Leitsatz (amtlich)
Die Veröffentlichung und Verbreitung eines Fotos, das einen nackten Mann mit einem Handtuch o.Ä. zeigt, das markenrechtlich geschützte, auf einen Hotelbetrieb hinweisende Abbildungen und Schriftzüge trägt, kann im Hinblick auf die durch Art. 5 Abs. 3 GG geschützte Kunstfreiheit hinzunehmen sein.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 03.02.2009; Aktenzeichen 16 O 549/08) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Antragsgegnerín wird das am 3.2.2009 verkündete Urteil der Zivilkammer 16 des LG Berlin - 16 O 549/08 - geändert:
Die einstweilige Verfügung der Zivilkammer 16 des LG Berlin vom 4.12.2008 - 16 O 549/08 - wird aufgehoben. Der Antrag auf ihren Erlass wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens beider Instanzen zu tragen.
Gründe
A. Die Antragstellerin ist Eigentümerin und Betreiberin des "Hotel ..." in Berlin. Sie ist Inhaberin der Gemeinschaftsmarke "Hotel d." (Nr. 5537386) und nutzt das Zeichen "Hotel ." in Kombination mit einer Abbildung der Quadriga auf dem Brandenburger Tor als Unternehmenskennzeichen.
Die Antragsgegnerin ist Verlegerin des Buchs "N.", in dem die von dem Fotografen H///v/B//gefertigte Fotografie "G." abgebildet ist.
Das Foto zeigt im Vordergrund auf einem Bett einen Gegenstand aus Frottier (Handtuch oder Bademantel), auf dem scharf wiedergegeben und auf dem Kopf stehend die von der Antragstellerin als Unternehmenskennzeichen benutzte Abbildung der Quadriga mit dem Schriftzug "Hotel ..." zu erkennen ist. Im Hintergrund des Fotos ist auf dem Bett - unscharf abgebildet - ein nackter Mann zu erkennen.
Auf Antrag der Antragstellerin hat das LG Berlin mit Beschluss vom 4.12.2008 eine einstweilige Verfügung erlassen und der Antragsgegnerin unter Androhung von Ordnungsmitteln untersagt, das dort wiedergegebene Foto zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen und zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen.
Nach dem Widerspruch der Antragsgegnerin hat die Antragstellerin beantragt, die einstweilige Verfügung zu bestätigen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt, die einstweilige Verfügung aufzuheben und den Antrag auf ihren Erlass zurückzuweisen.
Mit dem am 3.2.2009 verkündeten Urteil hat das LG die einstweilige Verfügung vom 4.12.2008 bestätigt. Es wird insoweit auf das erstinstanzliche Urteil verwiesen, und zwar auch hinsichtlich des weitergehenden erstinstanzlichen Vortrages der Parteien.
Die Antragsgegnerin wendet sich mit der Berufung gegen dieses Urteil. Sie wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag.
Die Antragsgegnerin beantragt, das Urteil des LG Berlin vom 3.2.2009 - 16 O 549/08 - zu ändern, die einstweilige Verfügung vom 4.12.2008 aufzuheben und den Antrag auf ihren Erlass zurückzuweisen.
Die Antragstellerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
B. Die Berufung der Antragsgegnerin ist statthaft und zulässig, insbesondere auch form- und fristgerecht eingelegt worden. Die Berufung ist auch begründet.
Die Antragstellerin hat den geltend gemachten Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung und Verbreitung des streitgegenständlichen Fotos jedenfalls in der Antragschrift auf eine Verletzung ihres Namensrechts (§§ 12, 1004 BGB), ihres allgemeinen Unternehmenspersönlichkeitsrechts (§ 823 Abs. 1, § 1004 BGB) sowie ihrer Rechte an der Gemeinschaftsmarke "Hotel ..." (Art. 9 Abs. 1 Satz 2, Art. 14 Abs. 1, Art. 98 GMV, § 14 Abs. 5 MarkenG) und an der Geschäftsbezeichnung "Hotel ..." (§ 15 Abs. 2, Abs. 4 MarkenG) gestützt.
In ihrem Schriftsatz vom 4.11.2010 hat die Antragstellerin hingegen ausgeführt, sie wolle lediglich Ansprüche aus einer Verletzung ihres Unternehmenspersönlichkeitsrechts geltend machen.
Diese Erklärung ist ebenso wenig streitentscheidend wie die Frage, ob im vorliegenden Fall der Anwendungsbereich der oben genannten Normen grundsätzlich eröffnet ist.
In der Veröffentlichung und Verbreitung des streitgegenständlichen Fotos durch die Antragsgegnerin ist letztendlich deshalb keine Verletzung der Rechte der Antragstellerin zu sehen, weil die Antragstellerin die Veröffentlichung und Verbreitung des Fotos jedenfalls im Hinblick auf das zugunsten der Antragsgegnerin als Rechtfertigungsgrund streitende, durch Art. 5 Abs. 3 GG geschützte Recht auf Freiheit der Kunst hinzunehmen hat.
1. Im Anwendungsbereich des Art. 9 Abs. 1 Satz 2 lit. c) GMV und § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG ist das durch Art. 5 Abs. 3 GG geschützte Recht auf Freiheit der Kunst als Rechtfertigungsgrund grundsätzlich zu beachten (vgl. BGH GRUR 2005, 583 - Lila-Postkarte; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 14 Rz. 1361).
a) Das beanstandete Foto eines nackten Mannes mit einem Gegenstand aus Frottier (Handtuch oder Bademantel), den die Marke der Antragstellerin ziert, stellt ein durch Art. 5 Abs. 3 GG geschütztes Kunstwerk dar. Es ist eine freie schöpferische Gestaltung des Fotografen, in der Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse des Kü...