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BVerwG Urteil vom 03.09.1998 - 7 C 37.97

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufbauhypothek. Übernahme. staatlicher Verwalter. volkseigener Anteil an Erbengemeinschaft

Leitsatz (amtlich)

Gehört ein Grundstück einer Erbengemeinschaft, die einen staatlich verwalteten und einen volkseigenen Anteil umfaßt, und bestellen der staatliche Verwalter und der Rechtsträger des Volkseigentums eine Aufbauhypothek, greift die Kürzungsregelung des § 16 Abs. 5 und Abs. 7 in Verbindung mit § 18 Abs. 2 VermG ein.

Normenkette

VermG § 16 Abs. 5; VermG § 16 Abs. 7; VermG § 18 Abs. 2; ZGB DDR § 400 Abs. 2

Verfahrensgang

VG Leipzig (Urteil vom 22.05.1997; Aktenzeichen 3 K 1169/95)

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 22. Mai 1997 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Tatbestand

I.

Die Klägerin, ein Kreditinstitut, wendet sich gegen die gemäß § 16 Abs. 5 Satz 1 in Verbindung mit § 18 Abs. 2 des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen (Vermögensgesetz – VermG) erfolgte Kürzung einer von den Beigeladenen zu 1 und 2 zu übernehmenden Aufbauhypothek.

Die Hypothek lastet auf dem mit einem Mehrfamilienwohnhaus bebauten Grundstück B.straße 7 in L. Das Grundstück gehörte seit 1936 in ungeteilter Erbengemeinschaft dem Vater der Beigeladenen, Herrn Dr. Richard T., und Frau Emilie Margarethe T., die von den Beigeladenen beerbt wurde. Da die Beigeladene zu 1 die DDR „ungesetzlich” verlassen hatte, wurde ihr von Frau T. ererbter Anteil an dem Grundstück laut Rechtsträgernachweis vom 19. März 1957 mit Wirkung vom 18. Juli 1952 gemäß § 6 der Verordnung zur Sicherung von Vermögenswerten (VSV) vom 17. Juli 1952 (GBl S. 615) in Volkseigentum überführt. Am 10. April 1957 erfolgte zunächst die Eintragung beider Beigeladenen in ungeteilter Erbengemeinschaft nach Frau T. in das Grundbuch; anschließend wurde am selben Tag unter Bezugnahme auf den Rechtsträgernachweis anstelle des Erbanteils der Beigeladenen zu 1 Volkseigentum eingetragen. Für den Anteil des Beigeladenen zu 2 wurde im Jahr 1963 ein Vermerk über die vorläufige Verwaltung durch den VEB Kommunale Wohnungsverwaltung L. gemäß § 6 VSV eingetragen. Nach dem Tod des ebenfalls von den Beigeladenen beerbten Herrn Dr. Richard T. im Jahr 1970 unterblieb eine Berichtigung des Grundbuchs.

Der VEB Gebäudewirtschaft L. schloß „gleichzeitig im Namen aller übrigen Eigentümer gemäß § 400 Abs. 2 ZGB” am 23. Juli 1980 mit der Rechtsvorgängerin der Klägerin, der Stadt- und Kreissparkasse L., einen Kreditvertrag über 19.000 Mark. Als Kreditnehmer waren Herr Dr. Richard T. sowie – jeweils vertreten durch den VEB Gebäudewirtschaft L. – der Beigeladene zu 2 und das Eigentum des Volkes aufgeführt. Das Darlehen diente auf der Grundlage der Verordnung über die Finanzierung zur Schaffung und Erhaltung von privatem Wohnraum vom 28. April 1960 (GBl I S. 351) der Durchführung von Werterhaltungsmaßnahmen an dem Grundstück „lt. bes. Kostennachweis vom 22.9.1977”. Zur Sicherung des Darlehens wurde am 30. Juli 1980 eine als Eigentum des Volkes ausgewiesene Aufbauhypothek in Höhe der Kreditsumme im Grundbuch eingetragen.

