überbau. Vor einer einseitigen Bevorzugung des Überbauenden schützt die Vorschrift durch das für das Entstehen der Duldungspflicht notwendige Erfordernis, dass der Überbauende weder vorsätzlich noch grob fahrlässig gehandelt hat (I), und durch die Normierung einer Entschädigungspflicht zugunsten des Nachbarn (II). Das mit der Vorschrift verfolgte Ziel lässt sich nur durch eine Auslegung erreichen, die den Regelungszweck (Werterhaltung) ausreichend berücksichtigt (BGH aaO).

B. Berechtigter und Verpflichteter.

 

Rn 2

Nur ein von dem Eigentümer des Grundstücks, von welchem aus die Grenze überbaut wurde, errichteter Überbau muss unter den Voraussetzungen des I geduldet werden. Der Erbbauberechtigte ist dem Eigentümer gleichgestellt (§ 11 ErbbauRG). Dagegen muss der Überbau eines anderen dinglich Berechtigten wie Nießbraucher oder eines obligatorisch Berechtigten wie Mieter (Schlesw ZfIR 17, 119) oder Pächter nicht geduldet werden, auch nicht der von einem bloßen Besitzer des Grundstücks errichtete Überbau (Staud/Roth Rz 11). Jedoch kann der Grundstückseigentümer die Zustimmung zu der Errichtung eines Gebäudes durch diese Personen erteilen; in diesem Fall gilt es als sein Gebäude mit der Folge, dass der Nachbar den Überbau ggf dulden muss.

 

Rn 3

Bei der Beurteilung, wessen Überbau geduldet werden muss, kommt es darauf an, wer nach der Verkehrsanschauung ›Geschäftsherr‹ des Bauvorhabens ist, dh in wessen Namen und in wessen wirtschaftlichem Interesse gebaut wurde (BGHZ 110, 298, 302). Die Person desjenigen, der das Gebäude handwerklich oder auch als Baubetreuer im eigenen Namen errichtet hat, ist nicht entscheidend für die Geschäftsherreneigenschaft.

 

Rn 4

Duldungspflichtig ist der Eigentümer des Nachbargrundstücks, welches überbaut wurde. Kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung stehen ihm der Erbbauberechtigte und der Dienstbarkeitsberechtigte gleich (§ 916).

C. Tatbestand.

I. Gebäude.

 

Rn 5

Gebäude ist ein Bauwerk, das fest mit dem Erdboden verbunden und allseitig durch Wände und Dach verschlossen ist und den Eintritt von Menschen ermöglicht sowie Schutz gegen äußere Einflüsse gewährt. Unerheblich ist, ob das Gebäude für dauernd oder nur zu einem vorübergehenden Zweck errichtet wurde (§ 95 I 1). Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift (Rn 1) ist § 912 auch auf andere größere Bauwerke als Gebäude wie zB Ufermauern anzuwenden, wenn deren Beseitigung zu einer dem Abriss eines Gebäudes vergleichbaren Zerschlagung wirtschaftlicher Werte führte (BGH WM 15, 1776, 1780). Leicht versetzbare Gebäude wie zB Gartenhäuser fallen nicht unter die Vorschrift.

 

Rn 6

§ 912 findet nur auf einheitliche Gebäude Anwendung. Maßgeblich für die Beurteilung der Einheitlichkeit ist die Verkehrsanschauung; die körperliche bautechnische Beschaffenheit ist nicht das allein entscheidende Kriterium (BGH WuM 23, 619, 621 [BGH 15.06.2023 - V ZB 12/22]). Können Teile eines Gebäude nicht voneinander getrennt werden, ohne dass der eine oder der andere Teil zerstört oder in seinem Wesen verändert wird, handelt es sich um ein einheitliches Gebäude (BGH NJW 82, 756). Kann dagegen ein Anbau, der vollständig auf dem überbauten Grundstück steht, ohne nachteilige Folgen für das auf dem Grundstück des Überbauenden stehende Gebäude abgerissen werden, kommt § 912 nicht zur Anwendung (vgl BGH WM 17, 451, 454).

