Leitsatz (amtlich)
Eigentum nach § 973 Abs. 1 BGB an einem Fahrzeug kann nur der Finder gem. § 965 Abs. 1 BGB erlangen, der die verlorene Sache an sich nimmt. Das Tatbestandsmerkmal des Ansichnehmens i.S.d. § 965 Abs. 1 BGB stellt auf eine tatsächliche Sachherrschaft ab. Die bloße Anzeige bei der zuständigen Behörde genügt für ein Ansichnehmen nicht.
Normenkette
BGB § 854 Abs. 1, §§ 868, 958, 965 Abs. 1, § 973 Abs. 1, § 985
Verfahrensgang
LG Bückeburg (Urteil vom 01.11.2024; Aktenzeichen 2 O 89/24) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 1. November 2024 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bückeburg wie folgt abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, einem mit Ausweis versehenen Beauftragten der W. GmbH im Auftrag der Klägerin den Zutritt zu den Räumlichkeiten der Beklagten in S. zu gewähren und die Einstellung der Energieversorgung durch Sperrung des Stromzählers mit der Gerätenummer ... zu dulden.
Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 11.237,55 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. Juni 2024 zu zahlen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, betreffend den Tenor zu 1. allerdings nur gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 1.000 EUR. Im Übrigen kann die Beklagte eine Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten Entgelte für Stromlieferungen im Zeitraum vom 1. November 2017 bis zum 31. Oktober 2023 in Höhe von 17.538,52 EUR abzüglich geleisteter Zahlungen in Höhe von insgesamt 6.300,97 EUR. Sie begehrt ferner, die Sperrung des Stromzählers wegen Zahlungsrückständen zu dulden.
Die Klägerin belieferte die Beklagte unter anderem in dem vorgenannten Zeitraum im Rahmen eines Grundversorgungsvertrages mit Strom, den die Beklagte auch zum Beheizen ihres Hauses nutzte. Die Beklagte las zuletzt am 1. November 2017 sowie am 25. November 2018 die im Tatbestand des angefochtenen Urteils dargestellten Zählerstände ab und teilte diese der Klägerin mit. Der hiernach errechnete Verbrauch liegt der korrigierten Rechnung vom 28. November 2018 (Bl. 162 ff. LGA) zugrunde. Ob die Beklagte in der Folgezeit die ihr übersandten Ablesekarten zurücksandte, ist streitig. Die nächste konkret vorgetragene Ablesung erfolgte erst anlässlich eines Zählerwechsels am 28. April 2022 mit den aus der Abrechnung für das Jahr 2021/22 vom 17. November 2022 (Bl. 185 ff. LGA) ersichtlichen Zählerständen. Den sich aus den abgelesenen Zählerständen für diese Zeit ergebenden Gesamtverbrauch verteilte die Klägerin schätzweise auf die einzelnen Abrechnungszeiträume und erstellte auf dieser Grundlage am 17. November 2022 jeweils korrigierte Rechnungen für die Jahre 2018/19, 2019/20 und 2020/21 sowie die Rechnung für das Jahr 2021/22 (Bl. 169 ff. LGA). Wegen der Einzelheiten wird auf diese Rechnungen Bezug genommen. Die Beklagte leistete hierauf die im Schriftsatz der Klägerin vom 19. März 2024 (Bl. 130 LGA) aufgeführten Zahlungen.
Die Beklagte bestreitet die Richtigkeit der abgerechneten Verbräuche; diese seien angesichts der erheblich geringeren Verbräuche in den vorangegangenen Abrechnungsperioden sowie in der nachfolgenden Abrechnungsperiode unplausibel. Sie behauptet, ihr Verbrauchsverhalten habe sich in diesen Zeiten nicht geändert.
Wegen des weiteren erstinstanzlichen Parteivortrags und der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Beklagte sei nach § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StromGVV zur Verweigerung der Zahlung berechtigt, weil angesichts erheblicher und nicht plausibel erklärbarer Abweichungen der Verbrauchswerte der Beklagten im Zeitraum 2018 - 2022 von denen der vorangegangenen und nachfolgenden Abrechnungsperioden die ernsthafte Möglichkeit eines offensichtlichen Fehlers vorliege. Die Richtigkeit der abgerechneten Verbrauchsmengen habe die Klägerin nicht bewiesen. Wegen der weiteren Erwägungen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ihre erstinstanzlichen Anträge weiter verfolgt. Die Abweichung des streitigen Verbrauchs insbesondere gegenüber dem Verbrauch in der nachfolgenden Abrechnungsperiode sei für die Annahme der ernsthaften Möglichkeit eines offensichtlichen Fehlers der Rechnungen nicht ausreichend.
Sie beantragt,
unter Abänderung des am 11. Oktober 2024 verkündeten Urteils des Landgerichts Bückeburg die Beklagte zu verurteilen,
1. dem mit Ausweis versehenen Beauftragten der W. GmbH im ...