Sie verwenden eine veraltete Browser-Version. Dies kann unter Umständen zu Einschränkungen in der Funktion sowie Darstellung führen. Daher empfehlen wir Ihnen, einen aktuellen Browser wie z.B. Microsoft Edge zu verwenden.
Personal
Steuern
Finance
Immobilien
Controlling
Themen
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Haufe.de
Shop
Service & Support
Newsletter
Kontakt & Feedback
Login

Personal Steuern Finance Immobilien Controlling Öffentlicher Dienst Recht Arbeitsschutz Sozialwesen
Immobilien
Controlling
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Themen

BVerfG Beschluss vom 18.07.2000 - 1 BvR 948/00

Sie haben bereits ein Haufe Produkt? Hier anmelden
 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zwingende Arbeitsbedingungen im Baugewerbe

 

Beteiligte

Professor Dr. Rupert Scholz

 

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

 

Tatbestand

I.

Die Beschwerdeführer, ein Baugewerbeverband und drei ihm angehörige Unternehmen des Baugewerbes, wenden sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen die Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen im Baugewerbe vom 25. August 1999 (BGBl I S. 1894; künftig: BauArbbV), welche auf dem seit 1. Januar 1999 geltenden § 1 Abs. 3 a des Gesetzes über zwingende Arbeitsbedingungen bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen (Arbeitnehmer-Entsendegesetz – AEntG) vom 26. Februar 1996 (BGBl I S. 227), zuletzt geändert durch das Gesetz zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte vom 19. Dezember 1998 (BGBl I S. 3843, 3850) beruht.

Durch § 1 BauArbbV werden die Rechtsnormen des Tarifvertrages zur Regelung eines Mindestlohns im Baugewerbe im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 26. Mai 1999 (künftig: Mindestlohn-Tarifvertrag), abgeschlossen zwischen dem Zentralverband des Deutschen Baugewerbes e.V. und dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V. einerseits sowie der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt andererseits, auch auf nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer erstreckt, wenn der Betrieb überwiegend Bauleistungen im Sinne des § 211 Abs. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch erbringt. Die Rechtsnormen des Tarifvertrages gelten damit auch für Arbeitgeber mit Sitz im Ausland und ihre im Geltungsbereich der Rechtsverordnung beschäftigten Arbeitnehmer (vgl. § 1 Abs. 3 a AEntG).

Die Beschwerdeführer gehören keiner der tarifvertragsschließenden Parteien an. Die Beschwerdeführerinnen zu 2) bis 4) sind aufgrund der durch die BauArbbV erfolgten Erstreckung des vorstehend benannten Mindestlohn-Tarifvertrages verpflichtet, ihren Arbeitnehmern ab 1. September 1999 wenigstens eine Vergütung von 16,28 DM brutto pro Stunde zu zahlen. Die Beschwerdeführer rügen in erster Linie eine Verletzung von Art. 9 Abs. 3 und Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG durch die BauArbbV in Verbindung mit § 1 Abs. 3 a AEntG.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Voraussetzungen des § 93 a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen.

1. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung im Sinne von § 93 a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG zu. Sie wirft keine Fragen auf, die sich nicht ohne weiteres aus dem Grundgesetz beantworten lassen oder die noch nicht durch die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung geklärt sind (vgl. BVerfGE 90, 22 ≪25≫). Soweit der Fall Fragen der Koalitionsfreiheit (Art. 9 Abs. 3 GG) aufwirft, lassen sich diese anhand der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts lösen (vgl. BVerfGE 31, 297 ≪302≫; 44, 322 ≪351 f.≫; 50, 290 ≪367≫; 55, 7 ≪21 ff.≫; 64, 208 ≪213 f.≫; 93, 352 ≪357 ff.≫). Gleiches gilt für die Frage der Erfüllung der Bestimmtheitserfordernisse des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. BVerfGE 1, 14 ≪59 f.≫; 58, 257 ≪276 ff.≫; 58, 283 ≪290 f.≫; 78, 249 ≪272≫).

2. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte der Beschwerdeführer angezeigt (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Sie hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Ein Verstoß gegen Grundrechte der Beschwerdeführer liegt nicht vor. Insbesondere verstößt die BauArbbV in Verbindung mit § 1 Abs. 3 a AEntG weder gegen die positive noch gegen die negative Koalitionsfreiheit der Beschwerdeführer. Diese werden durch die angegriffene Regelung weder zwangsweise Mitglied der tarifvertragsschließenden Verbände noch wird es ihnen damit unmöglich gemacht, sich anderweitig als Koalition im Sinne von Art. 9 Abs. 3 GG zusammenzuschließen. Soweit durch die Geltungserstreckung des Mindestlohn-Tarifvertrages aufgrund der BauArbbV ein mittelbarer Druck entstehen sollte, um der größeren Einflussmöglichkeit willen Mitglied einer der tarifvertragsschließenden Parteien zu werden, ist dieser nicht so erheblich, dass die negative Koalitionsfreiheit verletzt würde. Diesbezüglich gelten für die Geltungserstreckung durch Rechtsverordnung die gleichen Erwägungen, mit denen das Bundesverfassungsgericht die Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen nach § 5 TVG für mit Art. 9 Abs. 3 GG vereinbar angesehen hat (vgl. BVerfGE 44, 322 ≪349 ff.≫, 55, 7 ≪21 ff.≫). Allein die Wahl einer anderen Rechtsform für die Erstreckung eines Tarifvertrages auf Außenseiter ändert an Inhalt und Ergebnis der Erwägung zur Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen, auf die insoweit verwiesen wird, nichts.