 

Rn 7

Die Vorschrift ist nicht erst nach der Fertigstellung des Gebäudes anzuwenden. Sie greift bereits dann ein, wenn die Errichtung des Gebäudes so weit fortgeschritten ist, dass eine Werterhaltung (Rn 1) aus wirtschaftlicher Sicht sinnvoll erscheint.

II. Überbau, Stammgrundstück.

 

Rn 8

Das Gebäude (Rn 5 ff) muss von einem Grundstück aus (Stammgrundstück) teilweise über die Grenze auf das Nachbargrundstück gebaut worden sein. Welches das Stammgrundstück ist, bestimmt sich allein nach den Absichten und wirtschaftlichen Interessen des Bauherrn (Rn 2) im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Nachbargrundstücks (BGH NJW 89, 789, 790). Die Größe oder die Wichtigkeit des über die Grundstücksgrenze gebauten Gebäudeteils im Verhältnis zu dem auf dem Grundstück des Geschäftsherrn stehenden Gebäudeteil spielt für die Bestimmung des Stammgrundstücks keine Rolle (BGHZ 110, 298, 302). Kein Überbau iSd Vorschrift ist es, wenn es ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?

Jetzt kostenlos 4 Wochen testen

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene Beiträge
  • § 57 Zivilprozessrecht / I. Muster: Anzeige der Verteidigungsbereitschaft
    533
  • § 20 Mahnverfahren / V. Verfahren nach Einspruch
    387
  • § 15 Familienrecht / cc) Muster: Einstweilige Anordnung zum Umgangsrecht
    304
  • Eigentümerwechsel – Rechtsfolgen / 1.3.3 Betriebskostenabrechnung
    243
  • Verwalter muß Anträge auf Tagesordnung setzen
    233
  • § 57 Zivilprozessrecht / 2. Muster: Anerkenntnis
    220
  • § 30 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz – RVG / 2. Anrechnung der Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG
    208
  • § 10 Die Gebühren in Strafsachen und in Bußgeldverfahren ... / I. Einstellung des Verfahrens (Erledigungsgebühr)
    198
  • § 57 Zivilprozessrecht / b) Muster: Antrag auf Kostenfestsetzung gegen die eigene Partei gem. § 11 RVG
    195
  • § 37 Sozialrecht / I. Kostenerstattung im Widerspruchsverfahren
    188
  • § 31 Miete und Pacht / 3. Muster: Aufhebungsvertrag
    173
  • Grundstück und Grundbuch / 11 Kosten in Grundbuchsachen
    170
  • § 15 Familienrecht / c) Muster: Abänderungsantrag
    159
  • § 2 Die Grundlagen des RVG / 3. Die Reisekosten (Nrn. 7003 bis 7006 VV RVG)
    158
  • § 4 Arbeitsrecht / 9. Muster: Anschreiben Urlaubsansprüche und deren drohender Verfall
    158
  • Schönheitsreparaturklauseln im Gewerbemietrecht - Starre Fristenpläne funktionieren auch hier nicht - Es hieß immer, dass Parteien bei Gewerbemiete alles Mögliche vereinbaren können. Der BGH zeigt jedoch, dass es hier Grenzen gibt.
    154
  • Kündigung (außerordentliche) von Wohnraum / 8 Muster einer außerordentlichen fristlosen Kündigung
    142
  • Kautionsrückzahlung – Bei Verzug muss Vermieter Anwaltskosten zahlen
    141
  • § 9 Muster / III. Muster: Klageerweiterung wegen Zahlung mit PKH, hilfsweise Beiordnung
    128
  • § 2 Die Gebühren nach dem RVG / 2. Post- und Telekommunikation, Nr. 7001 und Nr. 7002 VV RVG
    125
Weitere Inhalte finden Sie u.a. in folgendem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium
Top-Themen
Downloads
Zum Haufe Shop

