Rz. 76
Auch Abs. 5 besteht aus zwei miteinander in keinem inneren Zusammenhang stehenden Sätzen. Nach Abs. 5 Satz 1 sind die Arbeitgeber verpflichtet, angemessene Prüfhilfen zu leisten. Hingegen bestimmt Abs. 5 Satz 2, dass mithilfe automatischer Einrichtungen durchgeführte Abrechnungsverfahren in die Prüfung einzubeziehen sind.
Rz. 77
Die Begrifflichkeit "angemessene Prüfhilfen" konkretisiert die aufgrund der Verordnungsermächtigungen zu § 28p Abs. 9 SGB IV und § 28n Nr. 4 SGB IV erlassene BVV. Hierdurch werden die gesetzlichen Arbeitgeberpflichten näher ausgeformt, allerdings sind diese Pflichten nicht auf die in §§ 8 und 9 BVV genannten Entgeltunterlagen beschränkt. So gilt im Hinblick auf die daneben bestehenden allgemeinen Mitwirkungspflichten des Arbeitgebers (§ 98 SGB X) und wegen des öffentlichen Interesses an der rechtzeitigen und vollständigen Beitragserhebung (§ 76 Abs. 1 SGB IV), dass sämtliche Angaben zu den Beschäftigungen enthaltende Unterlagen vorzulegen sind (hierzu LSG Baden-Württemberg, Urteil v 20.10.2021, L 5 BA 2751/20; Beschluss v. 23.10.2013, L 4 R 4066/13 ER-B; zum Umfang der Vorlagepflicht vgl. auch BSG, Urteil v. 27.4.2021, B 12 R 14/19 R).
Rz. 78
Arbeitgeber (§ 28p Abs. 1) oder Auftragnehmer (§ 28p Abs. 6) haben einen zur Durchführung der Prüfung geeigneten Raum oder Arbeitsplatz sowie die erforderlichen Hilfsmittel kostenlos zur Verfügung zu stellen (§ 7 Abs. 2 Satz 2 HS 1 BVV). Die Daten der Entgeltunterlagen (§ 8 BVV) und jene der Beitragsabrechnung (§ 9 Abs. 1 bis 4 BVV) sind jederzeit verfügbar und lesbar vorzuhalten (§ 9 Abs. 5 Satz 1 BVV). Die Betriebsprüfung erstreckt sich innerhalb des nach § 11 Abs. 2 Satz 1 BVV zu prüfenden Bereichs nicht nur auf die Lohnbuchhaltung, sondern auch auf die Finanzbuchhaltung (d. h. das Rechnungswesen). Vorzulegen sind daher auch Unterlagen aus der Finanzbuchhaltung wie Summensaldenlisten und diverse Sachkonten nach Stichproben (hierzu LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 23.10.2013, L 4 R 4066/13 ER-B; Pietrek, jurisPR-SozR 23/2014 Anm. 1). Über § 11 Abs. 2 Satz 2 BVV wird der Bereich der für Prüfzwecke auswertbaren und damit vorzulegenden Unterlagen konkretisiert. Hiernach sind alle Unterlagen, die der Aufgabenerfüllung der Prüfung dienen, insbesondere zur Klärung, ob ein versicherungs- oder beitragspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt oder nicht, auf Verlangen vorzulegen. Weitere Mitwirkungspflichten folgende aus § 10 BVV. Im Übrigen hat der Arbeitgeber Auskunft über alle Tatsachen zu geben, die für die Beitrags- oder Umlageerhebung nach dem SGB IV bzw. SGB VII sowie für die Feststellung der Abgabepflicht nach dem KSVG und der Höhe der Künstlersozialabgabe notwendig sind und Rückschlüsse auf die in der Unfallversicherung beitragspflichtigen Arbeitsentgelte und deren Zuordnung zu den anzuwendenden Gefahrtarifstellen i. S. d. § 157 SGG VII ermöglichen. Vorzulegen sind z. B. Entgeltunterlagen, Beitragsnachweise, Beitragsabrechnungen (§ 28f Abs. 1 SGB IV i. V. m. §§ 8, 9 BVV), Bescheide/Prüfberichte der Finanzbehörden (§ 10 Abs. 2 Satz 1 BVV) und Geschäftsbücher (hierzu auch LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 23.10.2013, L 4 R 4066/13 ER-B; Pietrek, jurisPR-SozR 23/2014 Anm. 1). Der Arbeitgeber hat alle prüfrelevanten Unterlagen geordnet (hierzu z. B. § 9 Abs. 1 Satz 1 BVV) vorzulegen.
Rz. 79
Zur Durchsetzung der Mitwirkungspflicht bzw. der Pflicht des Arbeitgebers zur Prüfhilfe darf die zuständige Behörde Verwaltungsakte erlassen und darin (u. a.) die Vorlage von Unterlagen anordnen. Die sofortige Vollziehung kann angeordnet werden. Die Vorlage der angeforderten Unterlagen muss möglich und zumutbar sein. Die Rechtmäßigkeit der Vorlageanordnung ist nicht davon abhängig, ob sich nach Abschluss der Betriebsprüfung tatsächlich eine Beitragsnachforderung ergibt oder nicht (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 20.10.2021, L 5 BA 2751/20). Die Vorlageanordnung kann mit einer Zwangsgeldandrohung versehen sehen werden (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 20.10.2021, L 5 BA 2751/20; Beschluss v. 23.10.2013, L 4 R 4066/13 ER-B; Pietrek, jurisPR-SozR 23/2014 Anm. 1). Rechtsgrundlage für die DRV Bund ist insoweit § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB X i. V. m. §§ 6, 11 und 13 VwVG; hingegen sind für die Regionalträger der Rentenversicherung (§ 125 Abs. 1 SGB VI) die landesrechtlichen Bestimmungen der Vollstreckungsgesetze maßgebend (hierzu LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 20.10.2021, L 5 BA 2751/20).
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