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BVerfG Beschluss vom 30.07.2003 - 1 BvR 1587/99

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Verfahrensgang

BSG (Urteil vom 28.07.1999; Aktenzeichen B 9 VG 5/98 R)

SG Darmstadt (Urteil vom 10.06.1998; Aktenzeichen S 5 VG 2282/97)

 

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

 

Gründe

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Gewährung von Witwenversorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz in Fällen, in denen einer der beiden Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ohne Kinder Opfer einer Gewalttat geworden ist.

I.

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (Opferentschädigungsgesetz – OEG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. Januar 1985 (BGBl I S. 1) erhält derjenige, der im Geltungsbereich dieses Gesetzes in Folge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Dies gilt auch für die Hinterbliebenen eines Geschädigten (§ 1 Abs. 8 Satz 1 OEG). Dazu bestimmt § 38 des Gesetzes über die Versorgung der Opfer des Krieges (Bundesversorgungsgesetz; im Folgenden: BVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Januar 1982 (BGBl I S. 21), dass in Fällen, in denen ein Beschädigter an den Folgen einer Schädigung gestorben ist, die Witwe, die Waisen und die Verwandten der aufsteigenden Linie Anspruch auf Hinterbliebenenrente haben.

II.

Die Beschwerdeführerin ist 1928 geboren. Ihre Ehe wurde 1993 geschieden. Ihr 1933 geborener Lebensgefährte wurde am 14. Dezember 1994 in der gemeinschaftlichen Wohnung durch einen von ihrem früheren Ehemann gedungenen Mörder getötet. Ende 1995 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Witwenversorgung auf der Grundlage des Opferentschädigungsgesetzes und machte geltend: Sie und ihr Lebensgefährte hätten beabsichtigt, im Frühjahr 1995 zu heiraten. Sie müssten deshalb entschädigungsrechtlich wie Eheleute behandelt werden. Der Antrag wurde abgelehnt. Widerspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Mit ihrer gegen die abweisenden sozialgerichtlichen Entscheidungen gerichteten Verfassungsbeschwerde macht sie eine Verletzung des Art. 6 Abs. 1 GG geltend. Sie rügt zudem eine unzulässige Ungleichbehandlung im Verhältnis zu Ehegatten und zu den hinterbliebenen Verlobten gefallener Soldaten, die nach dem Zweiten Weltkrieg, gestützt auf die Härtefallregelung des § 89 BVG, oftmals Hinterbliebenenversorgung erhalten hätten.

III.

Die Verfassungsbeschwerde ist gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht zur Entscheidung anzunehmen. Sie hat keine Aussicht auf Erfolg. Die Auslegung der einschlägigen Normen des einfachen Rechts durch die Sozialgerichte ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Dies entspricht auch im Ergebnis dem Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 11. September 1992 (1 BvR 1208/91).

1. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen nicht Art. 6 Abs. 1 GG. Die nichteheliche Lebensgemeinschaft ist keine Ehe im Sinne des Grundgesetzes und ist ihr auch nicht von Verfassungs wegen gleichzustellen (vgl. BVerfGE 9, 20 ≪34 f.≫; 36, 146 ≪165≫). Solange in ihr – wie im Falle der Beschwerdeführerin und ihres Lebensgefährten – keine gemeinsamen Kinder leben, ist sie auch keine Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG. Hierzu zählt nur die Gemeinschaft von Eltern und Kindern, allerdings ohne Rücksicht darauf, ob die Eltern miteinander verheiratet sind (vgl. BVerfGE 80, 81 ≪90≫; BVerfG, FamRZ 2003, S. 151 ≪151≫).

