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BVerwG Urteil vom 24.11.1988 - 2 C 24.87

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Beamter auf Probe. Verlängerung der Probezeit. Feststellung der Nichtbewährung durch den Dienstherrn

 

Leitsatz (amtlich)

Wird nach Ablauf einer zweiten Verlängerung der Probezeit die mangelnde Bewährung festgestellt, so kann der Beamte auf Probe, gestützt auf diese Bewährungsbeurteilung, auch dann entlassen werden, wenn die Probezeit abermals verlängert wird, aber in diesem Zeitraum eine Verbesserung der Leistungen nicht eintritt.

 

Normenkette

NBG § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 41 Abs. 4 Nr. 2; NLVO § 7

 

Verfahrensgang

OVG für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein (Urteil vom 19.09.1986; Aktenzeichen 2 OVG A 7/85)

VG Oldenburg (Urteil vom 10.12.1984; Aktenzeichen 3 OS VG A 89/83)

 

Tenor

Die Urteile des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein vom 19. September 1986 und des Verwaltungsgerichts Oldenburg – 3. Kammer Osnabrück – vom 10. Dezember 1984 werden aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger wendet sich gegen seine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe. Er trat im August 1974 als Rechtspflegeranwärter in den niedersächsischen Justizdienst ein und bestand am 21. November 1978 mit dem Ergebnis “befriedigend” die Laufbahnprüfung für den gehobenen Dienst. Am 30. April 1980 wurde er unter Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Justizinspektor z. A. ernannt. Nach der ersten Verlängerung der Probezeit bis zum 23. Mai 1982 wurde die Probezeit erneut durch Bescheid vom 12. Mai 1982 bis zum 23. November 1982 verlängert. Die Abweisung der Klage gegen diese Verfügung durch das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg – 3. Kammer Osnabrück – vom 24. Oktober 1984 hat der erkennende Senat durch Urteil vom 24. November 1988 – BVerwG 2 C 23.87 – bestätigt. Eine erneute Verlängerung der Probezeit bis zum 31. März 1983 durch Bescheid vom 16. November 1982 (dritte Verlängerung) wurde vom Kläger angefochten. Über die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg – 3. Kammer Osnabrück – vom 10. Dezember 1984, mit dem diese Verlängerungsverfügung vom 16. November 1982 und der sie bestätigende Widerspruchsbescheid vom 18. März 1983 aufgehoben worden sind, ist noch nicht entschieden. Das Oberverwaltungsgericht für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein hat dieses Verfahren durch Beschluß vom 19. September 1986 – 2 OVG A 6/85 – ausgesetzt.

Nach vorheriger Anhörung entließ der Beklagte den Kläger mit Bescheid vom 18. März 1983 aus dem Beamtenverhältnis auf Probe. Zur Begründung führte der Beklagte unter Bezugnahme auf die dem Kläger erteilten dienstlichen Beurteilungen sowie unter Darlegung verschiedener Vorfälle aus, daß sich der Kläger in der Probezeit nicht bewährt habe.

Nach erfolglosem Vorverfahren hat das Verwaltungsgericht den Entlassungsbescheid des Beklagten vom 18. März 1983 und den dazu ergangenen Widerspruchsbescheid vom 5. April 1983 aufgehoben. Die Berufung des Beklagten wurde im wesentlichen mit folgender Begründung zurückgewiesen:

Die Verlängerung der Probezeit des Klägers durch Bescheid vom 12. Mai 1982 sei rechtswidrig gewesen. Es sei daher davon auszugehen, daß sich der Kläger vom 24. Mai 1982 bis zum 23. November 1982 nicht mehr in einer Probezeit im Sinne des § 39 Abs. 1 Satz 2 NBG befunden habe. Die für diese Zeit getroffene Feststellung ungenügender Leistungen des Klägers sei deshalb nicht geeignet, einen beachtlichen Bewährungsmangel in der Probezeit darzulegen. Ferner seien die dienstlichen Leistungen und das Verhalten des Klägers in der Probezeit bis zum 23. Mai 1982 in der angefochtenen Entlassungsverfügung nicht unmittelbar zur Begründung fehlender Bewährung herangezogen worden. Dieser Zeitabschnitt sei nur mittelbar berücksichtigt, indem die ständige Verschlechterung der Leistungen angesprochen worden sei. Damit allein lasse sich die Entlassungsverfügung aber nicht aufrechterhalten.

