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LAG Rheinland-Pfalz Urteil vom 23.05.2023 - 8 Sa 310/22

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Verletzung vertraglicher Nebenpflichten. Verhaltensbedingte Kündigung nach Verwendung eines gefälschten Impfausweises. Allgemeine Gefahrenabwehr durch die 3G-Regelung im IfSG. Entbehrlichkeit einer Abmahnung vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung

Leitsatz (amtlich)

1. Verschafft sich ein Arbeitnehmer wiederholt unberechtigten Zugang zum Betrieb unter Verwendung eines gefälschten Impfnachweises, um die Zutrittsbeschränkungen des § 28b Abs. 1 IfSG idF ab 24.11.2021 zu umgehen (sog. 3G-Regelung), liegt darin eine gravierende Pflichtverletzung, die grundsätzlich eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen kann.

2. Auf den tatsächlichen Eintritt einer konkreten Gefährdungssituation kommt es dabei nicht entscheidend an.

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Verletzung arbeitsvertraglicher Nebenpflichten kann einen verhaltensbedingten Kündigungsgrund darstellen. Das trifft sowohl auf die hauptleistungspflichtbezogenen Nebenleistungspflichten zu, die der Vorbereitung, ordnungsgemäßen Durchführung und Sicherung der Hauptleistung dienen und diese ergänzen, wie auch auf sonstige, aus dem Gebot der Rücksichtnahme erwachsende Nebenpflichten (§ 241 Abs. 2 BGB).

2. Der Gesetzgeber schuf mit der 3G-Regelung eine der allgemeinen Gefahrenprävention dienende Regelung, die gerade nicht auf das Vorliegen einer konkreten Gefährdungslage abstellte, sondern unabhängig von einer konkreten Infektion eines Beschäftigten gelten sollte.

3. Einer Abmahnung bedarf es nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dann nicht, wenn es sich um eine so schwerwiegende Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist.

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