2. Art. 3 Abs. 1 GG ist ebenfalls nicht verletzt.

a) Zwar benachteiligt die Auslegung der maßgeblichen entschädigungsrechtlichen Vorschriften durch die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen sozialgerichtlichen Entscheidungen nichteheliche Lebensgemeinschaften ohne Kinder gegenüber kinderlosen Ehepaaren. Diese Ungleichbehandlung ist jedoch vor Art. 3 Abs. 1 GG gerechtfertigt.

aa) Dabei kann offen bleiben, ob sich dies schon aus dem besonderen Schutzgebot zu Gunsten der Ehe in Art. 6 Abs. 1 GG ergibt. Jedenfalls ist es Sinn und Zweck der Hinterbliebenenrente im Opferentschädigungsrecht, den Lebensunterhalt des Berechtigten sicherzustellen, wenn der Staat seiner Pflicht, die Bürger vor Gewalttaten zu schützen, im Einzelfall nicht nachzukommen vermochte (vgl. Gesetzesentwurf der Bundesregierung zu einem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten vom 10. Mai 1974, BRDrucks 352/74, S. 1, 10 und 11). Diese Rente ersetzt den Unterhaltsanspruch des überlebenden Ehegatten, der durch den gewaltsamen Tod des Verpflichteten erlischt.

bb) Das im Opferentschädigungsgesetz verwirklichte gesetzliche Konzept der Hinterbliebenenrente als Ersatz für einen zum Wegfall kommenden bürgerlich-rechtlichen Unterhaltsanspruch ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Wenn der Gesetzgeber Unterhaltsansprüche zubilligt, ist es legitim, dass er sie ersetzt, wenn ein Berechtigter in Erfüllung dieser Ansprüche von dem Getöteten vor dessen Tod unterhalten wird, und der Unterhalt durch die Gewalttat entfällt. Der Gesetzgeber ist verfassungsrechtlich aber nicht verpflichtet, bei der Ausgestaltung des Rechts auf Hinterbliebenenrente im Opferentschädigungsrecht an eine faktische Unterhaltsgewährung innerhalb einer nichtehelichen Gemeinschaft ohne Kinder anzuknüpfen. Zwar ist die Zahl nichtehelicher Lebensgemeinschaften in den letzten Jahren stetig gewachsen und hat im Jahr 2001 die Zahl von 2,1 Mio. erreicht (vgl. BVerfG, FamRZ 2003, S. 285 ≪286, 288≫). Auch sind in vielen solcher Lebensgemeinschaften Erwerbs- und Haushaltsarbeit wie in einer Ehe verteilt. Im Unterschied zu einem Ehegatten kann aber ein nichtehelicher Partner auf einen Fortbestand der Unterhaltsgewährung nicht vertrauen, da ein entsprechender Rechtsanspruch – jedenfalls in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ohne Kinder – nicht besteht (vgl. BVerfG, FamRZ 2003, S. 356 ≪358≫).

b) Auch eine verfassungswidrige Benachteiligung der Beschwerdeführerin gegenüber den Verlobten gefallener Soldaten ist nicht gegeben. Von Einzelfällen abgesehen, stand ein solcher Härtefallanspruch hinterbliebenen Verlobten nur zu, wenn ein gemeinsames Kind vorhanden war (RdSchr. des Bundesministers für Arbeit vom 11. Juli 1966, abgedruckt im Bundesversorgungsblatt 8/1966, S. 82, Nr. 43). Selbst wenn der Vortrag der Beschwerdeführerin zutrifft, auch kinderlose Verlobte hätten auf der Grundlage des § 89 BVG Hinterbliebenenversorgung erhalten, ergibt sich daraus kein Anspruch auf Gleichbehandlung. Ein solcher Entschädigungsanspruch war durch die besondere Verantwortung des Staates dafür veranlasst, dass er Menschen für einen von ihm geführten Krieg in Dienst genommen hat und sie in diesem Krieg ihr Leben verloren.

3. Auf eine weitere Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG verzichtet.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Unterschriften

Papier, Steiner, Hohmann-Dennhardt

 

Fundstellen

Haufe-Index 1334019

NJW 2003, 3691

FamRZ 2003, 1729

NVwZ 2004, 339

JurBüro 2004, 219

DVBl. 2004, 36

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