Gegen dieses Urteil hat der Beklagte die vom Bundesverwaltungsgericht zugelassene Revision eingelegt. Er beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Berufungsurteils vom 19. September 1986 die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

unter Aufhebung des Berufungsurteils die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.

Er rügt die Verletzung materiellen Rechts.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er verteidigt im wesentlichen das angefochtene Urteil.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision des Beklagten ist begründet. Die Klage ist unter Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile abzuweisen.

Die auf § 39 Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 41 Abs. 4 Nr. 2 des Niedersächsischen Beamtengesetzes – NBG – in der Fassung vom 28. September 1978 (GVBl. S. 677) gestützte Entlassung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis auf Probe ist rechtmäßig. Hiernach kann ein Beamter auf Probe entlassen werden, wenn er sich in der Probezeit nicht bewährt. Die Entscheidung des Dienstherrn, ob der Beamte sich in der Probezeit nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bewährt hat, ist ein Akt wertender Erkenntnis des für die Beurteilung zuständigen Organs des Dienstherrn. Diese Entscheidung ist gerichtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Begriff der mangelnden Bewährung und die gesetzliche Grenze des Beurteilungsspielraums verkannt worden sind, ob der Beurteilung ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde liegt und ob allgemeine Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt worden sind (vgl. Beschluß vom 18. Oktober 1973 – BVerwG 2 B 54.73 – ≪Buchholz 232 § 31 Nr. 19≫).

Aus § 39 Abs. 1 Nr. 2 NBG in Verbindung mit § 7 Abs. 1 der Niedersächsischen Laufbahnverordnung – NLVO – in der Fassung vom 9. Mai 1975 (GVBl. S. 119) ergibt sich, daß für die Frage der Bewährung oder Nichtbewährung das Verhalten des Beamten in der laufbahnrechtlichen Probezeit maßgebend ist. Innerhalb dieser Zeit ist dem Beamten die Möglichkeit zu geben, seine Eignung nachzuweisen. Sind in der Probezeit Mängel zu erkennen, ist der Dienstherr somit von der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung des Probebeamten nicht zweifelsfrei überzeugt, so darf die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit nicht ausgesprochen werden (vgl. § 11 Abs. 1 Nr. 3 NBG). Gelangt der Dienstherr zu der Überzeugung, daß der Beamte hinsichtlich Eignung, Leistung und Befähigung nicht behebbare Mängel aufweist, muß er den Beamten entlassen (vgl. § 39 Abs. 1 Nr. 2 NBG, § 7 Abs. 4 Satz 1 NLVO).

An diesen gesetzlichen Rahmen hat sich der Beklagte in der Entlassungsverfügung vom 18. März 1983 und dem dazu ergangenen Widerspruchsbescheid vom 5. April 1983 gehalten.

Zunächst ist davon auszugehen, daß der Beklagte die in der Zeit vom 24. Mai 1982 bis 23. November 1982 getroffenen Feststellungen ungenügender Leistungen des Klägers während seiner Tätigkeit beim Amtsgericht O… mit in die Bewährungsbeurteilung einbeziehen durfte; denn der erkennende Senat hat durch Urteil vom 24. November 1988 – BVerwG 2 C 23.87 – die Abweisung der Klage gegen diese Verlängerung der Probezeit bestätigt. Die wegen der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs- und Klageverfahrens aufgeworfenen Bedenken gegen die Verwertbarkeit der in diesem Zeitraum gewonnenen Erkenntnisse für die Beurteilung der Bewährung des Klägers in der Probezeit sind jedenfalls mit der rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung und des damit verbundenen rückwirkenden Wegfalls der zunächst eingetretenen aufschiebenden Wirkung nicht mehr gegeben.

Der Rechtmäßigkeit der Entlassungsverfügung vom 18. März 1983 steht auch die durch den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts vom 16. November 1982 ausgesprochene dritte Verlängerung der Probezeit vom 24. November 1982 bis 31. März 1983 nicht entgegen. Über die Klage des Klägers gegen diese Verlängerung ist noch nicht rechtskräftig entschieden. Das Berufungsgericht hat dieses Verfahren durch Beschluß vom 19. September 1986 – 2 OVG A 6/85 – ausgesetzt. Die vom Berufungsgericht wegen der aufschiebenden Wirkung der Klage geäußerten Bedenken gegen eine Verwertung der in diesem Zeitraum gewonnenen Erkenntnisse über die Bewährung des Klägers greifen jedoch nicht durch.