Das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen übertrug durch Teilbescheid vom 30. Juni 1993 den volkseigenen Anteil an dem Grundstück an die Beigeladene zu 1 in ungeteilter Erbengemeinschaft zurück. Gleichzeitig ordnete es mit der Begründung, die Aufbauhypothek sei vom staatlichen Verwalter bestellt worden, die Übernahme dieser Hypothek in einer gemäß § 16 Abs. 5 i.V.m. § 18 Abs. 2 VermG gekürzten Höhe von 3.151,21 DM an. Mit ihrer nach erfolglosem Widerspruch erhobenen Klage erstrebt die Klägerin die ungekürzte Übernahme der Aufbauhypothek durch die Beigeladenen. Zur Begründung hat sie ausgeführt: Der Kreditvertrag sei nicht durch den staatlichen Verwalter, sondern durch die Inhaber der Erbanteile gemäß § 400 Abs. 2 ZGB geschlossen worden; auch der VEB Gebäudewirtschaft L. habe als Eigentümer und nicht als staatlicher Verwalter gehandelt. Anhaltspunkte dafür, daß der Kredit nicht zur Finanzierung notwendiger Baumaßnahmen gedient habe, bestünden nicht.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 22. Mai 1997 mit der Begründung abgewiesen, die Aufbauhypothek sei im Sinne von § 16 Abs. 5 VermG vom staatlichen Verwalter bestellt worden. Entscheidend sei allein, daß der Kreditvertrag ausschließlich vom VEB Gebäudewirtschaft L. als einer staatlichen Institution geschlossen worden sei. Eine Differenzierung danach, ob und inwieweit der VEB als staatlicher Verwalter für den Erbanteil des Beigeladenen zu 2, als Rechtsträger des volkseigenen Anteils oder für den verstorbenen, aber noch im Grundbuch eingetragenen Herrn Dr. Richard T. gehandelt habe, sei nicht geboten.

Mit ihrer Revision wiederholt und vertieft die Klägerin ihre Rechtsauffassung, daß der VEB Gebäudewirtschaft L. nicht als staatlicher Verwalter, sondern kraft seiner eigentumsrechtlichen Befugnisse aus § 400 Abs. 2 ZGB tätig geworden sei. Eine Gleichsetzung von Eigentum des Volkes und staatlicher Verwaltung sei nicht zulässig. Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage ohne Verstoß gegen revisibles Recht abgewiesen. Die Beklagte hat die von den Beigeladenen zu übernehmende Aufbauhypothek zu Recht gekürzt.

Mit der Rückübertragung von Eigentumsrechten oder der Aufhebung der staatlichen Verwaltung treten die Berechtigten (§ 2 Abs. 1 Satz 1 VermG) in alle in bezug auf den Vermögenswert bestehenden Rechtsverhältnisse ein (§ 16 Abs. 2 Satz 1 VermG). Für die in § 16 Abs. 5 und Abs. 7 VermG genannten Grundpfandrechte gilt dies allerdings nur in dem sich aus § 18 Abs. 2 VermG ergebenden Umfang. Berechtigte hinsichtlich des Grundstücks B.straße 7 in L. sind die Beigeladenen. Denn ihre Eigentumsrechte an diesem Grundstück sind teils enteignet, teils unter staatliche Verwaltung gestellt worden.

Die Berechtigung der Beigeladenen zu 1 beruht auf § 1 Abs. 1 Buchst. a VermG, weil ihr gesamthänderisch gebundener Anteil an dem Grundstückseigentum gemäß § 1 VSV entschädigungslos enteignet und im Jahr 1957 in Volkseigentum überführt wurde. Dabei kann offenbleiben, ob diese Enteignung sich auch auf den ihr durch den Tod von Dr. Richard T. im Jahr 1970 kraft Erbrechts zugewachsenen Anteil erstreckte. Wollte man dies mit der Begründung verneinen, ein staatlicher Zugriff darauf sei weder durch grundbuchrechtliche Umsetzung noch – soweit erkennbar – in anderer Weise erfolgt, ergäbe sich die Berechtigtenstellung der Beigeladenen zu 1 aus § 1 Abs. 4 VermG. Denn der zugewachsene Erbanteil hätte im Fall unterbliebener Enteignung gemäß § 6 der Verwalter-Verordnung vom 11. Dezember 1968 (GBl II 1969, S. 1) der staatlichen Verwaltung unterlegen (vgl. Abschnitt I Nr. 1 der „Hinweise zur Durchführung der Verordnung vom 11.12.1968 (GBl 11/69), Seite 1 – Behandlung von Erbschaften, die Personen zufallen, die die DDR ungesetzlich verlassen haben”, veröffentlicht als Dokument 36 in Heft 11 der Schriftenreihe des Bundesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen; vgl. dazu das Urteil des Senats vom 16. Juli 1998 – BVerwG 7 C 29.97 – für BVerwGE bestimmt). Die Berechtigung des Beigeladenen zu 2 folgt aus § 1 Abs. 4 VermG, weil sein in der DDR befindliches Vermögen und damit auch sein gesamthänderischer Anteil an dem Grundstück einschließlich des ihm erst 1970 zugewachsenen weiteren Anteils gemäß § 6 VSV unter vorläufiger Verwaltung der Organe der DDR stand.

