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BVerwG Beschluss vom 30.12.1996 - 5 B 47.96

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Verfahrensgang

Niedersächsisches OVG (Urteil vom 22.11.1995; Aktenzeichen 4 L 7552/94)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 22. November 1995 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

 

Gründe

Die auf die Zulassung der Revision gerichtete Beschwerde der Beklagten ist nicht begründet. Die Rechtssache hat nicht die mit der Beschwerde geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

In ihrer Beschwerdebegründung bezeichnet die Beklagte als klärungsbedürftig und höchstrichterlich bisher nicht entschieden die Frage, „ob und nach welchen Maßstäben bei kostenloser PKW-Nutzung eine abweichende Bemessung der Regelsätze zulässig ist”. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Januar 1986 – BVerwG 5 C 72.84 – (BVerwGE 72, 354) sei noch unter der Geltung des Warenkorbmodells ergangen. Im übrigen bezieht sich die Beklagte zur Begründung auf ihren Schriftsatz vom 21. Oktober 1994, der allerdings keine andere Fragestellung erkennen läßt, und auf den Beschluß des Verwaltungsgerichts Hannover vom 15. November 1994, in dem die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 131 Abs. 3 Nr. 1 VwGO damit begründet worden ist, daß „die Frage, ob und nach welchen Maßstäben eine abweichende Bemessung des Regelsatzes seit der Einführung des sog. Statistik-Modells als Bemessungsschema für die Regelsätze nach § 22 Abs. 1 Satz 2 BSHG zulässig ist, höchstrichterlicher Klärung bedarf”.

Der vorliegende Streitfall bietet keinen Anlaß für eine über BVerwGE 72, 354 (360) hinausgehende Klärung in bezug auf eine von den Regelsätzen abweichende Bemessung laufender Leistungen zum Lebensunterhalt nach § 22 Abs. 1 Satz 2 BSHG. Die Vorinstanzen haben zwar die Frage erörtert, ob und inwieweit es mit Rücksicht auf die den Regelsätzen zugrundeliegende Generalisierung, Typisierung und Pauschalierung einerseits und die grundsätzliche Dispositionsfreiheit des Hilfeempfängers in der Verwendung seiner Regelsatzleistung andererseits überhaupt möglich sei, die Sozialhilfe geringer als nach den Regelsätzen zu bemessen; streitentscheidend war diese Frage aber nicht. Sowohl das Verwaltungsgericht als auch das Oberverwaltungsgericht haben die als möglich angenommene unentgeltliche Kraftfahrzeugnutzung zu Recht dem Verkehrsbedarf bzw. Beförderungs- oder Transportbedarf und damit der Bedarfsgruppe der persönlichen Bedürfnisse zugeordnet und dargelegt, daß dieser Bedarf eine regelsatzrelevante Bedarfsposition sowohl nach dem Warenkorbmodell als auch nach dem Statistikmodell, wenn auch mit unterschiedlichen Ansätzen und in unterschiedlicher Höhe, ist. Sie haben also nicht in Frage gestellt, daß unentgeltliche Nutzungen im Bereich der Bedarfsgruppe der persönlichen Bedürfnisse gegebenenfalls eine von den Regelsätzen nach unten abweichende Bemessung der laufenden Hilfe zum Lebensunterhalt rechtfertigen mögen. Streitentscheidend haben sie auf die Höhe der möglichen Einsparung von allenfalls 24,41 DM und damit unter 5 % des maßgeblichen Regelsatzes abgestellt. Sie haben den Streitfall damit auf der Grundlage der vom Bundesverwaltungsgericht – unabhängig von einem bestimmten Bedarfsbemessungsschema – bereits geklärten Rechtsfrage entschieden, wonach die Frage, „ob die Besonderheit im Einzelfall die abweichende Bemessung gebietet”, davon abhängt, „ob eine Gesamtbetrachtung – Kompensationsüberlegungen einschließend – zu dem Ergebnis nötigt, die die Besonderheit ausmachenden Umstände haben auf den Bedarf, wie er in seiner Vielgestaltigkeit der Bemessung der Regelsatzhilfe zugrunde liegt, einen nicht unwesentlichen Einfluß” (BVerwGE 72, 354 ≪360≫). Der Umstand allein, daß das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht im vorliegenden Streitfall einen Betrag von 24,41 DM als von unwesentlichem Einfluß auf den Bedarf angenommen hat, während das Hamburgische Oberverwaltungsgericht (Beschluß vom 20. Dezember 1994 ≪NVwZ-RR 1995, 400 = FEVS 46, 110≫) eine Kürzung der Regelsatzleistung bereits bei einem Betrag von 23 DM für gerechtfertigt hielt, wirft für sich als zwei Einzelfallbeurteilungen noch keine grundsätzlich klärungsbedürftige Frage auf. Daß diese Einzelfallbeurteilungen – die Aussage des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts (a.a.O.) zu § 22 Abs. 1 Satz 2 BSHG war nicht streitentscheidend – auf unterschiedlichen, grundsätzlich klärungsbedürftigen Beurteilungsmaßstäben beruhten, ist von der Beklagten in der Beschwerdebegründung nicht dargelegt worden.

Die Aussage des Berufungsgerichts (UA S. 11), „selbst bei einem Regelsatzanteil für Transportleistungen von 37,40 DM wäre (danach) eine Regelsatzkürzung nicht im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 2 BSHG geboten”, betrifft eine zusätzliche Begründung des Berufungsgerichts. Streitentscheidend ging das Berufungsgericht mit dem Verwaltungsgericht davon aus, daß der Anteil im Regelsatz für fremde Verkehrsleistungen auf der Grundlage des Statistikmodells allenfalls auf einen Betrag von 24,41 DM bemessen werden könne (UA S. 10).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit auf § 188 Satz 2 VwGO.

 

Unterschriften

Dr. Säcker, Dr. Pietzner, Schmidt

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1418688

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