Leitsatz (amtlich)
Das Absehen vom Fahrverbot kann nicht allein damit gerechtfertigt werden, dass der bislang verkehrsrechtlich nicht in Erscheinung getretene Betroffene im Rahmen seiner Tätigkeit als Steuerberater mit "ländlicher Praxis" auf den Führerschein angewiesen ist.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Amtsgericht Bielefeld zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Bielefeld hat gegen den Betroffenen wegen fahrlässigen Verstoßes gegen die §§ 4 Abs. 1, 49 StVO, 24 StVG eine Geldbuße in Höhe von 500, - DM festgesetzt, von der Anordnung eines Fahrverbotes jedoch abgesehen. Zum Tatgeschehen hat das Amtsgericht folgende Feststellungen getroffen:
"Der Betroffene befuhr am 05. 10. 2000 gegen 11. 35 Uhr mit dem PKW BMW, Kennzeichen, die BAB 2 Fahrtrichtung Dortmund. In Höhe von km 337, 500 wurde mit einer stationären Video-Messanlage, verbunden mit einem gültig geeichten Zeitmessgerät, eine Abstandsmessung durchgeführt, die unter Berücksichtigung der erforderlichen Toleranzen für das Fahrzeug des Betroffenen bei einer Geschwindigkeit von 162 km/h einen gemessenen Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug von 14 m und damit von weniger als 2/10 des halben Tachowertes ergab. Innerhalb der Beobachtungsstrecke von mindestens 300 m gab es keine maßgeblichen Veränderungen des Abstandes. "
Gegen dieses Urteil hat die Staatsanwaltschaft Bielefeld, die zuvor mit der Aktenübersendung an das Amtsgericht beantragt hatte, nach dem Bußgeldbescheid, mit dem u. a. ein Fahrverbot von einem Monat gegen den Betroffenen verhängt worden war, zu erkennen, form- und fristgerecht Rechtsbeschwerde eingelegt und diese mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründet. Die Staatsanwaltschaft rügt unter Darlegung im Einzelnen, dass das Amtsgericht zu Unrecht von der Verhängung eines Fahrverbotes gegen den Betroffenen abgesehen habe. Im Übrigen erscheine auch die Annahme von nur fahrlässiger Begehungsweise nicht gerechtfertigt.
Die Generalstaatsanwaltschaft ist der Rechtsbeschwerde beigetreten.
II.
Die gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 3 OWiG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft hat in der Sache Erfolg.
Das angefochtene Urteil war mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht zurückzuverweisen.
Das Amtsgericht hat sich zunächst hinsichtlich des Schuldspruches nicht hinreichend mit der Frage auseinander gesetzt, ob der Betroffene die ihm zur Last gelegte Ordnungswidrigkeit möglicherweise sogar vorsätzlich begangen hatte. Dies drängte sich hier angesichts der Tatumstände - Abstand von nur 14 m zum vorausfahrenden Fahrzeug bei einer Geschwindigkeit von 162 km/h und über eine Strecke von mindestens 300 m - derart auf, dass das Amtsgericht sich mit dieser Frage hätte befassen müssen.
Darüber hinaus halten auch die Erwägungen, mit denen das Amtsgericht von der Verhängung eines Fahrverbotes gegen den Betroffenen abgesehen hat, der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Amtsgericht hat insoweit folgende Ausführungen gemacht:
"Zur Ahndung des Verstoßes war die Verhängung einer Geldbuße von 500, - DM angemessen und ausreichend. Dabei wurde von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen: Der 49 Jahre alte Betroffene ist im Verkehrszentralregister nicht verzeichnet. Zudem ist er als Steuerberater beruflich tätig, wobei er regelmäßig einen Großteil seiner Kunden unter deren Anschriften in einem größeren Landkreis aufzusuchen hat und hierfür auf die Benutzung eines PKW und damit auf seine Fahrerlaubnis angewiesen ist. Zumal sich der Betroffene in der Hauptverhandlung einsichtig gezeigt hat, bedarf es der mit einem Fahrverbot verbundenen erhöhten erzieherischen Wirkung vorliegend nicht. Die Erhöhung des Regelbußgeldsatzes von 250, - DM auf 500, - DM war ausreichend, wobei von zumindest gut durchschnittlichen Einkünften des Betroffenen ausgegangen werden konnte. "
Die vom Amtsgericht herausgearbeiteten Gründe für ein Absehen von der Verhängung des nach Tabelle 2 Anhang zu Nr. 6 der Anlage zur Bußgeldkatalogverordnung lfd. Nr. 6. 2. 4 in der Regel vorgesehenen Fahrverbotes von einem Monat tragen nicht. Sie sind weder für sich genommen noch in einer Gesamtschau geeignet, das Absehen von der Verhängung des Regelfahrverbotes zu rechtfertigen.
Das Absehen von der Verhängung des Fahrverbotes kann zunächst nicht damit begründet werden, dass der Betroffene im Verkehrszentralregister bisher nicht verzeichnet ist. Die Regelahndung nach der Bußgeldkatalogverordnung geht nämlich gerade von einem nicht vorbelasteten Betroffenen aus (OLG Hamm, NZV 1999, 394 f m. w. N. ). Insoweit bestimmt § 1 Abs. 2 S. 2 BKatV ausdrücklich, dass etwaige Eintragungen des Betroffenen im Verkehrszentralregister - von bestimmten hier nicht gegebenen Ausnahmen abgesehen - bei der Festsetzung der Regelahndung nicht berücksichtigt worden sind.
Auch der Umstand...