Die Beigeladenen mußten also mit der Aufhebung der staatlichen Verwaltung (vgl. §§ 11, 11 a VermG) und der Rückübertragung des bisher volkseigenen Anteils durch den Bescheid der Beklagten vom 30. Juni 1993 grundsätzlich auch die eingetragene Aufbauhypothek übernehmen. Zu Recht hat die Beklagte den zu übernehmenden Betrag gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 VermG auf die Summe von 3.151,21 DM begrenzt. Dies ergibt sich aus § 16 Abs. 5 und Abs. 7 VermG. Entgegen der Ansicht der Revision war nämlich die Bestellung der Hypothek kein vom Anwendungsbereich des Vermögensgesetzes ausgenommener, allein zivilrechtlich nach § 400 Abs. 2 ZGB zu beurteilender Vorgang.

Nach § 16 Abs. 5 Satz 1 VermG sind vom staatlichen Verwalter bestellte Aufbauhypotheken und vergleichbare Grundpfandrechte zur Sicherung von Baukrediten nur in dem aus § 18 Abs. 2 VermG folgenden umfang zu übernehmen. Diese Kürzung findet ihre Rechtfertigung darin, daß es sich bei den genannten Grundpfandrechten um dingliche Belastungen handelt, die dem Berechtigten nach der vermögensrechtlichen Schädigung durch Anordnung der staatlichen Verwaltung (§ 1 Abs. 4 VermG) ohne seinen Willen aufgedrängt wurden. Er muß dafür nur einstehen, wenn mit dem gesicherten Darlehen überhaupt Baumaßnahmen durchgeführt wurden (vgl. § 18 Abs. 2 Satz 5 VermG) und soweit sich diese heute noch wertsteigernd oder werterhaltend auf das zurückzuübertragende Grundstück auswirken (vgl. näher BVerwG, Urteil vom 16. Juli 1998 – BVerwG 7 C 29.97 – m.w.N.). In derselben Weise zu kürzen oder gegebenenfalls gemäß § 16 Abs. 5 Satz 4 VermG überhaupt nicht zu übernehmen sind u.a. solche vom Berechtigten zu übernehmende Grundpfandrechte, die nicht vom staatlichen Verwalter, sondern nach Eintritt des Eigentumsverlustes durch den neuen Eigentümer bestellt wurden (§ 16 Abs. 7 VermG). Denn auch diese Grundpfandrechte sind dem Berechtigten nach der vermögensrechtlichen Schädigung ohne seinen Willen aufgedrängt worden. Etwas anderes gilt nur, wenn das Grundpfandrecht der Sicherung einer Verpflichtung des Berechtigten dient, die keinen diskriminierenden oder sonst benachteiligenden Charakter hat (§ 16 Abs. 7, Halbsatz 2 VermG).

Die Voraussetzungen des § 16 Abs. 5 Satz 1 in Verbindung mit § 18 Abs. 2 VermG sowie des § 16 Abs. 7 VermG sind hier erfüllt. Wie dargelegt, gehörte das Grundstück B.straße 7 bei Abschluß des Kreditvertrags und Bestellung der Aufbauhypothek im Jahr 1980 einer ungeteilten Erbengemeinschaft, die aus dem staatlich verwalteten Anteil des Beigeladenen zu 2 und möglicherweise auch aus einem staatlich verwalteten Anteil der Beigeladenen zu 1 sowie aus einem volkseigenen Anteil bestand. Dementsprechend ist der VEB Gebäudewirtschaft L. in zweifacher, rechtlich voneinander zu trennender Eigenschaft tätig geworden, nämlich einerseits als staatlicher Verwalter privaten Eigentums und andererseits als Rechtsträger von Volkseigentum. Das Handeln als staatlicher Verwalter ist nach § 16 Abs. 5 Satz 1 VermG, das Handeln als Rechtsträger von Volkseigentum nach § 16 Abs. 7 VermG zu beurteilen, so daß sich die Bestellung der Aufbauhypothek insgesamt als eine den Beigeladenen aufgedrängte Belastung darstellt. Die in § 16 Abs. 7 VermG vorgesehene Ausnahme greift hier schon deshalb nicht ein, weil mit der Hypothek keine Verpflichtung der Beigeladenen gesichert wurde. Unschädlich ist auch, daß der VEB Gebäudewirtschaft L. offenbar in Unkenntnis des Todes des noch im Grundbuch eingetragenen Dr. Richard T. den Kreditvertrag vom 23. Juli 1980 auch für diesen abschließen wollte. Denn insoweit hätte der VEB ebenfalls als staatlicher Verwalter im Sinne von § 16 Abs. 5 und § 18 Abs. 2 VermG gehandelt (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Juli 1998 – BVerwG 7 C 29.97).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO.

Unterschriften

Dr. Franßen, Dr. Paetow, Dr. Bardenhewer, Kley, Golze

Fundstellen

  • Haufe-Index 1210947
  • VIZ 1999, 214
  • ZAP-Ost 1998, 683
  • DÖV 1999, 743
  • NJ 1999, 101
  • OVS 1998, 352
  • OVS 1999, 139

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