Prof. Dr. Rolf U. Fülbier, Florian Federsel
Rn. 90
Stand: EL 32 – ET: 6/2021
Das in § 252 Abs. 1 Nr. 4 letzter Halbsatz kodifizierte Realisationsprinzip besagt, dass Gewinne nur berücksichtigt werden dürfen, "wenn sie am Abschlußstichtag realisiert sind." Der Zweck des Realisationsprinzips besteht darin, den Ausweis und die Ausschüttung (noch) nicht realisierter Gewinne zu verhindern (vgl. Hommel (1992), S. 21; grundlegend zum Realisationsprinzip Hommel/Berndt, BB 2009, S. 2190ff., sowie zur Problematik unrealisierter Gewinne im Zusammenhang mit einer Ausschüttung auf Basis der IFRS-RL Hennrichs, BFuP 2008, S. 415ff.) und die Erfolgsneutralität von Beschaffungsvorgängen zu gewährleisten (vgl. Leffson (1987), S. 251). Deshalb sind bis zum Zeitpunkt der Gewinnrealisierung VG und Schulden nach dem Anschaffungswertprinzip (vgl. insbesondere § 253) zu bewerten, das insofern unmittelbar aus dem Realisationsprinzip folgt (vgl. Moxter, BB 1984, S. 1780 (1783); ähnlich auch Bonner HGB-Komm. (2011), § 252, Rn. 182f.).
Rn. 91
Stand: EL 32 – ET: 6/2021
Gewinne sind als Saldogröße dann realisiert, wenn die realisierten Erträge die zur Ertragserzielung realisierten Aufwendungen übersteigen. Im Regelfall dürfte die Realisation von Aufwendungen zur Abwicklung eines Rechtsgeschäfts nicht nach, sondern vor der Realisation der Erträge liegen, die aus dem Rechtsgeschäft zu erwarten sind. Deshalb kann hinsichtlich des Realisationszeitpunkts von Gewinnen auf den Zeitpunkt der Realisation der Erträge abgestellt werden (vgl. zum Realisationsprinzip als allg. Periodisierungsprinzip Siegel, BFuP 1994, S. 1ff., m. w. N.). Die Festlegung des Zeitpunkts der Ertragsrealisation ist nicht gesetzlich geregelt; sie bleibt den GoB vorbehalten und entspricht letztlich einer Art Konvention. So sind grds. mehrere Zeitpunkte denkbar, an denen eine Ertra...