Eine auf die Feststellung des objektiven Erklärungsinhalts zielende Auslegung der Entlassungsverfügung vom 18. März 1983 am Maßstab der Auslegungsregel des § 133 BGB (vgl. auch BVerwGE 60, 223 ≪228 f.≫ mit weiteren Nachweisen), zu der auch das Revisionsgericht befugt ist (vgl. BVerwGE 67, 222 ≪234≫), führt zu dem Ergebnis, daß der Beklagte die Feststellung der Nichtbewährung des Klägers in der Probezeit bereits nach Abschluß der zweiten Verlängerung der Probezeit, nämlich im Schreiben vom 2. Dezember 1982, getroffen hat. Der Zeitraum der dritten Verlängerung der Probezeit wurde nur insoweit berücksichtigt, als hinsichtlich dieses Zeitraums festgestellt wurde, daß sich die Arbeitsleistung des Klägers nicht verbessert habe. Die Entlassungsverfügung vom 18. März 1983 nimmt nämlich Bezug auf das Schreiben vom 2. Dezember 1982, mit dem dem Kläger die beabsichtigte Entlassung mitgeteilt und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden war. Die im Schreiben vom 2. Dezember 1982 enthaltene Darlegung des Werdegangs des Klägers, seiner Leistungen in der Probezeit und die Feststellung, daß er sich in der Probezeit, und zwar bis zum Ablauf der zweiten Probezeitverlängerung, nicht bewährt habe, sind auch Inhalt der Entlassungsverfügung. Im Hinblick darauf, daß der Präsident des Oberlandesgerichts – wie im Schreiben vom 2. Dezember 1982 eingehend erläutert – schon nach Ablauf der zweiten Verlängerung der Probezeit die Feststellung der Nichtbewährung getroffen und diese der Entlassungsverfügung vom 18. März 1983 zugrunde gelegt hat, kommt dem Zeitraum der dritten Verlängerung der Probezeit, über die gerichtlich noch nicht abschließend entschieden ist, keine selbständige Bedeutung zu. Die Gründe der Entlassungsverfügung für den Zeitraum bis zum 23. Oktober 1982, die der Feststellung der Nichtbewährung im Schreiben vom 2. Dezember 1982 zugrunde lagen und in die Entlassungsverfügung übernommen worden sind, tragen schon für sich allein die Feststellung der Nichtbewährung in der Probezeit. Dies ergibt sich auch aus der Entlassungsverfügung selbst. Ab Seite 9 dieser Verfügung wird die Zeit der dritten Verlängerung der Probezeit lediglich dahingehend gewürdigt, daß sich die Arbeitsleistung des Klägers “seit der letzten dienstlichen Beurteilung indes nicht verbessert” habe. Die Rechtmäßigkeit der Entlassungsverfügung ist daher nicht abhängig vom Ausgang des Klageverfahrens gegen die dritte Verlängerung der Probezeit. Demzufolge war der Dienstherr rechtlich nicht gehindert, als er nach Ablauf der zweiten Verlängerung der Probezeit zu der Auffassung gelangte, daß eine mangelnde Bewährung vorliege und daß eine weitere Verlängerung der Probezeit nicht mehr angebracht sei, das Entlassungsverfahren einzuleiten und die Entlassungsverfügung auf die zu diesem Zeitpunkt getroffene Beurteilung zu stützen. Daß der Beklagte dennoch eine dritte Verlängerung der Probezeit verfügte, gereicht dem Kläger schon deshalb nicht zum Nachteil, weil in diesem Zeitraum keine Verbesserung seiner Leistung eingetreten ist, die möglicherweise zu einer anderen Bewährungsbeurteilung hätte führen können. Im übrigen entspricht es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in der Regel der Fürsorgepflicht des Dienstherrn, den Beamten auf Probe alsbald zu entlassen, schon um ihm Klarheit über seinen künftigen Berufsweg zu verschaffen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

 

Unterschriften

Dr. Schwarz, Dr. Franke, Dr. Lemhöfer, Dr. Müller, Dr. Maiwald

 

Fundstellen

Haufe-Index 2936013

DÖD 1989, 194 - 195 (LT1)

RiA 1989, 261 - 262 (LT1)

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