Rn. 164
Stand: EL 180 – ET: 04/2025
Abwehrkosten eines ArbN
Wehrt sich ein ArbN gerichtlich gegen Anschuldigungen des ArbG, besteht eine widerlegbare Vermutung, dass die Abwehrkosten in einem Veranlassungszusammenhang mit der Berufstätigkeit stehen. Beziehen sich die Vorwürfe auf Handlungen des ArbN, die nicht mehr von der beruflichen Zielvorstellung umfasst sind, weil sie entweder den ArbG schädigen oder den ArbN oder einen Dritten rechtswidrig bereichern sollten, handelt es sich um Kosten der allg Lebensführung.
Die Zuweisung zur privaten Lebenssphäre erfolgt aber nur, wenn die Vorwürfe positiv festgestellt werden. Bei bestehender Ungewissheit oder beim Abschluss eines Vergleichs bleibt es bei der Abzugsmöglichkeit (BFH v 09.02.2012, VI R 23/10, BStBl II 2012, 829; H 9.1 LStH 2024 "Arbeitsgerichtlicher Vergleich"). Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn der ArbN einen Kunden wegen Rufschädigung verklagt (FG Düsseldorf v 18.12.1979, II 539/77 L, EFG 1980, 400). Dagegen sind Rechtsanwaltskosten eines Berufssoldaten für ein gegen ihn geführtes Wehrdisziplinarverfahren auch dann als WK abzugsfähig, wenn ein außerdienstliches Verhalten Anlass für das Wehrdisziplinarverfahren ist (BFH v 10.01.2024, VI R 16/21, BStBl II 2024, 442; vgl auch Gehm, EStB 2024, 131). Ergänzend s "Strafverteidigungskosten" und s "Rechtsverfolgungskosten".
Alarmanlage
s "Sicherheit"
Angehöriger
Erbringen Angehörige Leistungen an den StPfl, die dieser vergütet (zB Arbeitsleistungen, Darlehensgewährungen, Vermietung von Gebäuden), ist die Ebene der privaten Lebensführung verlassen, wenn die Grundsätze der Verträge zwischen nahen Angehörigen eingehalten werden. Derartige Verträge und ihre tatsächliche Durchführung müssen insb dem Fremdvergleich standhalten (vgl zB für Darlehensvertrag: BFH v 22.05.2019, X R 19/17, BStBl II 2019, 795; BFH v 22.10.2013, X R 26/11, BStBl II 2014, 374; für Arbeitsvertrag: BFH v 18.11.2020, VI R 28/18, BStBl II 2021, 450; BFH v 28.10.2020, X R 1/19, BStBl II 2021, 283; BFH v 10.10.2018, X R 44/17, BStBl II 2019, 203; für Mietvertrag: BFH v 11.07.2017, IX R 42/15, BFH/NV 2017, 1422; BFH v 04.10.2016, IX R 8/16, BStBl II 2017, 273; für Gesellschaftsvertrag: BFH v 23.11.2021, VIII R 17/19, BFH/NV 2022, 521). Ist das gegeben, können die Aufwendungen bei der entsprechenden Einkunftsart abgezogen werden. Ansonsten handelt es sich um nicht abzugsfähige Aufwendungen iSd § 12 Nr 1 EStG. Wegen der Einzelheiten s §§ 4, 5 Anh I "Angehörigenvertrag" (Nacke). Vgl auch R 4.8 EStR 2012; H 4.8 EStH 2023; BMF v 23.12.2010, BStBl I 2011, 37 iVm BMF v 29.04.2014, BStBl I 2014, 809).
Arbeitsmittel
Aufwendungen für Arbeitsmittel sind abzugsfähig, vgl § 9 Abs 1 S 3 Nr 6 EStG. Hierbei handelt es sich um WG, die (ausschließlich oder doch nahezu ausschließlich) unmittelbar der Erledigung beruflicher Aufgaben dienen (zB BFH v 16.01.2019, VI R 24/16, BStBl II 2019, 376: Sky-Bundesliga-Abo eines Fußballtrainers; BFH v 30.06.2010, VI R 45/09, BStBl II 2011, 45: Diensthund eines Polizisten; BFH v 20.05.2010, VI R 53/09, BStBl II 2011, 723: für die Unterrichtsvorbereitung erforderliche Bücher eines Lehrers; BFH v 21.10.1988, VI R 18/86, BStBl II 1989, 356: Klavierflügel einer Dozentin am Konservatorium). Maßgeblich ist die tatsächliche Zweckbestimmung (s Rn 114 ff). Ein vollständiger Abzug der Aufwendungen ist nur möglich, wenn der private Nutzungsanteil kleiner als 10 % ist.
Nach der Aufgabe der Rspr zum Aufteilungs- und Abzugsverbot können die Aufwendungen bei höheren privaten Nutzungsanteilen aufgeteilt werden. Ergänzend s "Hund". Wegen der einzelnen WG, die als Arbeitsmittel in Betracht kommen, s § 9 Rn 875 (Teller).
Arbeitszimmer
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind nach § 4 Abs 5 S 1 Nr 6b EStG abzugsfähig (zu den Einzelheiten s §§ 4, 5 Rn 1750 ff (Nacke). Die Regelung ist durch das JStG 2022 mit Wirkung ab dem VZ 2023 umgestaltet worden (vgl zu den verschiedenen Fassungen: BMF v 15.08.2023, BStBl I 2023, 1551 (ab VZ 2023) und BMF v 06.10.2017, BStBl I 2017, 1320 (bis VZ 2022)). Ab dem VZ 2023 ist für die Abzugsfähigkeit eines häuslichen Arbeitszimmers Voraussetzung, dass dieses den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Die damit einhergehende Einschränkung wird durch die seit dem VZ 2020 geltende Homeoffice-Pauschale abgemildert (VZ 2020 bis 2022: § 4 Abs 5 S 1 Nr 6b S 4 EStG; ab VZ 2023: § 4 Abs 5 S 1 Nr 6c EStG). Für einen Überblick über die Neuregelung: Seifert, DStZ 2024, 32. Zu Verfassungsfragen und Überlegungen de lege ferenda; Hübner/Berg, FR 2024, 111 und 167.
Die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer ist eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass Aufwendungen für die eigene Wohnung nicht abzugsfähige Kosten der allg Lebensführung sind (s "Wohnung"). Der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers ist durch die Neuregelung nicht verändert worden. Deshalb kann die bisher ergangene Rspr weiterhin angewendet werden.
Nach der Aufgabe der Rspr zum Aufteilungs- und Abzugsverbot (...