Der Gesetzgeber war auch frei, sich für eine andere Rechtsform als die in § 5 TVG geregelte Allgemeinverbindlicherklärung zu entscheiden. Dies gilt umso mehr, als eine Rechtsverordnung nach § 1 Abs. 3 a AEntG nur erlassen werden kann, wenn zumindest eine der tarifvertragsschließenden Parteien durch einen entsprechenden Antrag ihr Interesse daran bekundet hat und auch den Außenseitern aufgrund ihres Rechts zur vorherigen schriftlichen Stellungnahme nicht jede Einflussmöglichkeit genommen ist. Ferner kommt die gegenseitige Kontrolle der tarifvertragsschließenden Parteien im Ergebnis auch den Außenseitern zu Gute. Die Erstreckung des Mindestlohn-Tarifvertrages auch auf sie ist zudem durch die staatliche Mitwirkung im Rahmen der Verordnungsgebung in hinreichendem Maße demokratisch legitimiert. Ob für die vorstehenden Erwägungen etwas anderes gelten könnte, wenn der Geltungsbereich eines Tarifvertrages auf Außenseiter erstreckt würde, der von im konkreten Bereich völlig unbedeutenden Koalitionen abgeschlossen wurde, bedarf keiner Erörterung, da eine solche Konstellation hier ersichtlich nicht vorliegt.

3. Die Verordnungsermächtigung des § 1 Abs. 3 a AEntG verstößt auch nicht gegen Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG, da sie hinreichend genau bestimmt ist. Die Verordnungsermächtigung bezieht sich nur auf bereits tarifvertraglich vereinbarte Arbeitsbedingungen in einer bestimmten Branche (Bauhauptgewerbe oder Baunebengewerbe), erfasst mit den Entgeltregelungen, Urlaubs- und Urlaubskassenregelungen nur bestimmte Arbeitsbedingungen und nur Arbeitgeber, die überwiegend Bauleistungen im Sinne des § 211 Abs. 1 SGB III erbringen. Sowohl der angesprochene Personenkreis als auch die regelbare Materie wird in den §§ 1, 7 AEntG abschließend aufgezählt. Es ist klar festgelegt, welche Arten von Tarifverträgen mit welchen Inhalten, welchen Regelungsgegenständen und welchem regelungsunterworfenen Personenkreis durch Rechtsverordnung auf Außenseiter erstreckt werden können, so dass für den Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes hinreichend klar vorhersehbar war, welchen Inhalt eine spätere Rechtsverordnung haben wird.

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Unterschriften

Kühling, Jaeger, Hömig

 

Fundstellen

Haufe-Index 565215

DB 2000, 1768

NJW 2000, 3704

NWB 2000, 2956

NZA 2000, 948

SAE 2000, 265

ZAP-Ost 2000, 458

AP, 0

AuA 2000, 437

GewArch 2000, 381

NJ 2000, 470

AuS 2000, 67

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe TVöD Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?

