Leitsatz (amtlich)
1. Für die übliche Nutzung eines Tiefgaragenstellplatzes durch Abstellen eines Fahrzeugs muss jedenfalls eine Fahrtaktik möglich sein, die ohne einen erhöhten Rangieraufwand oder ohne nennenswerte Komforteinbuße auskommt.
2. Sofern nichts anderes vereinbart ist, hat der Erwerber eines Tiefgaragenstellplatzes keinen Anspruch darauf, mit einem Mittelklassefahrzeug in einem Zug ohne Korrekturzüge einparken zu können, den Stellplatz vorwärts ansteuern und vorwärts ohne Korrekturzug einparken zu können oder eine Wendemöglichkeit in unmittelbarer Nähe seines Stellplatzes nutzen zu können.
3. Der geschuldete Standard der mittleren Art und Güte ist erst dann unterschritten, wenn das Ein- und Ausparken die Grenze des Zumutbaren mit einem durchschnittlichen Fahrzeug und durchschnittlichen Fahrkünsten überschreitet. In diesem Rahmen hat der Erwerber gewisse Toleranzen beim Komfort des Ein- und Ausparkens hinzunehmen.
Verfahrensgang
LG Berlin II (Aktenzeichen 29 O 76/21) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin II vom 17.07.2024, Az. 29 O 76/21, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 16.394,90 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. seit dem 28. April 2021 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Berufung im Übrigen wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits der ersten Instanz trägt die Beklagte vorab die durch die Ausführung des Beweisbeschlusses vom 26. Oktober 2022 entstandenen Kosten. Von den übrigen Kosten der ersten Instanz tragen die Kläger 57 % und die Beklagte 43 %.
Von den Kosten der Berufung tragen die Kläger 73 % und die Beklagte 27 %.
IV. Dieses Urteil und fortan das vorgenannte Urteil des Landgerichts Berlin II sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung jeweils in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Kläger begehren Schadensersatz wegen Mängeln an ihrer Eigentumswohnung, eine Kaufpreisminderung wegen ihres Tiefgaragenstellplatzes und die Erstattung privater Sachverständigenkosten.
Gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angegriffenen Urteil des Landgerichts Bezug genommen. Ergänzend wird ausgeführt:
Das Landgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 17. Juli 2024 in der Hauptsache zu Zahlung von insgesamt 22.504,90 EUR verurteilt. Hierbei hat das Landgericht 9.530,- EUR als Schadensersatz für die mangelbedingte Wertminderung der Wohnung in Ansatz gebracht, wobei 2.000,- EUR auf die fehlende Funktion des Raumthermostats in der Küche entfielen. Als Wertminderung für den Tiefgaragenstellplatz hat das Landgericht einen Betrag von 11.000,- EUR zuerkannt und einen Schadensersatz wegen privater Sachverständigenkosten in Höhe von 1.974,90 EUR zugesprochen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten mit dem Ziel einer vollständigen Klageabweisung. Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 22. Juli 2024 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 20. August 2024 am selben Tag Berufung eingelegt und diese mit einem am Montag, den 23. September 2024 eingegangen Schriftsatz vom selben Tage begründet.
Die Beklagte rügt:
Das Landgericht habe die Zuerkennung des Schadensersatzes in Höhe von 7.530,- EUR nicht begründet. Hierdurch werde ihr Anspruch auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. Ein Mangel hinsichtlich des Raumthermostats in der Küche liege nicht vor. Ein separater Heizkreis für die Küche sei weder nach den vertraglichen Vereinbarungen geschuldet noch nach der Energieeinsparverordnung 2016 (nachfolgend: EnEV 2016) erforderlich. Die Schaltung der Küche auf den Heizkreis des Wohnzimmers sei fachgerecht. Hinsichtlich des Tiefgaragenstellplatzes habe das Landgericht seine Entscheidung fehlerhaft auf die Feststellungen des klägerischen Parteigutachtens gestützt und das Bestreiten der Beklagten ignoriert. Ein Mangel liege insoweit nicht vor. Es sei weder vertraglich vereinbart noch entspreche es der allgemeinen Verkehrserwartung, dass für jeden Stellplatz eine unmittelbare Wendemöglichkeit zur Verfügung stehe. Es entspreche auch der üblichen und zumutbaren Nutzbarkeit, wenn ein Stellplatz durch rückwärtiges Fahren erreicht werden müsse. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass Mittel- und Oberklassefahrzeuge über Einparkhilfen und Rückfahrkameras verfügten. Ohnehin sei nicht vereinbart, dass der Stellplatz auf Fahrzeuge eines bestimmten Typs oder einer bestimmten Größe hin ausgerichtet sein müsse. Die Kläger seien zudem mit Mängelrechten ausgeschlossen, weil sie den vermeintlichen Mangel bei Abnahme des Werkes kannten oder kennen mussten, aber keinen Vorbehalt bei Abnahme erklä...