Leitsatz (amtlich)
Die Besorgnis der Befangenheit ist nicht gerechtfertigt, wenn der abgelehnte Richter die Zurückweisung des Antrags auf Durchführung einer Videoverhandlung gemäß § 128a ZPO mit der Komplexität des Falles und der Höhe des Streitwertes begründet, weil es sich hierbei um sachliche Erwägungen handelt, die bei der Geeignetheit des Falles eine Rolle spielen.
Normenkette
ZPO § 42; ZPO § 128a
Verfahrensgang
LG Ellwangen (Beschluss vom 27.01.2025; Aktenzeichen 1 O 64/24)
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Ellwangen (Jagst) vom 27.01.2025, Az. 1 O 64/24, wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagten tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
I. Die Beklagten wenden sich mit ihrer sofortigen Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs.
Die Parteien schlossen Ende Dezember 2022 einen "Vertrag über den Erwerb einer Photovoltaikanlage und die Überlassung von Dachflächen", in dem sich die Beklagte zu 1 verpflichtete, an die Klägerin eine auf einer Dachfläche des Werks der X. GmbH in R. zu errichtende Solaranlage zu übereignen. Die Beklagte zu 2 sollte für die Klägerin die entgeltliche Verwaltung dieser Anlage übernehmen. Nach Fertigstellung des DC-Teils der Anlage zahlte die Klägerin Ende Dezember 2023 auf entsprechende Rechnungstellung einen Betrag in Höhe von insgesamt brutto 2.139.789,24 EUR an die Beklagte zu 1. Nach weitgehend betriebsbereiter Errichtung der Photovoltaikanlage wurde bekannt, dass die X. GmbH ihr Werk in R. schließen und zurückbauen wird. Im April 2024 schloss die Beklagte zu 1 mit der X. GmbH eine Aufhebungsvereinbarung, mit der unter anderem der die Belegung des Daches mit einer Photovoltaikanlage gestattende Dachmietvertrag einvernehmlich aufgehoben wurde. Die Beklagte zu 1 zahlte daraufhin einen Teil der von der Klägerin erhaltenen Zahlung, nämlich die "Einmalpacht" in Höhe von brutto 728.280,00 EUR, an die Klägerin zurück. Nachdem Versuche der Beklagten zu 1, für die an die Klägerin verkaufte Photovoltaikanlage Ersatzprojekte zu beschaffen, nicht erfolgreich waren und auch andere Einigungsbemühungen scheiterten, erklärte die Klägerin im September 2024 den Rücktritt vom im Dezember 2022 geschlossenen Vertrag und forderte die Beklagte zu 1 zur Rückzahlung der restlichen 1.411.509,24 EUR auf.
Mit ihrer am 08.10.2024 bei dem Landgericht Ellwangen eingereichten Klage hat die Klägerin beantragt, die Beklagte zu 1 zur Zahlung von 1.411.509,24 EUR nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückübertragung sämtlicher Rechte der Klägerin an der Photovoltaikanlage R. zu verurteilen, sowie festzustellen, dass sich die Beklagte zu 1 hinsichtlich der Rückübertragung der Rechte der Klägerin im Annahmeverzug befindet. Zudem begehrt die Klägerin die Feststellung, dass der "Vertrag über den Erwerb einer Photovoltaikanlage und die Überlassung von Dachflächen" aus Dezember 2022 wirksam durch Rücktritt der Klägerin beendet wurde sowie Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 8.696,20 EUR nebst Zinsen.
Mit Verfügung vom 15.10.2024 (I / 12) bestimmte der zur Entscheidung als Einzelrichter berufene Vorsitzende Richter am Landgericht ... Termin zur Güteverhandlung und frühen ersten Termin auf den 19.12.2024, wobei das persönliche Erscheinen der Geschäftsführer der Beklagten angeordnet wurde. Mit Schriftsatz ihres sich gleichzeitig legitimierenden Prozessbevollmächtigten vom 23.10.2024 (I / 18) beantragten die Beklagten Verlängerung der Klageerwiderungsfrist um einen Monat bis zum 04.12.2024 und baten um Terminsverlegung aufgrund einer geschäftlichen und zugleich privaten Reise des Prozessbevollmächtigten nach W., von der eine Rückkehr "Ende der 3. KW 2025" erfolge. Die Klägerin trat den Anträgen mit Schriftsatz vom 23.10.2024 (I / 20) entgegen und beantragte ein Vorgehen nach § 128a ZPO. Mit Verfügung des Einzelrichters vom 29.10.2024 (I / 36) wurde die Klageerwiderungsfrist antragsgemäß verlängert und der Verhandlungstermin auf den 16.01.2025 verlegt.
Mit Schriftsatz vom 04.12.2024 (I / 40) beantragten die Beklagten unter Hinweis auf die bereits in der Verteidigungsanzeige genannte Reiserückkehr ihres Prozessbevollmächtigten erneut Terminsverlegung, wobei nachgesucht wurde, "gerne zeitgleich die Folgewoche zu terminieren oder diejenige danach zum Terminstag der Kammer". Im selben Schriftsatz schlossen sich die Beklagten zudem dem Antrag der Klägerin an, nach § 128a ZPO vorzugehen. In der Klageerwiderung vom 04.12.2024 (I / 45) rügten die Beklagten die Zuständigkeit des Landgerichts Ellwangen. Zuständig sei gemäß der zwischen den Parteien unter Ziffer 10.2 des Vertrages aus Dezember 2022 geschlossenen Gerichtsstandsvereinbarung ("Ist der Käufer Kaufmann im Sinne des Handelsgesetzbuchs, juristische Person des öffentlichen Rechts oder ein öffentlich-rechtliches Sondervermögen, ist ausschließlicher - auch internationaler - Gerichtsstand für alle sich aus dem Vertragsverhältnis unmittelbar oder mittelbar ergebenden Streitigk...