Jetzt kostenlos 4 Wochen testen

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene Beiträge
  • DRK-TV / 2.3.2 Mehrere Arbeitsverhältnisse zu demselben Arbeitgeber (§ 3 Abs. 2 DRK-TV)
    1
  • Kommentierung zum Tarifvertrag Versorgungsbetriebe (TV-V) / 22a.4.3 Zulage im Tarifgebiet Ost (Absatz 3 Satz 3)
    1
  • Kommunalverfassung Brandenburg [bis 08.06.2024] / §§ 86 - 90 Abschnitt 2 Sondervermögen, Treuhandvermögen
    1
  • Leistungsbewertung und Zielvereinbarung und das Gespräch ... / 4 Die Kunst hoher Mitarbeitendenorientierung und Sachorientierung in der Gesprächsführung
    1
  • Anlage 1a zum BAT VKA / Vergütungsgruppe III
    0
  • Arnold/Gräfl, TzBfG § 16 Folgen unwirksamer Befristung / 1 Allgemeines
    0
  • Arnold/Gräfl, TzBfG § 18 Information über unbefristete A ... / 2.1 Reichweite der Informationspflicht
    0
  • Besoldungsgesetz Rheinland-Pfalz / 1. Amtsbezeichnungen
    0
  • Fahrradleasing / 4.2 Auswahl des Leasinggebers
    0
  • Hock, Stehle, Wäldele (u.a.), BPersVG § 64 Durchführung ... / 3.16 Thüringen
    0
  • Hock, Stehle, Wäldele (u.a.), BPersVG §§ 72-75 Einigungs ... / 3.15.1 Errichtung Einigungsstelle
    0
  • Hock, Stehle, Wäldele (u.a.), BPersVG § 78 BPersVG (und ... / 2 Landesrecht
    0
  • Jansen, SGB IV § 25 Verjährung / 0 Rechtsentwicklung
    0
  • Jansen, SGB IV § 87 Umfang der Aufsicht / 2.8 Fachaufsicht nach Abs. 2
    0
  • Jansen, SGB IV § 94 Bundesamt für Soziale Sicherung / 2.1 Aufgaben des Bundesamtes für Soziale Sicherung
    0
  • Jansen, SGB VI § 168 Beitragstragung bei Beschäftigten / 2.14 Beschäftigte in knappschaftlichen Betrieben (Abs. 3)
    0
  • Jansen, SGB VI § 48 Waisenrente / 1 Allgemeines
    0
  • Kommentierung zum Tarifvertrag Versorgungsbetriebe (TV-V) / 1.4 Nichtgeltung des Tarifvertrags (Absatz 3)
    0
  • Kommunalverfassung Brandenburg [bis 08.06.2024] / §§ 1 - 4 Abschnitt 1 Grundlagen
    0
  • Kommunalverfassung Brandenburg [bis 08.06.2024] / §§ 11 - 26 Abschnitt 3 Einwohner und Bürger
    0
Weitere Inhalte finden Sie u.a. in folgendem Produkt Haufe TVöD Office Premium
Top-Themen
Downloads
Zum Haufe Shop

Produktempfehlung


Zum Thema Öffentlicher Dienst
Methoden und Use Cases: Toolbox Agiles Qualitaetsmanagement
Toolbox Agiles Qualitätsmanagement
Bild: Haufe Shop

Das klassische Qualitätsmanagement wird den Ansprüchen von heute agil agierenden Organisationen nicht mehr gerecht. Die Toolbox stellt die zentralen Elemente eines agilen Qualitätsmanagements anhand von Use Cases, Arbeitsvorlagen und Beispielen vor.


OVG Berlin 1 B 2.02
OVG Berlin 1 B 2.02

  Tenor Die Berufung der Kläger wird zurückgewiesen. Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger zu 1) zu 1/2, der Klägerin zu 2) zu 1/8 und der Klägerin zu 3) zu 3/8 auferlegt. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen ...

4 Wochen testen


Newsletter Arbeitsschutz
Newsletter Digitalisierung & Transformation im Öffentlichen Dienst

Aktuelle Informationen zum Thema Digitalisierung & Transformation im Öffentlichen Dienst frei Haus – abonnieren Sie unseren Newsletter:

  • Digitalisierung
  • Transformation
  • Weiterbildung
Pflichtfeld: Bitte geben Sie eine gültige E-Mail Adresse ein.
Bitte bestätigen Sie noch, dass Sie unsere AGB und Datenschutzbestimmungen akzeptieren.
Haufe Fachmagazine
Themensuche
A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z #
Zum Öffentlicher Dienst Archiv
Haufe Group
Haufe Öffentlicher Sektor Haufe People Operations Haufe Fachwissen Haufe Onlinetraining Haufe HR-Software Haufe Digitale Personalakte Haufe HR Chatbot Haufe Akademie rudolf.ai - Haufe meets AI
Weiterführende Links
RSS Newsletter FAQ Mediadaten Presse Editorial Code of Conduct Redaktionsrichtlinie zum KI-Einsatz Netiquette Sitemap Buchautor:in werden bei Haufe
Kontakt
Kontakt & Feedback AGB Cookie-Einstellungen Compliance Datenschutz Impressum
Shop Öffentlicher Dienst
Öffentlicher Dienst Produkte Komplettlösungen Finanzen & Controlling Produkte Haufe Shop Buchwelt

    Weitere Produkte zum Thema:

    × Profitieren Sie von personalisierten Inhalten, Angeboten und Services!

    Unser Ziel ist es, Ihnen eine auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittene Website anzubieten. Um Ihnen relevante und nützliche Inhalte, Angebote und Services präsentieren zu können, benötigen wir Ihre Einwilligung zur Nutzung Ihrer Daten. Wir nutzen den Service eines Drittanbieters, um Ihre Aktivitäten auf unserer Website zu analysieren.

    Mit Ihrer Einwilligung profitieren Sie von einem personalisierten Website-Erlebnis und Zugang zu spannenden Inhalten, die Sie informieren, inspirieren und bei Ihrer täglichen Arbeit unterstützen.

    Wir respektieren Ihre Privatsphäre und schützen Ihre Daten. Sie können sich jederzeit darüber informieren, welche Daten wir erheben und wie wir sie verwenden. Sie können Ihre Einwilligung jederzeit widerrufen. Passen Sie Ihre Präferenzen dafür in den Cookie-Einstellungen an.

    Mehr Informationen Nein, Danke Akzeptieren