Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Heilung einer Niederschrift ohne Unterschrift des Notars nach § 35 BeurkG
Leitsatz (amtlich)
Die Heilung einer Niederschrift ohne Unterschrift des Notars nach § 35 BeurkG verlangt lediglich, dass die Aufschrift auf dem verschlossenen Umschlag vom Notar unterschrieben worden ist, ohne ausdrücklich weitergehend auch zu bestimmen, dass diese Unterschrift erst nach Verschließung des Umschlags aufzubringen gewesen wäre.
Normenkette
BeurkG § 35
Verfahrensgang
AG Bremen-Blumenthal (Aktenzeichen 50 VI 745/23)
Tenor
I. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Nachlassgericht - Bremen-Blumenthal vom 26.11.2024 wird als unbegründet zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beteiligte zu 1).
III. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf EUR 50.000,- festgesetzt.
IV. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Am 19.10.2012 schlossen der Beteiligte zu 1) und seine Ehefrau (nachfolgend: Erblasserin) zusammen mit den Beteiligten zu 2) und zu 3), ihren gemeinsamen Töchtern, mit notarieller Urkunde eine Vereinbarung, nach deren Ziff. II § 1 und § 2 der Beteiligte zu 1) und die Erblasserin sich gegenseitig als Vorerben einsetzten mit Bestimmung einer Nacherbfolge der gemeinsamen Töchter, wobei nach Ziff. II § 4 dieser Urkunde sämtliche vorstehenden Verfügungen als vertragsmäßige Verfügungen im Sinne von § 2278 BGB anzusehen seien sollten. Die Urkunde vom 19.10.2012 wurde vom beurkundenden Notar nicht unterzeichnet, seine Unterschrift befand sich jedoch auf dem Umschlag, mit dem die Urkunde verschlossen war. Zugleich erklärten die Beteiligten zu 2) und zu 3) einen Pflichtteilsverzicht.
Am 08.09.2021 errichteten der Beteiligte zu 1) und die Erblasserin ein gemeinschaftliches notarielles Testament, in welchem sie sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzten.
Die Erblasserin verstarb am 10.08.2023 und der Beteiligte zu 1) beantragte den Erlass eines ihn als alleinigen und unbeschränkten Erben ausweisenden Erbscheins. Das Amtsgericht Bremen-Blumenthal wies diesen Antrag mit Beschluss vom 26.11.2024 zurück.
Gegen diesen Beschluss wendet sich der Beteiligte zu 1) mit seiner Beschwerde, die er damit begründet, dass es sich bei der Urkunde vom 19.10.2012 nicht um einen Erbvertrag handele, da darin von der Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments die Rede gewesen sei und innerhalb des Familienkreises eine erbvertragliche Bindung nicht beabsichtigt gewesen sei. Zudem sei die Verfügung von Todes wegen vom 19.10.2012 unwirksam, da der beurkundende Notar die Urkunde nicht unterzeichnet habe. Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 31.01.2025 nicht abgeholfen.
II. Die gemäß § 58 Abs. 1 FamFG statthafte und gemäß den §§ 59 Abs. 1, 61 Abs. 1, 63 Abs. 1 FamFG auch im Übrigen zulässige Beschwerde des Beteiligten zu 1) war aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung sowie des Nichtabhilfebeschlusses vom 31.01.2025 als unbegründet zurückzuweisen.
Das Amtsgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Verfügungen von Todes wegen in der Urkunde vom 19.10.2012 als vertragsmäßige Verfügungen im Sinne von § 2278 BGB anzusehen sind und damit wegen der Bindungswirkung nach den §§ 2290, 2292 BGB nicht durch das gemeinschaftliche Testament vom 08.09.2021 aufgehoben werden konnten, an dem die Beteiligten zu 2) und zu 3) als weitere Parteien der Vereinbarung vom 19.10.2012 nicht beteiligt waren. Dies ergibt sich bereits aus der ausdrücklichen Regelung in Ziff. II § 4 der Urkunde, wonach sämtliche vorstehenden Verfügungen - und damit auch die Regelungen in Ziff. II § 1 und § 2 zur gegenseitigen Einsetzung als Vorerben mit einer Nacherbfolge der gemeinsamen Töchter - mit erbvertraglicher Wirkung erfolgen sollten. Für eine anderweitige Auslegung entgegen diesem eindeutigen Wortlaut bietet die Urkunde keine Anhaltspunkte.
Ebenfalls hat das Amtsgericht zutreffend festgestellt, dass die fehlende Unterschrift des Notars auf der Urkunde nicht zu einer Unwirksamkeit des Erbvertrags führte, sondern nach § 35 BeurkG eine Heilung durch Unterzeichnung des verschlossenen Umschlags erfolgen konnte. Dass diese Unterschrift - wie der Beteiligte zu 1) behauptet - vom Notar bereits vor der Verschließung des Umschlags erfolgt wäre, ist mangels erkennbarer Anzeichen hierfür als lediglich ins Blaue vorgetragen anzusehen; ohnehin sieht das Gesetz selbst lediglich vor, dass die Aufschrift auf dem verschlossenen Umschlag vom Notar unterschrieben worden ist, ohne ausdrücklich weitergehend auch zu bestimmen, dass diese Unterschrift erst nach Verschließung des Umschlags aufzubringen gewesen wäre (vgl. so auch die hM in der Literatur, siehe BeckOGK/Grziwotz, Ed. 1.4.2025, § 35 BeurkG Rn. 14; MüKoBGB/Sticherling, 9. Aufl., § 35 BeurkG Rn. 9). Die vom Beteiligten zu 1) angeführte Gegenauffassung vermag nicht zu überzeugen, da sie - mangels praktischer Nachweisbarkeit der Reihenfolge von Verschließung und Unterschrift im Streitfall - die vom Gesetzgeber gewoll...