Produktempfehlung


Zum Thema Recht
Grundstücksüberbau: Überbau und Konsequenzen – wenn die Grenze zum Nachbargrundstück ignoriert wurde
Two mature housewives enjoying tea at terrace with decorative plants
Bild: Haufe Online Redaktion

Wenn Teile eines Grundstücks vom Nachbarn überbaut wurden oder werden, stellt sich die Frage: Muss das geduldet werden bzw. welche Ansprüche bestehen gegenüber dem Grenzverletzer? Umgekehrt: Was blüht einem Gebäude, wenn es ein Stück weit auf Nachbars Scholle ragt? Wann muss es abgerissen werden?  


Rechte und Pflichten: Praxishandbuch KI und Recht
Praxishandbuch KI und Recht
Bild: Haufe Shop

Das Buch führt in die rechtlichen Grundlagen im Zusammenhang mit dem Einsatz von KI ein. Insbesondere werden die neue europäische KI-Verordnung (AI Act) und die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten behandelt. Auch Haftungsfragen und für die datenschutzkonforme KI-Nutzung werden dargestellt. 


Überbau: Was gilt?
Überbau: Was gilt?

1 Leitsatz Es ist rechtlich nicht möglich, dass Nachbarn den Grenzverlauf zwischen 2 benachbarten Grundstücken mit öffentlich-rechtlicher Wirkung verbindlich festlegen. Eine solche Vereinbarung zwischen Nachbarn vor Beginn einer baulichen Maßnahme kann ...

4 Wochen testen


Newsletter Recht
Bild: Haufe Online Redaktion
Newsletter Recht - Wirtschaftsrecht

Aktuelle Informationen aus dem Bereich Wirtschaftsrecht frei Haus - abonnieren Sie unseren Newsletter:

  • Handels- und Gesellschaftsrecht
  • Gewerblicher Rechtsschutz
  • Vertriebsrecht
Pflichtfeld: Bitte geben Sie eine gültige E-Mail Adresse ein.
Sie müssen den AGB zustimmen
Haufe Fachmagazine
Zum Recht Archiv
Themensuche A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z #
Haufe Group
Haufe People Operations
Haufe Fachwissen
Haufe HR-Software
Haufe Digitale Personalakte
Advolux
Haufe Onlinetraining
rudolf.ai - Haufe meets AI
Weiterführende Links
RSS
Newsletter
FAQ
Mediadaten
Presse
Editorial Code of Conduct
Redaktionsrichtlinie zum KI-Einsatz
Netiquette
Sitemap
Buchautor:in werden bei Haufe
Kontakt

Kontakt & Feedback
AGB

Compliance
Datenschutz
Impressum
Haufe Shop Recht
Anwaltssoftware
Anwaltliches Fachwissen Software
Gesellschafts- & Wirtschaftsrecht Lösungen
Alle Recht Produkte

    Weitere Produkte zum Thema:

    × Profitieren Sie von personalisierten Inhalten, Angeboten und Services!

    Unser Ziel ist es, Ihnen eine auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittene Website anzubieten. Um Ihnen relevante und nützliche Inhalte, Angebote und Services präsentieren zu können, benötigen wir Ihre Einwilligung zur Nutzung Ihrer Daten. Wir nutzen den Service eines Drittanbieters, um Ihre Aktivitäten auf unserer Website zu analysieren.

    Mit Ihrer Einwilligung profitieren Sie von einem personalisierten Website-Erlebnis und Zugang zu spannenden Inhalten, die Sie informieren, inspirieren und bei Ihrer täglichen Arbeit unterstützen.

    Wir respektieren Ihre Privatsphäre und schützen Ihre Daten. Sie können sich jederzeit darüber informieren, welche Daten wir erheben und wie wir sie verwenden. Sie können Ihre Einwilligung jederzeit widerrufen. Passen Sie Ihre Präferenzen dafür in den Cookie-Einstellungen an.

    Mehr Informationen Nein, Danke Akzeptieren